5.1 Wohnungsmiete

Nach § 940a ZPO darf die Räumung von Wohnraum durch einstweilige Verfügung gegen den Mieter in folgenden Fällen angeordnet werden:

  • wenn der Mieter den Besitz durch verbotene Eigenmacht erlangt hat;
  • wenn bei Fortdauer des Mietbesitzes eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Vermieters besteht;
  • bei Verstoß des Mieters gegen eine Sicherungsanordnung.[1]

Die Sicherungsanordnung setzt voraus,

  1. dass der Vermieter eine Räumungsklage wegen Zahlungsverzugs erhoben hat,
  2. dass in diesem Verfahren zugleich die künftig fällig werdende Nutzungsentschädigung eingeklagt wird,
  3. dass das Gericht eine Sicherungsanordnung nach § 283a ZPO erlassen hat, nachdem der Mieter die künftig fällig werdende Nutzungsentschädigung zu hinterlegen hat, und
  4. dass der Mieter dieser Anordnung nicht Folge leistet.

Zum Zahlungsverzug in diesem Sinne zählen zweifelsfrei diejenigen Fälle, in denen der Vermieter nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB zur Kündigung berechtigt ist. Zweifelhaft kann sein, ob hierunter auch die unpünktliche Mietzahlung[2] und die Kündigung wegen Nichtzahlung der Kaution[3] gehören.

Nach allgemeinen Grundsätzen[4] setzt die einstweilige Verfügung einen Verfügungsanspruch voraus. Deshalb ist § 940a Abs. 3 ZPO unanwendbar, wenn die Räumungsklage keine Erfolgsaussicht hat, etwa weil die Kündigungserklärung formell unwirksam ist. Andererseits setzt der Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht voraus, dass der Räumungsanspruch zweifelsfrei besteht; in einem solchen Fall kann hinsichtlich der Räumungsklage eine Endentscheidung ergehen.

 
Hinweis

Hohe Erfolgsaussicht ausreichend

Es dürfte sachgerecht sein, wenn an die Erfolgsaussicht der Räumungsklage dieselben Anforderungen wie an den Erlass der Sicherungsanordnung gestellt werden. Erforderlich ist demnach, dass die Räumungsklage "hohe Aussicht auf Erfolg hat".

5.1.1 Einstweilige Verfügung gegen einen Dritten

Es gilt der Grundsatz, dass der Vermieter einen Räumungstitel gegen jeden Besitzer der Wohnung benötigt.[1]

Hat der Vermieter einen Titel gegen den Mieter und ergibt sich bei der Vollstreckung, dass sich die Mietsache im Besitz eines Dritten befindet, so benötigt der Vermieter einen Räumungstitel gegen den Dritten. In diesem Fall kann der Vermieter beantragen, dass der Dritte durch einstweilige Verfügung zur Räumung verpflichtet wird.

 
Wichtig

Kenntnis des Vermieters vom Mitbesitz

Voraussetzung ist, dass der Dritte den Besitz ohne Kenntnis des Vermieters erlangt hat.[2] Dies muss der Vermieter glaubhaft machen.

Fraglich kann sein, ob es für die Kenntnis des Vermieters genügt, wenn er weiß, dass sich in der Wohnung weitere Personen aufhalten, oder ob er darüber hinaus deren Rechtsstellung als Besitzer kennen muss. Die gesetzliche Regelung ist in diesem Punkt unklar. Ebenso ist unklar, ob der Vermieter den Besitzer namentlich kennen muss. Dafür könnte sprechen, dass der Vermieter nur solche Personen auf Herausgabe in Anspruch nehmen kann, die er namentlich kennt. Schließlich ist an jene Fälle zu denken, in denen sich eine Person als Nachfolgebesitzer geriert (z. B. als Untermieter), der gegenüber dem Vermieter seine Identität verschweigt.

5.1.2 Weiteres Verfahren

Der Mieter bzw. der Dritte kann gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch einlegen. In diesem Fall muss mündlich verhandelt werden.

Das Gericht kann die Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Verfügung gegen Sicherheitsleistung einstellen.

5.2 Gewerbemiete

5.2.1 Grundsatz § 940 ZPO: Keine Räumung durch einstweilige Verfügung

Bei der Gewerbemiete ist eine Anwendung des § 940 ZPO in Erwägung zu ziehen. Danach sind einstweilige Verfügungen "auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint".

Hier gilt der Grundsatz, dass durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung kein endgültiger Zustand geschaffen werden darf. Deshalb scheidet eine Räumungsverfügung regelmäßig aus.

5.2.2 Ausnahme: Wirtschaftliche Notlage

Ausnahmsweise genügt es, wenn der Eigentümer infolge einer besonderen wirtschaftlichen Notlage auf die sofortige Herausgabe der Räume angewiesen ist. Insoweit gelten strenge Anforderungen. Eine Räumungsverfügung kommt nur in Betracht, wenn dem Vermieter die Erwirkung eines Titels im ordentlichen Verfahren nicht möglich oder nicht zumutbar ist und der Verweis auf das ordentliche Verfahren praktisch einer Rechtsverweigerung gleichkäme.[1]

[1] OLG Celle, NZM 2001 S. 194; NJW 2015 S. 711; OLG Rostock, Urteil v. 3.5.2001, 1 U 233/00; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996 S. 123; OLG Köln, NJW-RR 1995 S. 1088.

5.2.3 Ausnahme: Verbotene Eigenmacht

Ebenso ist eine Räumungsverfügung ohne Verfügungsgrund zulässig, wenn der Besitzer den Besitz durch verbotene Eigenmacht erlangt hat.[1] Die verbotene Eigenmacht muss sich gegen den unmittelbaren Besitzer richten. Deshalb reicht es nicht aus, wenn der Mieter die Mietsache ohne Erlaubnis des Vermieters untervermietet.[2]

[1] OLG Stuttgart, NJW-RR...

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