Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein Oldtimer-Fahrzeug wegen unzutreffender Angabe der Laufleistung

 

Normenkette

BGB §§ 123-124, 142, 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, § 812 Abs. 1; ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3; StVG § 22b

 

Verfahrensgang

LG Landshut (Urteil vom 11.03.2016; Aktenzeichen 51 O 1707/15)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des LG Landshut vom 11.03.2016, Az. 51 O 1707/15, aufgehoben.

II. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 330.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.05.2015 zu zahlen, Zug um Zug gegen Herausgabe des Kraftfahrzeuges Daimler Benz 280 SE, Typ W 111, Fahrzeugidentifikationsnummer...

III. Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Entgegennahme des in Ziffer II. bezeichneten Fahrzeugs seit dem 08.05.2015 in Annahmeverzug befindet.

IV. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 3.128,00 EUR zu bezahlen.

V. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 4.066,11 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.05.2015 zu bezahlen.

VI. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

VII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

VIII. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt Rückabwicklung des Kaufvertrages über ein Oldtimer-Fahrzeug sowie Erstattung von Fracht-, Sachverständigen- und Anwaltskosten.

Der Kläger kaufte am 10.4.2015 vom Beklagten den Pkw Daimler Benz 280 SE, Typ W 111, Baujahr 1971, zum Preis von 330.000 EUR; das Fahrzeug wurde an diesem Tag übergeben und bezahlt. Verwendet wurde der Formularvertrag "ADAC Kaufvertrag für den privaten Verkauf eines historischen Kraftfahrzeuges (Oldtimer)" (Anlage K 3).

Dieser enthält in Fettdruck folgenden Gewährleistungsausschluss:

"Das Kraftfahrzeug wird unter Ausschluss der Sachmängelhaftung verkauft. Dieser Ausschluss gilt nicht für die Schadensersatzansprüche aus Sachmängelhaftung, die auf einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Verletzung von Pflichten des Verkäufers beruhen sowie bei der Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit. Ggf. noch bestehende Ansprüche gegenüber Dritten aus Sachmängelhaftung werden an den Käufer abgetreten".

Bei "Angaben des Verkäufers" kreuzte der Beklagte unter I.1. - "Der Verkäufer garantiert" - an, dass das Kfz in der Zeit, in der es sein Eigentum war, keinen Unfallschaden und keine sonstigen Beschädigungen erlitten habe. Unter I. 2. - "Der Verkäufer erklärt:" - gab er u.a. an, dass das Kfz in der übrigen Zeit - soweit ihm bekannt - keine Unfallschäden und keine sonstigen Beschädigungen hatte (Ziffer 2.1), dass das Kfz - soweit ihm bekannt - eine Gesamtfahrleistung von 050 km - nur Testfahrten aufweise (Ziffer 2.4), dass das Kfz - soweit ihm bekannt - 2 Vorbesitzer (Fahrzeughalter einschließlich Verkäufer) gehabt habe (Ziffer 2.5).

In dem Dekra-Gutachten zur Wiederinbetriebnahme vom 12.4.2010 (Anlage BK 11) ist der Kilometerstand mit 30.483 angegeben, in dem Dekra-Bericht zur Hauptuntersuchung vom 2.4.2014 (Anlage B 3) mit 15.

Der Kläger hatte das Fahrzeug bei der Retro Classic Oldtimer Messe in Stuttgart Ende März 2015 besichtigt, nachdem er durch ein Inserat auf "mobile. de" (Anlage BK 2) darauf aufmerksam geworden war. In dem Inserat war die Kilometerleistung mit 800 km angegeben. Das Fahrzeug war als "komplett neu aufgebaut" und "vergleichbar mit einem Neufahrzeug" beschrieben; erneuert worden seien "alle Gummiteile, alle Leitungen, Bremse komplett neu, Motor komplett erneuert (Kolben, Lager, Ventile, ect.), Automatikgetriebe komplett überholt, ebenfalls Vorder- und Hinterachse, Auspuff neu. Innenausstattung in Nappa-Leder neu, alle Chromteile neu verchromt"; ein Fahrzeug in dieser Qualität werde es in Deutschland wahrscheinlich nicht mehr geben.

Mit Schreiben vom 11.4.2015 rügte der Kläger Mängel, die bei der Durchsicht in der ortsansässigen Mercedes-Fachwerkstatt festgestellt worden seien. Mit Anwaltsschreiben vom 27.4.2015 (Anlage K 7) ließ der Kläger die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung und vorsorglich den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären mit der Begründung, das Fahrzeug weise verschiedene Mängel auf, von denen einige auf einen vorherigen Unfallschaden hindeuteten; diesen habe der Beklagte als gewerblicher Autohändler erkannt bzw. grob fahrlässig nicht erkannt. Der Gewährleistungsausschluss gehe ins Leere. Zugleich forderte er den Beklagten unter Fristsetzung zum 7.5.2015 zur Rückzahlung des Kaufpreises und Erstattung der Anwaltskosten auf.

Der Kläger hat in erster Instanz im Wesentlichen behauptet, der Beklagte betreibe gewerblich die Restaurierung und den Verkauf von Oldtimern. Das Fahrzeug sei als umfassend und professionel...

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