Da § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG den Verwalter ermächtigt, eigenständig Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, kann es sich dabei nur um erforderliche Maßnahmen handeln. Unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt wäre er ohne entsprechenden Ermächtigungsbeschluss berechtigt, eigenständig Maßnahmen zu treffen, die vielleicht durchaus sinnvoll, aber nicht erforderlich sind.

 
Praxis-Beispiel

Einfriedung des Grundstücks

Um potenziellen Risiken einer Haftung der Gemeinschaft wegen Verletzung der ihr obliegenden Verkehrssicherungspflichten vorzubeugen, gibt der Verwalter die Einfriedung des gemeinschaftlichen Grundstücks in Auftrag, sodass der Gefahr, dass Unbefugte dieses als Schleichweg bzw. Trampelpfad zur Abkürzung begehen können, vorgebeugt wird.

Ungeachtet dessen, dass in derartigen Fällen ohnehin nur eingeschränkte Verkehrssicherungspflichten bestehen (siehe vertiefend Verkehrssicherungspflichten (ZertVerwV), Kap. 3.14), stellt die Einfriedung eine bauliche Veränderung dar, die nicht im Sinn der Wohnungseigentümer liegen muss, auch wenn sie angesichts der Größe und dem Finanzvolumen der Gemeinschaft nicht zu einer erheblichen Verpflichtung führen würde. Eigenständig kann der Verwalter niemals Maßnahmen der baulichen Veränderung treffen, da diese gem. § 20 Abs. 1 WEG zwingend einer Beschlussfassung der Wohnungseigentümer bedürfen.

Die Fragen, was im Einzelnen (noch) von untergeordneter Bedeutung ist und wann eine unerhebliche Verpflichtung vorliegt, lassen sich nicht isoliert voneinander beantworten. Überdies hängt es von der Größe der zu verwaltenden Gemeinschaft ab.

 
Praxis-Beispiel

Fensteraustausch

Das Treppenhausfenster eines Altbaus ist aufwändig als mosaikartiges Farbstrukturelement gestaltet. Infolge Überalterung muss es erneuert werden. Der Verwalter erwägt einen kostengünstigen Austausch gegen ein einheitliches Milchglaselement.

Auch wenn der Austausch gegen ein einheitliches Glaselement ggf. angesichts des Finanzvolumens der Gemeinschaft nur mit einer unerheblichen Verpflichtung verbunden wäre, kann der Verwalter eine solche Maßnahme nicht auf Grundlage von § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG in die Wege leiten. Gerade die ursprüngliche Ausführung der Fenstergestaltung steht insoweit einer Beurteilung als Maßnahme untergeordneter Bedeutung entgegen, da die individuelle Gestaltung des Fensters mit Blick auf die übrige Gestaltung des Gebäudes von größter Bedeutung für die Wohnungseigentümer sein kann und diese bestrebt sein können, ggf. sogar sehr viel Geld in die Hand zu nehmen, um die ursprüngliche Gestaltungsform wiederherzustellen.

 

Beide Voraussetzungen müssen erfüllt sein

Im Übrigen müssen die Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG kumulativ vorliegen. Die Maßnahme muss also von untergeordneter Bedeutung sein und darf nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen. Ist auch nur eine der beiden Voraussetzungen nicht erfüllt, darf der Verwalter nicht mehr eigenständig handeln, er hat dann eine Beschlussfassung herbeizuführen.

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