Leitsatz (amtlich)

Erfüllt ein Gutachten ein Regelbeispiel der Honorargruppen M 1 bis M 3, dann ist die Anwendung der entsprechenden Honorargruppe gleichwohl nicht zwingend geboten, sondern lediglich ein Indiz für den darin genannten Schwierigkeitsgrad. Ausschlaggebend für die Einordnung ist der Schwierigkeitsgrad der Begutachtung im konkreten Einzelfall.

 

Verfahrensgang

LG

 

Tenor

Die weitere Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 31. August 2010 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Mit einstweiliger Anordnung vom 21. August 2009 bestellte das Amtsgericht - Vormundschaftsgericht Nürnberg Herrn E. N. zum vorläufigen Betreuer für seine Mutter, Frau A. N. Diese Bestellung war befristet bis 20. Februar 2010. Der Entscheidung des Amtsgerichts lag ein Schreiben des Klinikums Nürnberg vom 20. August 2009 zugrunde, das mit "Anregung einer Betreuung" betitelt ist und die Gründe für eine Betreuungsbedürftigkeit der Frau N. nannte.

Am 22. September 2009 beauftragte das Amtsgericht den Arzt für Psychotherapie Dr. P., in einem fachärztlichen Gutachten zu prüfen, ob und inwieweit für Frau N. ein Betreuer auch künftig erforderlich sei. Außerdem sollte sich der Gutachter zur Frage der Geschäftsfähigkeit von Frau N. äußern. Mit Schreiben vom 28. September 2009 teilte Dr. P. dem Amtsgericht mit: "Ich bin der Meinung, dass es sich hierbei um eine beschreibende Begutachtung entsprechend der Honorargruppe M 2 handelt. Falls ich von Ihnen keine anderweitige Mitteilung erhalte, gehe ich von Ihrem Einverständnis aus." Nachdem das Amtsgericht dem nicht widersprach, erstattete Dr. P. am 8. Oktober 2009 sein schriftliches Gutachten. Nach Anhörung von Frau N. bestellte das Amtsgericht Herrn E. N. am 29. Oktober 2009 zum Betreuer seiner Mutter.

Dr. P. berechnete für seine Tätigkeit 232,35 Euro, wobei er gemäß der Honorargruppe M 2 von einem Stundensatz von 60 Euro ausging (§ 9 Abs. 1 JVEG samt Anlage 1). Der Kostenbeamte veranlasste, dass 196,65 Euro an Dr. P. ausgezahlt wurden. Dieser Betrag ergibt sich bei Anwendung der Honorargruppe M 1 (mit einem Stundensatz von nur 50 Euro). Zur Klärung der Frage, ob nach dieser oder nach der Honorargruppe M 2 zu entschädigen sei, legte der Kostenbeamte die Akte dem Bezirksrevisor vor. Dieser vertrat in seiner Stellungnahme vom 10. Mai 2010 die Auffassung, das Honorar für den Gutachter Dr. P. sei nach der Honorargruppe M 1 zu berechnen. Er regte an, die Frage obergerichtlich klären zu lassen.

Mit Beschluss vom 7. Juni 2010 setzte das Amtsgericht die Vergütung auf 232,35 Euro fest und ließ die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der entschiedenen Frage zu. Am 16. Juli 2010 legte der Bezirksrevisor Beschwerde ein. Das Landgericht Nürnberg-Fürth wies die Beschwerde mit Beschluss vom 31. August 2010 als unbegründet zurück und ließ die weitere Beschwerde zum Oberlandesgericht Nürnberg zu. Am 6. September 2010 legte der Bezirksrevisor weitere Beschwerde ein, der das Landgericht nicht abhalf.

II. Die weitere Beschwerde ist zulässig (§ 4 Abs. 5 JVEG). Einer besonderen Begründung der behaupteten Rechtsverletzung bedarf es nicht; vielmehr reicht aus, wenn der weiteren Beschwerde das begehrte Ergebnis zu entnehmen ist (Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, JVEG, 2. Aufl., § 4 Rdn. 16). Diesen Anforderungen genügt die weitere Beschwerde des Bezirksrevisors vom 6. September 2010.

Das Rechtsmittel hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht wies die Beschwerde gegen die Vergütungsfestsetzung durch das Amtsgericht zu Recht zurück.

1. Es spricht viel dafür, die Vergütung für den Gutachter Dr. P. nach der Honorargruppe M 2 (vgl. Anlage 1 zu § 9 JVEG) schon deswegen als richtig zu erachten, weil das Amtsgericht ein beschreibendes Gutachten der Honorargruppe M 2 in Auftrag gab (§ 631 Abs. 1 BGB). Das folgt daraus, dass das Amtsgericht dem - oben zitierten - Schreiben des Dr. P. vom 28. September 2009 nicht widersprach. Dieses Verhalten durfte Dr. P. in der Weise verstehen, dass das Amtsgericht eine beschreibende Begutachtung im Sinn der Honorargruppe M 2 haben wollte und bereit war, hierfür den bei dieser Honorargruppe vorgesehenen Stundensatz zu bezahlen.

2. Aber selbst wenn man nur auf den Schwierigkeitsgrad der durchgeführten Begutachtung abstellte, ist das Gutachten des Dr. P. - wie die Vorinstanzen zutreffend begründeten - nicht als "einfache gutachtliche Beurteilung" (Honorargruppe M 1), sondern als "Begutachtung mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad" (Honorargruppe M 2) einzustufen:

a) Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 JVEG bestimmt sich die Zuordnung der Leistung eines Sachverständigen zu einer Honorargruppe nach der Anlage 1. Diese sieht für medizinische Gutachten die drei Honorargruppen M 1 bis M 3 vor. Deren Zuordnungskataloge gehen einerseits in erster Linie vom Schwierigkeitsgrad der individuellen Leistung aus, führen aber andererseits (vornehmlich in der Gruppe M 3) Regelbeispiele auf, bei deren Vorliegen der jeweilige Schwierigkeitsgrad erfüllt sein soll. Fällt ein Gut...

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