Leitsatz (amtlich)

1. Der Anspruchsübergang des § 194 Abs. 2 VVG erfasst auch solche Erstattungsleistungen, die der Versicherer ohne korrespondierende Rechtspflicht erbringt, solange der Versicherer mit der Liquidation unberechtigter Entgelte den Heilungserfolg des Versicherungsnehmers herbeiführen will.

2. Für die Zubereitung zytostatikahaltiger Lösungen steht dem Apotheker nur der § 5 Abs. 6 AMPreisV a.F. geregelte Festzuschlag, nicht zugleich die § 5 Abs. 1 AMPreisV a.F. normierten Zuschläge zu.

 

Normenkette

VVG § 194 Abs. 2; AMPreisV a.F. § 5 Abs. 1, 6

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 26.01.2011; Aktenzeichen 9 O 146/10)

 

Tenor

1. Unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels wird auf die Berufung des Beklagten das Urteil der 9. Zivilkammer des LG Saarbrücken vom 26.1.2011 - 9 O 146/10 - mit der Maßgabe abgeändert, dass die Klage in der Hauptforderung in Höhe eines weiteren Betrages von 979,88 EUR abgewiesen wird und sich der Zinsanspruch aus 34.641,13 EUR um 79,88 EUR auf 34.561,25 EUR reduziert. Auch insoweit unterliegt die Klage der Abweisung.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 85.508,27 EUR (davon entfallen 7.575,09 EUR auf die Hilfsaufrechnung) festgesetzt.

 

Gründe

I. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die klagende private Krankenversicherungsgesellschaft den beklagten Apotheker aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmer auf Rückzahlung von Leistungen in Anspruch, die der Beklagte den Versicherungsnehmern für Zytostatikazubereitungen in Rechnung stellte.

Im Zeitraum Juli 2009 bis Juli 2010 verkaufte der Beklagte an die vier Versicherungsnehmer A. A., J. K., G. Z. und M. K. Zytostatikazubereitungen. Er erhob hierfür Festzuschläge i.H.v. 90 v..H. der Apothekeneinkaufspreise und Rezepturzuschläge zwischen 2,50 und 7 EUR. Die Versicherungsnehmer traten Rückzahlungsansprüche gegen den Beklagten aus der Begleichung dieser Rechnungen an die Klägerin ab, woraufhin die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 19.3.2010 unter Fristsetzung zum 15.4.2010 zunächst zur Zahlung eines Betrages von 37.749,98 EUR aufforderte.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe den genannten Versicherungsnehmern für die Zytostatikazubereitungen überhöhte Kosten in Rechnung gestellt und gegen zwingende Vorschriften der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV), insb. gegen § 5 Abs. 6 AMPreisV verstoßen. Hinsichtlich der Versicherungsnehmerin A. A. ergebe sich ein Betrag von 57.945,60 EUR. Bei der Versicherungsnehmerin J. K. seien 18.096,59 EUR zu viel abgerechnet worden. Bei der Versicherungsnehmerin G. Z. betrage die Überzahlung 6.130,53 EUR. Aufgrund der bei dieser Versicherungsnehmerin bestehenden Beihilfeberechtigung hat die Klägerin lediglich 30 v..H. der insoweit erstatteten Rechnungsbeträge, d.h. nur einen Betrag von 1.839,16 EUR geltend gemacht. Schließlich habe der Beklagte gegenüber dem Versicherungsnehmer M. K. 3.160,59 EUR zu viel abgerechnet. Wegen der weiteren Einzelheiten der Berechnung wird auf den Inhalt der Klageschrift (GA I Bl. 3 ff.) und die Schriftsätze der Klägervertreter vom 9. und 29.11.2010 (GA I Bl. 85 ff.; 130 ff.) Bezug genommen. Die Klägerin hat behauptet, dass die vollständige Begleichung der Rechnungen durch die Versicherungsnehmer in Unkenntnis der rechtswidrigen Abrechnungsweise erfolgt sei. Mit Ausgleich der tariflichen Erstattungsansprüche seien sämtliche sich aus der Zahlung der Rechnungen ergebenden Ansprüche auf die Klägerin übergegangen.

Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 81.041,94 EUR nebst Zinsen i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 34.743,17 EUR seit dem 16.4.2010, aus weiteren 19.079,94 EUR seit dem 19.8.2010 und aus weiteren 23.312,11 EUR seit dem 6.12.2009 zu zahlen.

Dem ist der Beklagte entgegengetreten.

Der Beklagte hat die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten. Er ist überdies der Auffassung, dass die Abtretungen wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz (AMG) unwirksam seien. Die Vorschrift des § 5 Abs. 6 AMPreisV greife nicht ein, weil die Ermächtigungsgrundlage des § 78 Abs. 1 AMG weder den § 5 Abs. 5 S. 2 AMPreisV noch den darauf Bezug nehmenden § 5 Abs. 6 Fall 2 AMPreisV abdecke, so dass beide Bestimmungen unwirksam seien. Sofern § 5 Abs. 6 AMPreisV nicht ungültig sei, bleibe unklar, welchen Inhalt die Vorschrift habe. Hätte durch die Verordnung geregelt werden sollen, dass bei bestimmten Zubereitungen nicht mehr - wie nach § 5 Abs. 1 AMPreisV vorgesehen - zwei Apothekenzus...

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