Leitsatz (amtlich)

Der Widerspruch des vorläufigen schwachen Insolvenzverwalters, §§ 22 Abs. 2, 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO, gegen Lastschriftbuchungen führt im Interbankenverhältnis gem. Abschnitt III des Lastschriftabkommens zu einer Wiedervergütungspflicht der ersten Inkassostelle und einem entsprechenden Anspruch der Zahlstelle.

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 17.12.2008; Aktenzeichen 35 O 2373/08)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG München I vom 17.12.2008 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Nebenintervenien-tin trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.961,82 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die klagende Bank hat auf Vorlage der beklagten Bank Lastschriften eingelöst. Sie fordert von der Beklagten, gestützt auf das Lastschriftabkommen, die Rückzahlung der Beträge, nachdem der nach Lastschrifteinlösung bestellte vorläufige schwache Insolvenzverwalter über das Vermögen der Zahlungspflichtigen den Kontobelastungen widersprochen hat und die Klägerin die entsprechenden Beträge den Konten der Zahlungspflichtigen wieder gutgeschrieben hat.

Bei der klagenden Bank unterhielten Unternehmen der H.-Gruppe Bankkonten. Der Nebenintervenientin, einer Sozialkasse, hatten die Unternehmen Lastschrifteinzugsermächtigung erteilt.

Die klagende Bank als Zahlstelle hat am 16.1.2006 und 6.2.2006 Lastschriften im Betrag von insgesamt 5.961,82 EUR durch Gutschrift auf das bei der Beklagten als erster Inkassostelle geführte Konto eingelöst. Am 20.2.2006 wurde über das Vermögen der zahlungspflichtigen Unternehmen die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet und Rechtsanwalt S. zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt.

Durch dessen Angestellte, die Zeugin H., erfolgten am 20. und 21.2.2006 per Fax Widersprüche gegen die vorgenannten Lastschriftbuchungen.

Die Klägerin hat die Unterrichtung der Beklagten über die erfolgten Widersprüche aus nicht mehr aufklärbaren Gründen verzögert. Der ab September 2006 erfolgten Lastschriftrückgabe widersetzt sich die Beklagte, der im Rechtsstreit die Zahlungsempfängerin als Nebenintervenientin beigetreten ist. Sie meint, wirksame Lastschriftwiderrufe lägen nicht vor.

Das LG hat die Klage ohne Beweisaufnahme zugesprochen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgt.

Der Senat hat Beweis erhoben zur Vertretungsbefugnis der Kanzleiangestellten des vorläufigen Insolvenzverwalters durch Zeugenvernehmung.

II. Die Berufung ist im Ergebnis nicht begründet. Aus dem Lastschriftabkommen ist die Beklagte zur Aufnahme der Lastschriftrückgaben und zur Rückzahlung der Lastschriftbeträge an die Klägerin verpflichtet, weil auf der Grundlage der vom Senat nachgeholten Beweisaufnahme feststeht, dass den verfahrensgegenständlichen Lastschriften wirksam widersprochen worden ist.

1. Gemäß Abschnitt III Nr. 1 und 2 des zwischen den Parteien des Rechtsstreits geltenden Lastschriftabkommens ist die Klägerin als Zahlstelle im Falle des Widerspruchs berechtigt, Lastschriften an die Beklagte als erste Inkassostelle zurückzugeben und von der Beklagten deren Wiedervergütung zu verlangen.

Die Zeugen H. und S. haben glaubhaft ausgesagt, dass der am 20.2.2006 zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellte Rechtsanwalt S. der Angestellten H. noch am selben Tag die Weisung erteilt hat, sämtliche noch widerruflichen Lastschriften zu widerrufen. Die schriftlich von der Zeugin H. am 20./21.2.2006 erklärten Widerrufe der verfahrensgegenständlichen Lastschriften (Anlagen K 1-K 4) sind danach von der ihr erteilten Vollmacht gedeckt.

2. Die erklärten Widersprüche sind auch rechtlich beachtlich. Sie erfolgten innerhalb der Widerspruchsfrist gem. Nr. 7 Abs. 3 der AGB Banken, die im Deckungsverhältnis zwischen den Zahlungsverpflichteten, den nachmaligen Schuldnern, und der Zahlstelle vereinbart waren, und entfalten Rechtswirkung auch für das Abwicklungsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten. Auf die unterschiedlichen Rechtsansichten über die juristische Einordnung des Widerspruchsrechts des Schuldners im Deckungsverhältnis zu seiner Schuldnerbank und über die Wirkung eines Widerspruchs auf das Valutaverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger kommt es für die Entscheidung dieses Verfahrens nicht an. Dahinstehen kann mithin vorliegend, ob die vom XI. Senat des BGH mit der Entscheidung v. 10.6.2008 - XI ZR 283/07 (BGHZ 177, 69) in Frage gestellte sog. Genehmigungstheorie (statt vieler: BGH, Urt. v. 25.10.2007 - IX ZR 217/06, BGHZ 174, 84) weiterhin Geltung beanspruchen kann, wonach bis zu Genehmigung der Belastungsbuchung im Deckungsverhältnis auch im Valutaverhältnis in der Schwebe bleibt, ob Erfüllung der dem Lastschrifteinzug zugrunde liegenden Schuld eingetreten

ist. Die Genehmigungstheorie und die sog. Erfü...

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