Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die Schriftform

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für den Mietgegenstand sind nicht nur die vermieteten Räume bestimmbar zu bezeichnen, sondern auch mitvermietete Stellplätze, Freiflächen und sonstige Nebengelasse.

2. Treffen Vertragsparteien eine Nachtragsvereinbarung zu einem Mietvertrag, bedarf es für die Wahrung der Schriftform einer lückenlosen Bezugnahme auf alle Schriftstücke, aus denen sich die wesentlichen vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ergeben. Eine solche Urkunde, die ihrerseits dem Schriftformerfordernis genügt, heilt den Mangel vorher errichteter Urkunden.

3. Die Ausübung einer stillschweigenden Option bedarf nicht der Schriftform, um das Schriftformerfordernis des § 550 BGB für den gesamten Vertrag nicht zu verletzen, denn die Ausübung bzw. Nichtausübung der Option stellt eine auflösende Bedingung dar.

 

Verfahrensgang

LG Schwerin (Urteil vom 17.03.2008; Aktenzeichen 4 O 117/07)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Schwerin vom 17.3.2008 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens beträgt 194.336,52 EUR.

5. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt die Herausgabe von Gewerberäumen. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte überhaupt Mieterin und ein etwaiges zwischen den Parteien bestehendes Mietverhältnis zwischenzeitlich beendet ist.

Die G.- und W. bau GmbH & Co. KG, deren Rechtsnachfolger die Klägerin ist, sowie die "R. & Co. OHG Zweigniederlassung N. (z.Z. als R. Z. AG & Co. OHG ...)" schlossen einen Mietvertrag, der von Seiten des Vermieters am 7.1.1991 und vom Mieter am 31.1.1991 unterzeichnet wurde. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war das in H. befindliche Geschäftshaus, in dem sich auch die Mieträume befinden, noch nicht errichtet. Der Vertrag sah vor, dass das Mietverhältnis 15 Jahre nach Übergabe, die ausweislich eines eingereichten Protokolls am 29.10.1992 stattfand, endet.

In § 1 des Mietvertrages heißt es:

"Zum Betrieb eines Supermarktes, einer Drogerie, eines sonstigen gewerblichen Unternehmens zu Verkaufszwecken von Waren jeglicher Art und ggf. Aufstellung von Verkaufswagen zum Außenverkauf etc. werden folgende in H., ...-Straße gelegenen, dem Vermieter als Eigentümer und uneingeschränkter Besitzer zustehende Räume und Flächen an den Mieter zur alleinigen Nutzung, einschließlich der Aufstellung und/oder Anbringung von Werbetransparenten, sonstige Werbeträger, Warenautomaten etc. vermietet:

ca. 1.300 qm Nutzfläche Erdgeschoss

Mindestens 980 qm Verkaufsfläche

Vorplatz-, Anliefer- und Hoffläche (auch für Verkaufszwecke) - s. Lageplan vom 27.11.1990 ca. 100 Stellplätze ebenerdig auf der Marktebene, vor dem Markt (ohne mechanische Hubanlage; auch für Verkaufszwecke) zur gemeinsamen Nutzung. Die Obergeschossmieter werden vom Vermieter verpflichtet, ihre Pkws in der Tiefgarage abzustellen."

Dem Mietvertrag ist eine Baubeschreibung beigefügt, zu der auch ein Lageplan gehört.

Im Mietvertrag ist unter § 4 bestimmt:

"Der Mieter kann die Mietzeit zu den Bedingungen dieses Vertrages dreimal um je 5 Jahre verlängern. Diese Optionen treten jeweils stillschweigend in Kraft, wenn der Mieter spätestens 12 Monate vor Ablauf der Mietzeit keine gegenteilige schriftliche Erklärung abgibt.

[...]"

In § 14 ist zu lesen:

"[...]

Der Vermieter wird von ihm zur Vermietung kommende Mieträume und zum Verkauf anstehende Grundstücke, die für den Verkauf von Lebensmitteln ganz oder teilweise geeignet sind, zuerst dem Mieter direkt anbieten. Die Verpflichtung bleibt dem Mieter auch dann ggü. bestehen, wenn er während der Laufzeit des Mietvertrages das Anwesen des Mietobjektes veräußern sollte.

Der Vermieter räumt dem Mieter für jeden Fall der Neuvermietung des Mietobjektes das Vormietrecht in entsprechender Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen über das Vorkaufsrecht ein.

[...]"

Unter § 19 bestimmten die Vertragsparteien:

"Nachträgliche Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages sowie des Abweichens von dieser Formvorschrift bedürfen der Schriftform. Mündliche Nebenabreden sind nicht getroffen.

Soweit die eine oder andere Bestimmung dieses Mietvertrages rechtsunwirksam sein sollte, gelten die übrigen Bestimmungen unverändert weiter.

Die Vertragspartner vereinbaren schon jetzt, eine nicht rechtwirksame Bestimmung durch eine gültige neue Formulierung zu ersetzen. Der ursprüngliche Wille der Vertragspartner ist dabei ohne Einschränkung zu berücksichtigen."

Die Parteien vereinbarten mehrere Nachträge, wobei die ersten drei nicht streitrelevant sind. Wegen ihres Inhalts verweist der Senat auf die Anlagen K 2 bis K 4.

Im vierten Nachtrag vom 23.8.2004 änderten die Parteien die ...

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