Entscheidungsstichwort (Thema)

Schaden bei Herstellerhaftung gemäß § 826 BGB für das Inverkehrbringen von Diesel-Kraftfahrzeugen mit unzulässiger Abschaltsoftware

 

Tenor

Unter Zurückweisung der Berufung des Klägers wird auf die Berufung der Beklagten das am 27. Juni 2019 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Kiel - 6 O 525/18 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten beider Rechtszüge hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Jedoch kann der Kläger die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen Kaufs eines Kraftfahrzeuges, das vom sogenannten "Abgasskandal" betroffen ist.

Der Kläger ist Privatmann und erwarb als solcher am 25. Oktober 2012 von der A. GmbH das streitgegenständliche Fahrzeug, einen Audi Q 5 2.0 (Fahrzeugident-Nr. ...) als "Vorführwagen" zu einem Kaufpreis von 33.990,-- EUR und mit einer damaligen Kilometerlaufleistung von 2.064 Kilometer (Rechnung im Anlagenkonvolut K 1). Das streitgegenständliche Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor der Baureihe EA 189 ausgestattet, welcher von der Beklagten hergestellt worden ist. In dem Fahrzeug war eine Motorsteuerungssoftware installiert, die erkennt, wenn das Fahrzeug auf dem Prüfstand den neuen europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchführt und damit mit einem besonderen Modus aktiviert (so genannte Umschaltlogik). In diesem Modus wird die Rückführung von Abgasen im Vergleich zu dem normalen Betriebsmodus verändert, wodurch die nach der Euro 5 Norm vorgegebene NOx-Werte während des Durchfahrens des NEFZ eingehalten werden. Im normalen Fahrbetrieb wird dieser Modus deaktiviert, wodurch es zu einem höheren Schadstoffausstoß kommt. Durch das Gebrauchmachen der Motorsteuerungssoftware erlangte die Beklagte die EG-Typengenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug.

Der Dieselmotor wurde serienmäßig in diverse Fahrzeugmodelle der Beklagten sowie derer Konzernunternehmen verbaut. Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) verpflichtete die Beklagte mit Bescheid vom 15.10.2015 bei allen betroffenen Fahrzeugen mit dem ausgestatteten Motor des Typs EA 189 die aus Sicht des Bundesamtes unzulässige Abschaltvorrichtung zu entfernen. Die Beklagte entwickelte ein Update für die Motorsteuerungssoftware, wonach das Fahrzeug nur noch über einen einheitlichen Betriebsmodus verfügt. Das KBA ordnete das Aufspielen des Updates obligatorisch an.

Die Klägerseite nutzte das Fahrzeug nach dem Kauf zunächst selbst. Bei einem Stand von 56.440 Kilometern Laufleistung übergab der Kläger im Oktober 2016 das Fahrzeug an das Audi Zentrum Kiel. Der bereits im Rahmen der Bestellung eines Neufahrzeugs vom 18. April 2016 für die Inzahlungnahme vereinbarte Kaufpreis betrug 19.300,-- EUR (Bestellung im Anlagenkonvolut K 1).

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 14.690,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 4 % p.a. für den Zeitraum vom 02.12.2012 bis zum 18.04.2016 aus 33.990,00 Euro sowie Zinsen in Höhe von 4 % p.a. für den Zeitraum vom 18.04.2016 bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit aus 14.690,00 Euro sowie Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus 14.690,00 Euro seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. hilfsweise, für den Fall, dass das Gericht den Antrag zu 1.) auf Rückzahlung

des Kaufpreises abweist, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm sämtlichen Schäden zu ersetzen, die dadurch entstanden sind, dass die Beklagte den PKW Audi Q5 2.0 mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ... in den Verkehr gebracht hat, obwohl dieser mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet war und daher keinem genehmigten Fahrzeugtyp entspricht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht, auf dessen Urteil gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO verwiesen wird, hat der Klage überwiegend stattgegeben. Der Kläger habe einen Anspruch auf Rückzahlung des für den Pkw gezahlten Kaufpreises abzüglich des Weiterverkaufserlöses, schulde jedoch der Beklagten für die gefahrenen Kilometer eine angemessene Nutzungsentschädigung, welche das Landgericht auf der Annahme einer durchschnittlichen Fahrleistung von 250.000 Kilometer mit 7.455,-- EUR berechnet hat. Über diesen aus § 826 BGB folgenden Anspruch und Rechtshängigkeitszinsen gemäß § 291 BGB hinaus hat das Landgericht begehrte Zinsen aus § 849 BGB abgelehnt.

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien rechtzeitig Berufung eingelegt und begründet.

Der Kläger wendet sich gegen die vom Landgericht angenommene Verpflichtung, der Beklagten eine Nutzungsentschädigung zu zahlen und begehrt überdies eine Verzinsung gemäß § 849 BGB. Auch sei entgegen der Auffassung des Landgerichts bereits mit Klagerhebung Annahmeverzug eingetreten.

Der Kläger begehrt daher die Abänderung des landgerichtlichen Urteils dah...

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