Leitsatz (amtlich)

1. Zur Abgrenzung der Pflichten zwischen Statiker und Prüfstatiker.

Ein Statiker verhält sich pflichtwidrig und macht sich schadensersatzpflichtig, wenn er auf Bedenken des Prüfstatikers gegen die vorgelegte, im Ergebnis zutreffende Statik diese nicht rechnerisch nachweist und es damit unterlässt, den Prüfstatiker von der Richtigkeit seiner Statik zu überzeugen.

2. Vereinbaren die Parteien des schriftlichen Ingenieurvertrags über die Tragwerksplanung die Abrechnung nach Honorarzone II "Mitte" und wird dadurch das Mindesthonorar unterschritten, weil die Statik der Honorarzone III zuzuordnen ist, gilt das Mindesthonorar der Honorarzone III "unten".

3. Ist die eingeklagte Forderung vor dem 1.5.2000 fällig geworden, beträgt der gesetzliche Verzugs- und Prozesszins gem. §§ 288 und 291 BGB in der Fassung bis 30.4.2000 i.V.m. Art. 229 § 1 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 5 Satz 1 EGBGB auch nach dem 1.5.2000 lediglich 4 %. Die Prozesszinsen erhöhen sich nicht ab dem 1.1.2003 auf 5 Prozentpunkte über Basiszinssatz, weil es sich bei § 291 BGB um eine Rechts-folgenverweisung auf § 288 BGB hinsichtlich der Höhe des Zinssatzes handelt und weil das Prozessrechtsverhältnis kein Dauerschuldverhältnis i.S.v. Art. 229 § 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB ist.

 

Normenkette

HOAI 2002 § 4; BGB §§ 288, 291; EGBGB Art. 229 § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Heilbronn (Urteil vom 18.12.2008; Aktenzeichen 5 O 1/03 Fe)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 09.02.2012; Aktenzeichen VII ZR 31/11)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des LG Heilbronn vom 18.12.2008 (5 O 1/03 Fe) abgeändert.

1. Die Klägerin wird auf die Widerklage hin verurteilt, an den Beklagten 54.720,17 EUR zzgl. Zinsen hieraus in Höhe

von 11,5 % p.a. vom 6.9.1995 bis 3.10.1995,

von 7 % p.a. vom 4.10.1995 bis 30.8.2000,

von 4 % p.a. seit 1.9.2000

zu bezahlen.

2. Im Übrigen werden die Klage und die Widerklage des Beklagten abgewiesen.

II. Im Übrigen werden die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz fallen der Klägerin 74 % und dem Beklagten 26 % zur Last.

Bezüglich der Kosten des Berufungsverfahrens vor dem OLG Stuttgart, 5 U 69/2001) trägt die Klägerin 55 % und der Beklagte 45 %.

Von den Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz fallen der Klägerin 37 % und dem Beklagten 63 % zur Last.

Von den außergerichtlichen Kosten der Streithelfer hat der Beklagte bezüglich der ersten Instanz 26 % und bezüglich der zweiten Instanz 63 % sowie bezüglich des Berufungsverfahrens vor dem OLG Stuttgart, 5 U 69/2001 45 % zu tragen. Im Übrigen tragen die Streithelfer ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können jeweils die Vollstreckung durch die anderen Partei oder die Streithelfer gegen Sicherheitsleistung von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei oder die Streithelfer vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert erster Instanz:

Klageantrag 1 (Zahlungsantrag):

196.930,20 EUR

Klageantrag 2 (Feststellungsantrag):

12.250 EUR

Widerklage:

146.912,41 EUR

Insgesamt:

356.092,61 EUR

Berufungsstreitwert:

Berufung:

108.772,86 EUR

Anschlussberufung:

38.139,55 EUR

Insgesamt:

146.912,41 EUR.

 

Gründe

I. Der Beklagte macht einen restlichen Honoraranspruch aus einem Vertrag für die Tragwerksplanung im Wege der Widerklage geltend, während die Klägerin Schadensersatzansprüche wegen Schlechterfüllung dieses Vertrages eingeklagt und später gegen den Resthonoraranspruch aufgerechnet hat.

Bei dem Bauvorhaben handelte es sich um eine Sporthalle mit angrenzenden Umkleideräumen (Bauabschnitt I) sowie einem Feuerwehrgebäude mit DRK-Station (Bauabschnitt II). Die Parteien schlossen am 20.8.1990 einen schriftlichen Ingenieurvertrag über die Tragwerksplanung (Anl. K 2). Vor Beginn der Arbeiten durch den Beklagten vereinbarten sie dabei unter Streichung der Grundlagenermittlung einen Honorarsatz von 97 % für die Erbringung der übrigen Leistungsphasen und die Abrechnung nach der Honorarzone II "Mitte". Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Mehraufwand Stahldachkonstruktion "Sporthalle".

Das LG hat die Klage abgewiesen. Auf die Widerklage hin hat es dem Beklagten 38.139,55 EUR zzgl. Zinsen zugesprochen und im Übrigen auch die Widerklage abgewiesen. Der Beklagte habe gegen die Klägerin einen Anspruch auf restliches Honorar von 74.594,48 DM. Insgesamt habe der Beklagte einen Honoraranspruch von 279.781,56 DM, auf den die Gemeinde unstreitig 104.800,- DM bezahlt habe. Gegen den Restanspruch könne die Klägerin wirksam mit Schadensersatzforderungen von 100.387,08 DM aufrechnen.

Die Sporthalle und die Feuerwehrgerätehalle seien in Bezug auf die Tragwerksplanung als zwei Gebäude jeweils eigenständig a...

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