Leitsatz (amtlich)

1. Besteht eine Unterhaltspflicht sowohl gegenüber einem geschiedenen als auch einem neuen aktuellen Ehegatten, so ist der Bedarf des geschiedenen Ehegatten auf der Grundlage der Einkünfte des geschiedenen Ehegatten und des Unterhaltsschuldners im Wege der Halbteilung zu ermitteln.

2. Bei der Feststellung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen gegenüber einem geschiedenen Ehegatten begründet der Unterhaltsanspruch eines nachrangigen aktuellen Ehegatten des Unterhaltspflichtigen keine sonstige Verpflichtung i.S.d. § 1581 Satz 1 BGB.

3. Der Umstand, dass ein Teil des Renteneinkommens des Unterhaltspflichtigen im Hinblick auf § 33 Abs. 1, Abs. 3 VersAusglG vom Bestehen und der Höhe des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt abhängig ist, ist ein im Rahmen der Billigkeitserwägungen nach § 1578b Abs. 1 und § 1581 Satz 1 BGB zu berücksichtigender Aspekt.

4. Ist für die Beurteilung eines Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt gegen einen im Ausland lebenden Unterhaltspflichtigen deutsches Recht anwendbar, so gilt dies auch für die Beurteilung der in diesem Zusammenhang zu klärenden Frage, ob aus der vom Unterhaltspflichtigen im Ausland geführten neuen Ehe eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem neuen Ehegatten besteht.

5. Übernimmt der unterhaltsberechtigte Ehegatte unter Reduzierung einer Erwerbstätigkeit die Pflege seiner gem. § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB XI Pflegegeld beziehenden Mutter, so ist dieses Pflegegeld in voller Höhe als Einkommen des unterhaltsberechtigten Ehegatten anzusehen, wenn es vollständig an diesen weitergegeben wird.

 

Normenkette

BGB §§ 1578, 1581, 1578b Abs. 1; VersAusglG § 33 Abs. 1, 3; SGB XI § 13 Abs. 6, § 37 Abs. 1 S. 3 Nr. 2

 

Verfahrensgang

AG Nürnberg (Beschluss vom 29.03.2011; Aktenzeichen 108 F 4381/10)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Nürnberg vom 29.3.2011 abgeändert.

II. Das Endurteil des AG - Familiengericht - Hersbruck vom 10.10.2001 - 2 F 359/00, wird für die Zeit ab 30.11.2010 dahin abgeändert, dass der Antragsteller an die Antragsgegnerin

1. für die Zeit vom 1.12.2010 bis 31.12.2011 einen Unterhalt von insgesamt noch 3.905,80 EUR und

2. ab Januar 2012 einen monatlichen, monatlich vorauszahlbaren Unterhalt i.H.v. 517 EUR zu bezahlen hat.

III. Der weitergehende Antrag und die Beschwerde des Antragstellers im Übrigen werden zurückgewiesen.

IV. Von den Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen haben der Antragsteller 75 % und die Antragsgegnerin 25 % zu bezahlen.

V. Die sofortige Wirksamkeit dieses Beschlusses wird angeordnet.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Abänderung eines Urteils vom 10.10.2001 über nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab der - mit der Zustellung am 30.11.2010 eingetretenen - Rechtshängigkeit des verfahrenseinleitenden Abänderungsantrages.

Der am ... 1945 geborene Antragsteller, der italienischer Staatsangehöriger ist, und die am ... 1949 geborene Antragsgegnerin, die derzeit (nur) die deutsche Staatsangehörigkeit hat, heirateten am ... 1971 in Nürnberg und lebten dort in der Folgezeit auch. Aus der Ehe gingen eine am ... 1974 geborene Tochter und ein am ... 1978 geborener Sohn hervor.

Im Juni 1997 zog der Antragsteller aus der Ehewohnung in Nürnberg aus. Auf den der Antragsgegnerin am 10.7.1998 zugestellten Antrag des Antragstellers hin wurde mit Urteil des AG Nürnberg vom 27.7.1999 die Ehe der Parteien in Anwendung deutschen Rechts geschieden.

Der Versorgungsausgleich zwischen den Parteien wurde in diesem Urteil in der Weise geregelt, dass vom Versicherungskonto des Antragstellers bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte auf das Konto der Antragsgegnerin bei der Landesversicherungsanstalt Oberfranken und Mittelfranken 852,32 DM und - zum Ausgleich eines Anrechts des Antragstellers aus einer betrieblichen Altersversorgung bei einer Fa ... - weitere 16,45 DM, jeweils bezogen auf den 30.6.1998, übertragen wurden. Dieser Regelung des Versorgungsausgleichs lag u.a. eine vom Familiengericht erholte Auskunft der Fa ... vom 7.12.1998 zugrunde, in der diese u.a. mitteilte, dass der Antragssteller aufgrund seiner Betriebszugehörigkeit seit ... 1967 bis zum ... 2005 ein Anrecht auf eine betriebliche Altersversorgung in Form einer lebenslangen Rente erworben hat, deren Höhe nach den seinerzeitigen Bemessungsgrundlagen mit einer Jahresrente von 2.772 DM angegeben wurde.

Mit Endurteil des AG Hersbruck vom 10.10.2001 (Az. 2 F 359/00) wurde der Antragsteller verurteilt, an die Antragsgegnerin ab 1.5.2000 einen monatlichen Unterhalt von 1.350 DM zu bezahlen.

Dabei wurde von folgenden Daten ausgegangen:

Einkommen des Antragstellers aus Erwerbstätigkeit

5.305 DM

Steuererstattung monatlich

+ 870 DM

Beiträge zu einer Lebensversicherung

-319,80 DM

Aufwendungen für die gemeinsamen Kinder und die Mutter des Antragstellers

-800 DM

Zwischensumme

5.055 DM

Erwerbsaufwand daraus i.H.v. 5 %

-252 DM

Unterhaltsrechtlich maßgebliches Einkommen des Antragstellers (gerundet)

4.800 DM

Bei der Antragsgegnerin...

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