6.1.1 Allgemeines

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wird nach § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG gerichtlich und außergerichtlich als Organ durch einen wirksam bestellten Verwalter vertreten. Einer zusätzlichen besonderen Ermächtigung durch die Wohnungseigentümer bedarf es nicht.

Grundstückskauf- oder Darlehensverträge

Anders ist es bei Grundstückskauf- oder Darlehensverträgen. Bei diesen kann der Verwalter die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ausnahmsweise nur aufgrund eines Beschlusses der Wohnungseigentümer vertreten.

 

Ermächtigung

Notwendig ist neben dem Beschluss der Wohnungseigentümer, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einen Grundstückskauf- oder Darlehensvertrag schließen soll, eine ausdrückliche Ermächtigung. Die Vertretungsberechtigung des Verwalters aufgrund eines Ermächtigungsbeschlusses muss dem Grundbuchamt in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden. Dieser Nachweis ist entsprechend § 26 Abs. 4 WEG zu erbringen.

§ 9b Abs. 1 Satz 1 WEG regelt allerdings nur das "Können". Ob die Verwaltung die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vertreten darf (das "Dürfen"), bestimmen die Wohnungseigentümer oder folgt aus § 27 WEG. Eine Verwaltung ist immer gut beraten, sich diesen Unterschied klarzumachen und im Zweifel die Wohnungseigentümer vor einem Vertragsschluss oder einer Erklärung namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in die Entscheidung einzubeziehen. Eine Abstimmung mit den Verwaltungsbeiräten reicht nicht, wenn die Wohnungseigentümer dies nicht anders beschlossen haben.

6.1.2 Grundstückskaufvertrag

§ 9b Abs. 1 WEG meint den Grundstückskaufvertrag. Darunter sind alle Verträge zu verstehen, die einem Erwerb oder der Veräußerung von Grundstückseigentum gleichkommen, wie Erwerb oder Veräußerung von Wohn- und Teileigentum oder eines Erbbaurechts. Die Einschränkung gilt auch nur für den Vertragsabschluss, nicht für Erklärungen im Rahmen der Vertragsabwicklung; auch sonstige dingliche Rechtsgeschäfte sind von der Beschränkung nicht betroffen.[1]

[1] BT-Drs. 19/22634, S. 43.

6.1.3 Darlehensvertrag

Der Begriff "Darlehensvertrag" ist nach zurzeit h. M. "formal" zu verstehen.[1] Ein Darlehen nach § 504 Abs. 1 BGB ist daher auch das Recht, das laufende Konto der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in bestimmter Höhe zu überziehen. Die Einschränkung gilt nur für den Abschluss des Vertrags, nicht aber für Erklärungen im Rahmen der Vertragsabwicklung.

[1] PWW/Elzer/Riecke, § 9b Rn. 5.

6.1.4 Insichgeschäft

Der Verwalter kann nach § 181 BGB im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ein Rechtsgeschäft grundsätzlich nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht. Die Wohnungseigentümer können etwas anderes bestimmen, auch durch Beschluss. Der in § 181 BGB enthaltene Rechtsgrundsatz gilt auch für die gerichtliche Vertretung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Ist der Verwalter beispielsweise einer der Wohnungseigentümer und erhebt er eine Anfechtungsklage, ist er von der Vertretung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Prozess ausgeschlossen.

6.1.5 Rechtsmissbrauch

Eine Vertretung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durch den Verwalter ist unwirksam, wenn der Verwalter gegenüber Dritten seine Vertretungsmacht missbraucht.

 

Nachteiliger Vertrag

Schließt der Verwalter im Einvernehmen mit einem Vertragspartner der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einen Vertrag zu deren Nachteil, verstößt dieser Vertrag gegen die guten Sitten und ist nichtig.

Ob dies auch gilt, wenn die Verwaltung gegenüber den Wohnungseigentümern handelt, ist noch ungeklärt. Nach bislang h. M. kommt es nicht darauf an, ob der Verwalter handeln darf, ob also ein Beschluss vorliegt oder § 27 WEG dem Verwalter eine Geschäftsführung erlaubt.[1] Fehlt es an der wirksamen Willensbildung, soll dies allerdings Regressansprüche begründen können.[2]

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