Entscheidungsstichwort (Thema)

Coronavirus, SARS-CoV-2, Gemeinde, Berufung, Werbung, Untersagung, Unterlassungsanspruch, Abmahnung, Schadensersatzanspruch, Berichterstattung, Dienstleistungen, Eintragung, Verletzung, Internet, Kostenerstattungsanspruch, Presse, Zug um Zug, Art und Weise, Interesse der Allgemeinheit

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 17.11.2020; Aktenzeichen 33 O 16274/19)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 13.07.2023; Aktenzeichen I ZR 152/21)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 17.11.2020, Az. 33 O 16274/19, in Ziffer I des Tenors aufrechterhalten mit der Maßgabe, dass dort die Wörter "zu verbreiten/verbreiten zu lassen und/oder" entfallen und in Ziffer II des Tenors dahin abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerinnen 4.994,31 Euro Zug um Zug gegen Vorlage einer Rechnung über den genannten Betrag, die den Anforderungen nach § 14 Abs. 4 UStG genügt, zu zahlen und die Klage insoweit im Übrigen abgewiesen wird.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

IV. Das Urteil des Landgerichts und das vorliegende Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung hinsichtlich Ziffer I des landgerichtlichen Urteils in der Fassung gemäß Ziffer I des vorliegenden Urteils (Unterlassung) durch Sicherheitsleistung in Höhe 250.000,- Euro und im Übrigen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerinnen beanstanden das Internetangebot von muenchen.de als Verstoß gegen das aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG folgende Gebot der Staatsferne der Presse und damit als wettbewerbswidrig im Sinne von § 3a UWG und machen einen Unterlassungsanspruch sowie außergerichtliche Abmahnkosten geltend.

Bei den Klägerinnen handelt es sich um Münchner und überregionale Zeitungsverlage bzw. die für deren Online-Auftritte verantwortlichen Unternehmen.

Bei dem von der Beklagten - Gesellschafter sind die Landeshauptstadt München und die S.w. München - betriebenen und verantworteten Internetauftritt muenchen.de handelt es sich um das im Jahr 2004 in der heute abrufbaren Form aufgeschaltete "offizielle Stadtportal" für die Landeshauptstadt München. Das Portal (Stand August 2019) umfasst ca. 173.000 Seiten. Es ist mit bis zu 2,9 Millionen Besuchern und 12 Millionen Seitenaufrufen im Monat nach Darstellung der Beklagten das mit Abstand meistbesuchte Serviceportal und gleichzeitig eines der erfolgreichsten deutschen Stadtportale. Das Internetportal enthält unter anderem die Rubriken "Rathaus", "Branchenbuch", "Veranstaltungen", "Kino", "Freizeit", "Sehenswertes", "Restaurants" und "Shopping".

Nach vorangegangenen Gesprächen mahnten die Klägerinnen die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 29.10.2019 (Anlage K 4) wegen des Betriebs von m....de ab. Die mit der Abmahnung geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung hat die Beklagte nicht abgegeben.

Auf die in der Folge erhobene Klage der Klägerinnen hat das Landgericht mit Endurteil vom 17.11.2020 die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, das Telemedienangebot m....de zu verbreiten/verbreiten zu lassen und/oder öffentlich zugänglich zu machen/machen zu lassen, wenn dies geschieht wie in der Aufzeichnung des Angebots zwischen dem 16.08. bis 19.08.2019 auf dem USB-Stick Anlage K 1 wiedergegeben. Weiter hat es die Beklagte verurteilt, an die Klägerinnen außergerichtliche Abmahnkosten in Höhe von 4.994,31 Euro zu zahlen.

Zur Begründung hat das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, Folgendes ausgeführt:

Die Klage sei zulässig. Insbesondere sei der Unterlassungsantrag hinreichend bestimmt. Der Verbotsantrag sei nicht zu undeutlich gefasst. Die Klagerinnen hätten sich mit ihrem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert und die im Streit stehende tatsächliche Gestaltung von m....de sei zwischen den Parteien nicht in Frage gestellt. Auch die Bezugnahme auf den von den Klägerinnen vorgelegten USB-Stick sei vorliegend ausnahmsweise zulässig. In besonders gelagerten Fällen könnten bei der Bemessung der Anforderungen, die zur Sicherung der Bestimmtheit des Urteilsausspruchs aufzustellen seien, die Erfordernisse der Gewährung eines wirksamen Rechtsschutzes oder der Vermeidung eines unangemessenen Aufwands mit abzuwägen sein. Dies gelte unter anderem in Fällen, in denen der Gegenstand, auf den sich der Unterlassungsausspruch beziehe, nach Art und Umfang nicht in das Urteil aufgenommen werden könne. Dies sei hier der Fall, da die Klage sich gegen die Gesamtgestaltung des Stadtportals richte und der Internetauftritt über 170.000 Seiten umfasse.

Der Zulässigkeit der Klage stehe auch § 8 Abs. 4 UWG nicht entgegen. Das Vorliegen eines Missbrauchs sei jew...

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