Maßnahmen der laufenden Erhaltung

Zwar ist der Verwalter nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG berechtigt und verpflichtet, eigenständig alle Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die von untergeordneter Bedeutung sind und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen und insoweit berechtigt, auch kleinere laufende Erhaltungsmaßnahmen in Auftrag zu geben. Grundsätzlich wird ihm insoweit auch ein Zugriff auf die Erhaltungsrücklage gestattet sein. Allerdings wäre dies kontraproduktiv und würde die Bildung einer angemessenen Erhaltungsrücklage hindern, weshalb für die Maßnahmen der laufenden Erhaltung regelmäßig eine entsprechende Kostenkalkulation im Wirtschaftsplan erfolgt und entsprechende Vorschüsse erhoben werden. Im Übrigen dürfte es auch sinnvoller sein, über die Jahresabrechnung Nachschüsse bezüglich verausgabter Kosten für kleinere Erhaltungsmaßnahmen einzufordern, so die nach Wirtschaftsplan kalkulierten Kosten überschritten werden.[1] Im Übrigen bedarf es mit Blick auf Entnahmen aus der Erhaltungsrücklage entsprechender Beschlüsse der Wohnungseigentümer.[2] Ohne Ermächtigungsbeschluss ist der Verwalter nicht berechtigt, eigenmächtig auf die Rücklage zuzugreifen, auch nicht zur Vermeidung von Liquiditätsengpässen.[3]

Nur Finanzierung von Erhaltungsmaßnahmen

Grundsätzlich sind die Gelder der Erhaltungsrücklage zweckgebunden und stehen allein zur Finanzierung von Maßnahmen der Erhaltung, also der Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums zur Verfügung. Die Zweckbindung der Erhaltungsrücklage hat zur Folge, dass die auf die Erhaltungsrücklage entfallenden Teilbeträge der Hausgeldvorschüsse der Wohnungseigentümer bereits mit der Gutschrift auf dem gemeinschaftlichen Girokonto Rücklagenbeiträge darstellen und diese Festlegung nicht erst durch die Jahresabrechnung erfolgt.[4]

Aus der Zweckbindung folgt weiter, dass Kosten zur Ermittlung des Erhaltungsumfangs in Form von Sachverständigengebühren aus der Erhaltungsrücklage finanziert werden können,[5] nicht aber eine Sondervergütung des Verwalters oder Rechtsanwaltsgebühren.[6] Auch zur Behebung anfänglicher Baumängel kann die Rücklage verwendet werden, wenn deren Beseitigung durch den Bauträger nicht zu erwarten ist.[7] Zur Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften erforderliche Maßnahmen stellen solche der ordnungsmäßigen Verwaltung dar. Da sie regelmäßig mit substanziellen Eingriffen in die Gebäude- bzw. Anlagensubstanz verbunden sind, werden sie als solche der Erhaltung nach § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG eingeordnet[8] und können daher ebenfalls aus der Rücklage finanziert werden.

[1] BeckOGK/Skauradszun, 1.6.2022, WEG § 19 Rn. 88.
[2] LG München I, Urteil v. 14.7.2016, 36 S 3310/16, ZMR 2016 S. 986.
[3] LG München I, a. a. O.
[4] BGH, Urteil v. 4.12.2009, V ZR 44/09, NJW 2010 S. 2127; LG Köln, Urteil v. 18.6.2020, 29 S 212/19, ZMR 2020 S. 787; Drasdo, ZWE 2011 S. 388; a. A. Becker, MietRB 2019 S. 369.
[5] BGH, Urteil v. 11.6.2015, V ZB 78/1, NZM 2015 S. 864.
[7] BayObLG, Beschluss v. 19.8.1977, BReg. 2 Z 52/76, NJW 1978 S. 1387.
[8] OLG Hamm, Beschluss v. 18.11.2008, I-15 Wx 139/08, WuM 2009 S. 252; LG Berlin, Urteil v. 16.6.2017, 55 S 76/15 WEG, GE 2017 S. 1483.

2.3.1 Maßnahmen der modernisierenden Erhaltung

Seit Inkrafttreten des WEMoG ist umstritten, ob unter den Begriff der baulichen Veränderung i. S. v. § 20 Abs. 1 WEG auch Maßnahmen der modernisierenden Erhaltung zu subsumieren sind.[1] Konsequenzen hat die Differenzierung zunächst mit Blick auf eine Kostenbelastung sämtlicher Wohnungseigentümer nicht. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG ordnet nämlich eine Kostentragungsverpflichtung aller Wohnungseigentümer für Maßnahmen der baulichen Veränderung an, die sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren. Auch nach der vor Inkrafttreten des WEMoG geltenden Rechtslage mussten sich die Kosten einer modernisierenden Instandsetzung innerhalb eines solchen Zeitraums amortisieren. Als maßgeblich wurde ein Zeitraum von ca. 10 Jahren angenommen.[2] Zwar kein unverrückbares Dogma, aber doch als wichtiger Anhaltspunkt gilt dieser Zeitraum auch hinsichtlich der Regelung in § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG.[3]

 

Wenn bauliche Veränderung, dann Finanzierung aus Erhaltungsrücklage?

Praktische Auswirkungen hat der Meinungsstreit im Ergebnis allerdings auf die Finanzierung derartiger Maßnahmen. Geht man mit der wohl h. M. davon aus, dass Maßnahmen der modernisierenden Erhaltung unter § 20 Abs. 1 WEG zu subsumieren sind, könnte dies zur Annahme verleiten, eine Finanzierung aus der Erhaltungsrücklage käme nicht in Betracht. Hier wird die Rechtsprechung grundsätzlich für Klärung sorgen müssen.

Allerdings ist stets zu berücksichtigen, dass Erhaltungsmaßnahmen entsprechend den heutigen energetischen Anforderungen durchzuführen sind und im Übrigen dem anerkannten Stand der Technik sowie den Regeln der Baukunst und insbesondere öffentlich-rechtlichen Vorgaben entsprechen müssen.[4] Ist z. B. das Dach der Wohnanlage erhaltungsbedürftig, sind die gelt...

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