Leitsatz (amtlich)

1. Die Mitgliedschaft in einem Verein endet bei Wegfall der Voraussetzungen der Mitgliedschaft nicht automatisch ohne weitere Maßnahmen des Vereins, sondern nur wenn dies in der Satzung ausdrücklich bestimmt ist.

2. Ein Recht zum sofortigen Austritt aus einem Verein besteht nur, wenn durch den Verbleib in dem Verein eine unerträgliche Belastung entstehen würde, die dem Vereinsmitglied nicht zugemutet werden kann, und wenn der zum Austritt berechtigende wichtige Grund nicht in der Risikosphäre des seine Mitgliedschaft kündigenden Vereinsmitglieds liegt.

3. An einer als Grundentscheidung in die Satzung des Vereins aufzunehmende Beitragsregelung fehlt es, wenn in der Satzung nicht geregelt ist, dass die jährlichen Mitgliedsbeiträge nach den Umsätzen des Vereinsmitglieds aus dem Vorjahr nach einem bestimmten Schlüssel zu entrichten sind. Eine solche Grundentscheidung kann bei einem im Vereinsregister eingetragenen Verein weder durch einen nicht im Vereinsregister eingetragenen Beschluss der Mitgliederversammlung noch durch eine tatsächliche Übung ersetzt werden.

 

Verfahrensgang

LG Osnabrück (Urteil vom 23.07.2008; Aktenzeichen 10 O 705/08 (47))

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 19.07.2010; Aktenzeichen II ZR 23/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23.7.2008 verkündete Urteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des LG Osnabrück geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin, ein eingetragener Verein, begehrt von der Beklagten die Zahlung des Vereinsmitgliedbeitrags für das Jahr 2007.

Die Klägerin vertritt im Rahmen ihrer Vereinstätigkeit die Interessen ihrer Mitglieder im Bereich der Herstellung und Vermarktung von Pflasterklinkern. Mitglied kann nach § 3 Abs. 2 ihrer Satzung jedes Unternehmen der Ziegelindustrie in Deutschland werden, das Pflasterklinker gemäß den Anforderungen der DIN 18503 herstellt oder vertreibt, sofern der Vertrieb ausschließlich die von Mitgliedern hergestellten Pflasterklinker umfasst. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Satzung der Klägerin in der Fassung vom 18.7.1995 Bezug genommen. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die ..., war Gründungsmitglied der Klägerin. Die ... hat zum 1.12.2006 ihre sämtlichen Aktiva und Passiva einschließlich des in Pente betriebenen Ziegelwerkes an die ... in ... veräußert, die auch Vereinsmitglied ist. Gleichzeitig ist die Firma in den Namen der Beklagten geändert worden. Seither betreibt die Beklagte keinen Ziegeleibetrieb mehr und führt kein operatives Geschäft auf dem Gebiet der Herstellung und des Vertriebes von Pflasterklinkern. Im Hinblick auf die Übertragung ihres Anlagevermögens an die ... hat die ... mit Schreiben vom 30.11.2006, auf das im Übrigen Bezug genommen wird, die Mitgliedschaft im Verein der Klägerin "zum nächstmöglichen Termin" gekündigt. Die Klägerin bestätigte darauf hin unter Hinweis auf die satzungsgemäße Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Jahresende das Ende der Mitgliedschaft zum 31.12.2007. Mit Schlussrechnung vom 23.11.2007 hat die Klägerin unter Hinweis auf den Beschluss über die Höhe der Mitgliedsbeiträge in der Mitgliederversammlung vom 5.5.2003 den Mitgliedsbeitrag für das Jahr 2007 auf 29.300 EUR netto beziffert und hat diesen Betrag zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer klageweise geltend gemacht.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die Aufgabe des operativen Geschäftes nicht automatisch zum Wegfall der Mitgliedschaft der Rechtsvorgängerin der Beklagten geführt habe. Satzungsgemäß ende die Mitgliedschaft nur durch Kündigung oder Ausschluss. Der Mitgliedsbeitrag werde entsprechend einer ständigen Übung, die jedenfalls seit der Neufassung der Satzung am 18.7.1995 festzustellen sei, aus dem Umsatz des jeweils vorauf gegangenen Kalenderjahres ermittelt. In der Mitgliederversammlung vom 5.5.2003 sei die derzeit gültige Beitragsordnung beschlossen worden, die einen nach Umsatz gestaffelten Beitrag vorsehe. Dieser Beschluss sei ordnungsgemäß zustande gekommen. Außerdem habe, was unstreitig ist,... als Vertreterin der Rechtsvorgängerin der Beitragsordnung zugestimmt. Im Übrigen sei sie verpflichtet, auf die Beitragsrechnungen Mehrwertsteuer zu erheben.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 34.867 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 29.440,60 EUR seit dem 24.11.2007 und auf weitere 5.426,40 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Meinung vertreten, dass sie für das Jahr 2007 keinen Mitgliedsbeitrag zu entrichten habe. Denn sie erfülle seit dem 1.12.2006 nicht mehr die satzungsgemäßen Voraussetzungen für eine Mitgli...

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