Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Vorwegnahme der Hauptsache im PKH-Prüfungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Der Senat weist nochmals unter Zitat der Entscheidung des BVerfG darauf hin, dass im PKH-Prüfungsverfahren keine Vorwegnahme der Hauptsache erfolgen darf.

Der Senat weist in diesem Zusammenhang nochmals auf die Rechtsprechung zu §§ 39, 40 FGB/DDR hin, die ausführlich und mit Fundstellen dargestellt wird.

 

Normenkette

ZPO § 114 ff.

 

Verfahrensgang

AG Wittenberg (Beschluss vom 14.12.2005; Aktenzeichen 5 F 379/05)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des AG Wittenberg vom 14.12.2005 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das AG Wittenberg zurückverwiesen.

Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien waren Eheleute.

Sie haben am 27.8.1982 die Ehe vor dem Standesamt E. geschlossen. Aus der Ehe sind die Kinder S. (12.12.1982) und R. (2.10.1987) hervorgegangen.

Ihre Ehe wurde durch Urteil des AG Wittenberg vom 26.4.2002 geschieden; die Rechtskraft des Urteils ist am 7.6.2002 eingetreten.

Während der Ehe haben sie 1987 auf dem Grundstück der Beklagten ein Wohnhaus errichtet, das sie mit den gemeinsamen Kindern zu Wohnzwecken genutzt haben.

Die Beklagte war zudem Eigentümerin von 27 ha Wiesen- und Ackerfläche, die vor dem Beitritt zu 90 % von einer LPG genutzt worden sind.

Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche aus § 40 FGB/DDR (rund 93.000 EUR) und auch Zugewinnausgleichsansprüche i.H.v. rund 39.000 EUR geltend.

Für die Klage hat er um Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachgesucht.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das AG dem Kläger Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht verweigert. Der hiergegen eingelegten Beschwerde hat das AG nicht abgeholfen und die Sache vorgelegt.

II. Die Beschwerde ist zulässig, denn sie ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 127 Abs. 2 S. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das AG zur erneuten Prüfung und Entscheidung (§ 572 Abs. 3 ZPO).

Die angefochtene Entscheidung hält einer Überprüfung unter dem Blickwinkel der grundsätzlichen Rechtsprechung des BVerfG zum Prüfungsumfang der Gerichte im Prozesskostenhilfeverfahren und des BGH sowie des Senats zur Eigentumsauseinandersetzung von Ehegatten, die die Ehe unter dem Geltungsbereich des DDR/Rechts geschlossen haben, nicht stand:

1. Das AG hat mit dem angefochtenen Beschluss in unzulässiger Weise die Hauptsache faktisch vorweg entschieden. Das entspricht nicht dem Sinn und Zweck der Regeln über das Prozesskostenhilfeverfahren, in dem lediglich summarisch, also in vereinfachter Form, die vorläufige Erfolgsaussicht des Klagbegehrens geprüft werden soll.

Deshalb hat das BVerfG wiederholt entschieden, dass der Umfang dieser Prüfung nicht überspannt werden darf. Es hat im Einzelnen ausgeführt:

"Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsgrundsatz, der in Art. 20 Abs. 3 GG allgemein niedergelegt ist, das Gebot einer weitgehenden Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes ...

Es ist zwar verfassungsrechtlich unbedenklich, die Gewährung von PKH davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint (§ 114 ZPO). Die Prüfung der Erfolgsaussichten einer Klage darf jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in das summarische Verfahren zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das PKH-Verfahren will den grundrechtlich garantierten Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen ...

Die Fachgerichte überschreiten den Entscheidungsspielraum, der ihnen bei der Auslegung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals der hinreichenden Erfolgsaussicht zukommt, wenn sie einen Auslegungsmaßstab verwenden, durch den unbemittelten Parteien im Vergleich mit bemittelten die Rechtsverfolgung unverhältnismäßig erschwert wird. Das ist namentlich der Fall, wenn die Anforderungen an die Aussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung weit überspannt werden und dadurch der Zweck der PKH deutlich verfehlt wird ...

PKH darf daher insb. dann nicht versagt werden, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt ..." (vgl. BVerfG FuR 2002, 187).

2. Überdies vermag der Senat auch der Berechnung des AG nicht zu folgen, weil sie Wesentliches außer Acht lässt.

2.1. "... Der Senat hat bereits wiederholt und in Übereinstimmung mit dem BGH entschieden, dass im Falle der güterrechtlichen Auseinandersetzung von Eheleuten, die vor dem Beitritt bereits verheiratet waren und nach dem Beitritt geschieden worden sind, Vortrag auch zu § 39 und/oder § 40 FGB/DDR unent...

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