Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausgleich von West- und Ostanrechten

 

Leitsatz (amtlich)

Die in der allgemeinen Rentenversicherung erworbenen Anrechte sind unabhängig davon, ob es sich um West- oder Ostanrechte handelt, als Anrechte gleicher Art i.S.v. § 18 Abs. 1 VersAusglG zu behandeln.

 

Normenkette

VersAusglG § 18 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Kiel (Beschluss vom 10.11.2010; Aktenzeichen 51 F 70/10)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Kiel vom 10.11.2010 hinsichtlich des Ausspruchs zum Versorgungsausgleich teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Im Wege der internen Teilung werden zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, Vers.-Nr ... zugunsten des Antragsgegners Anrechte i.H.v. 1,6901 Entgeltpunkten (West) und i.H.v. 0,6296 Entgeltpunkten (Ost) auf das vorhandene Konto Nr ... bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den 30.4.1995, übertragen.

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, Vers.-Nr ... zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht i.H.v. 3,0704 Entgeltpunkten (West) auf das vorhandene Konto Nr ... bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den 30.4.1995, übertragen.

Hinsichtlich der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens verbleibt es bei der Kostenentscheidung des angefochtenen Beschlusses.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten der geschiedenen Eheleute und der weiteren Beteiligten werden nicht erstattet.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.500 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die am 2.6.1990 geschlossene Ehe der Antragstellerin und des Antragsgegners ist durch Verbundurteil des AG - Familiengericht - Kiel vom 5.7.1995 rechtskräftig geschieden worden. Der Scheidungsantrag ist am 18.5.1995 zugestellt worden. Mit Beschluss vom 5.7.1995 hat das Familiengericht die Folgesache Versorgungsausgleich abgetrennt und mit weiterem Beschluss vom 3.1.1996 das Verfahren über den Versorgungsausgleich gem. § 2 Abs. 1 VAÜG ausgesetzt.

Während der gesetzlichen Ehezeit vom 1.6.1990 bis zum 30.4.1995 hat die Antragstellerin Rentenanwartschaften bei der Deutschen Rentenversicherung Bund zur Vers.-Nr ... i.H.v. 3,3802 Entgeltpunkten (West) und i.H.v. 1,2591 Entgeltpunkten (Ost) erlangt. Der Antragsgegner hat während der Ehezeit bei der Deutschen Rentenversicherung Bund zur Vers.-Nr ... Rentenanwartschaften i.H.v. 6,1408 Entgeltpunkten (West) erlangt.

Mit Beschluss vom 10.11.2010 hat das AG - Familiengericht - Kiel den Versorgungsausgleich zwischen den geschiedenen Eheleuten durchgeführt. Dabei hat es angeordnet, dass der Ausgleich des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund i.H.v. 1,2591 Entgeltpunkten (Ost) unterbleibt. Im Übrigen hat es die Anrechte der Beteiligten intern geteilt. Auf die Gründe des erstinstanzlichen Beschlusses wird verwiesen.

Gegen den am 19.11.2010 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 20.12.2010 (Montag) beim Familiengericht Kiel Beschwerde eingelegt. Mit der Beschwerde greift er die unterbliebene Berücksichtigung der Ost-Anwartschaften an. Bei den Ost- und West-Anwartschaften der Antragstellerin handele es sich um Anwartschaften bei demselben Rentenversicherungsträger, nämlich der Rentenversicherung Bund, so dass die Grundsätze der Bagatellprüfung nicht herangezogen werden könnten, nur weil bezogen auf die Entgeltpunkte mit unterschiedlichen Kapitalwerten gerechnet werde. Ost- und West-Anwartschaften seien demselben System zuzuordnen, sie würden sich nur hinsichtlich des Kapitalwertes unterscheiden.

Die Antragstellerin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Bei den Entgeltpunkten West und Ost handele es sich nicht um Anrechte gleicher Art. Denn die Regelung in § 120f Abs. 2 Nr. 1 SGB VI bestimme, dass die im Beitrittsgebiet und die im Übrigen Bundesgebiet erworbenen Anrechte keine Anrechte gleicher Art i.S.d. § 10 Abs. 2 VersAusglG darstellten, solange noch keine einheitlichen Einkommensverhältnisse im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland hergestellt seien. Bei der Ermessensprüfung nach § 18 Abs. 2 VersAusglG sei auf den versorgungsrechtlichen Einzelfall abzustellen. Während der Ehe sei sie dem Antragsgegner nach Kiel gefolgt, wo sie seit 1991 nur noch in Teilzeit gearbeitet habe. Ihre dadurch verringerten Anrechte stellten einen ehebedingten Nachteil dar, der durch die Ausnahme der Entgeltpunkte Ost vom Versorgungsausgleich zumindest teilweise wieder ausgeglichen werden könne. Auch sei sie auf jede noch so kleine Anwartschaft angewiesen. Im April 2009 sei sie an Krebs erkrankt, erst nach einem Jahr habe sie wieder anfangen können, zunächst in Teilzeit zu arbeiten. Sie sei zu 50 % schwerbehindert, und es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sie nicht mehr in Vollzeit arbeiten könne bzw. ihre Erwerbstätigkeit vorzeitig aufgeben müsse.

II. Auf das Verfahren sind ge...

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