Leitsatz (amtlich)

Die durch das „Berufsrechts-NeuordnungsG” erweiterte Postulationsfähigkeit gem. § 78 Abs. 1 ZPO gibt keinen Anlass, die Auslegungsgrundsätze des Begriffs „notwendig” in § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO zu ändern.

 

Normenkette

ZPO § 78 Abs. 1 Fassung: 2000-01-01, § 91 Abs. 2 S. 1 Fassung: 2000-01-01

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Aktenzeichen 1 HKO 100/02)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin bei dem LG Regensburg vom 17.4.2002 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Beschwerdewert beträgt 53,20 Euro.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin bei dem LG Regensburg ist zulässig, aber nicht begründet.

Zu Recht hat die Rechtspflegerin die geltend gemachten Beträge für Abwesenheitsgeld und Fahrtkosten abgesetzt. Diese Kosten sind dem Kläger durch die Beauftragung seines nicht am Prozessgericht zugelassenen, aufgrund der Gesetzesänderung von § 78 Abs. 1 ZPO jedoch postulationsfähigen Rechtsanwalts entstanden. Die Erstattungsfähigkeit dieser Kosten richtet sich nicht nach § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO, da diese Vorschrift nur den Fall der „kleinen Distanz” (Zulassung zwar am Prozessgericht, Wohnsitz jedoch an einem anderen Ort) regelt (OLG Bamberg OLGReport Bamberg 2001, 117; vgl. auch OLG Nürnberg v. 21.11.2000 – 3 W 3744/00, OLGReport Nürnberg 2001, 71 = MDR 2001, 235). Einschlägig ist vielmehr § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO. Danach scheitert die Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Kosten daran, dass sie zur zweckentsprechenden Verfolgung nicht notwendig waren.

Beim Kläger handelt es sich um einen Verband zur Förderung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder. Zu seinen Aufgaben zählt es, gegen rechtswidrige Handlungen vorzugehen, die den Wettbewerb auf dem für seine Mitglieder relevanten Markt betreffen. Demgemäß ist er – wie er selbst mit seiner Klage geltend macht – nach § 13 UWG klagebefugt. Bei einem derartigen Verband muss erwartet werden, dass er über eine hinreichend finanzielle, sachliche und personelle Ausstattung verfügt, die ihn zur Verfolgung seiner Aufgaben befähigt, ohne dass es dabei darauf ankäme, ob die Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche zu seinem Haupttätigkeitsbereich gehört. Verfügt er aber über diese Ausstattung, ist er auch in der Lage, zumindest bei einfach gelagerten Fällen wie dem vorliegenden, seinen Prozessbevollmächtigten hinreichend schriftlich für eine erfolgversprechende Rechtsverfolgung zu informieren. Bei einer derartigen Information wären keine Reisekosten angefallen. Deshalb sind auch keine Kosten einer fiktiven Informationsreise erstattungsfähig. An diesem Rechtszustand hat sich durch die 2000 in Kraft getretene Änderung von § 78 Abs. 1 ZPO nichts geändert. Die z.B. vom OLG Bamberg (OLG Bamburg OLGReport Bamberg 2001, 117) dazu gegebene Begründung für die gegenteilige Auffassung vermag nicht zu überzeugen. Die erweiterte Postulationsfähigkeit hat der Gesetzgeber gerade nicht zu einer Änderung von Kostenvorschriften veranlasst, bei denen sich Auswirkungen durch sie ergeben könnten. Die zum Kostenrecht entwickelten Maßstäbe haben somit ihre Gültigkeit behalten. Dabei trifft es gerade nicht zu, dass eine weitere Anwendung dieser Grundsätze die erweiterte Postulationsfähigkeit ins Leere laufen lassen würde, weil durch sie weiterhin für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung der Einsatz eines beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalts erzwungen würde.

Gesetzgeberisches Ziel bei der Änderung des „Berufsrechts-Neuordnungsgesetzes” vom 17.12.1999 war in erster Linie eine Angleichung der Postulationsfähigkeit von Rechtsanwälten aus den alten und aus den neuen Bundesländern (vgl. Kirchberg, NJW 2000, 486; von Lambsdorff, AnwBl 2000, 100). Als Folge (und nicht als primäres Ziel) der erweiterten Postulationsfähigkeit werden sich vielfach Prozesse einfacher und kostengünstiger gestalten (Zöller/Vollkommer, 23. Aufl., § 78 ZPO Rz. 1). Dies betrifft vor allem die häufigen Fallgestaltungen, in denen sich eine Partei eines Verkehrsanwalts bediente, obwohl dessen Kosten nur unter engen Voraussetzungen erstattungsfähig waren (Zöller/Herget, 23. Aufl., § 91 ZPO Rz. 13 „Verkehrsanwalt”). Danach verblieb bei der einen Verkehrsanwalt einschaltenden Partei häufig eine erhebliche Kostenbelastung, die durch die Veränderung von § 78 Abs. 1 ZPO wegfallen kann, da der (frühere Verkehrs-) Anwalt nunmehr selbst vor dem Prozessgericht auftreten kann, eine Doppelvertretung also entbehrlich wird. Im Übrigen hat die Beantwortung der Frage, ob Anwesenheitsgelder und Reisekosten erstattungsfähig sind, keine Auswirkungen auf die insgesamt bei einem Prozess anfallenden Kosten. Abwesenheitsgelder und Reisekosten sind je nach Fallgestaltungen – bereits – angefallen, unabhängig von der Beurteilung, wer diese Positionen im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens letztlich zu tragen hat. Die Auslegung des Begriffs „notwendig” in § 91 Abs. ...

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