Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit eines in der Hauptversammlung gefassten Beschlusses

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 20 Abs. 1 AktG gebietet nicht, dass ein Unternehmen, dem mehr als ein Viertel der Aktien einer Aktiengesellschaft gehört, mitteilt, ob es unmittelbarer Inhaber dieser Aktien ist oder ob ihm nach § 16 Abs. 2 S. 1, Abs. 4 AktG die von einem anderen Unternehmen gehaltenen Aktien zugerechnet werden.

2. Die Erteilung eines Hinweises nach § 125 Abs. 1 S. 4 AktG ist bei allen Aktiengesellschaften erforderlich. Eine teleologische Reduzierung des § 125 Abs. 1 S. 4 AktG auf börsennotierte Aktiengesellschaften ist nicht vorzunehmen.

3. Eine Verletzung der Hinweispflicht nach § 125 Abs. 1 S. 4 AktG führt zur Anfechtbarkeit des Hauptversammlungsbeschlusses nach § 243 Abs. 1 AktG.

4. Ein Widerspruch zur Niederschrift nach § 245 Nr. 1 AktG muss nicht begründet werden und kann während der gesamten Dauer der Hauptversammlung erklärt werden.

 

Normenkette

AktG § 16 Abs. 2 S. 1, Abs. 4, § 20 Abs. 1, 3, 7, § 122 Abs. 1 S. 1, § 125 Abs. 1 Sätze 1, 4, § 243 Abs. 1, § 245 Nr. 1, § 246 Abs. 1; BGB §§ 140, 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2, § 193; ZPO § 71 Abs. 2, §§ 167, 222 Abs. 1-2, §§ 295, 531 Abs. 1, 2 Sätze 1-2, § 569 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 14.12.2017; Aktenzeichen 5 HK O 17464/16)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das "Zwischen- und Schlussurteil" des Landgerichts München I vom 14.12.2017, Az. 5 HK O 17464/16, wird insoweit verworfen, als sie sich gegen das Zwischenurteil richtet, und im Übrigen zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervention zu tragen.

3. Dieses Urteil sowie das Zwischen- und Schlussurteil des Landgerichts München I vom 14.12.2017, Az. 5 HK O 17464/16, sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers und des Nebenintervenienten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger oder der Nebenintervenient vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines in der Hauptversammlung der Beklagten am 16.09.2016 gefassten Beschlusses.

Die Beklagte ist eine im Freiverkehr notierte Aktiengesellschaft, die über ein in 1.932.187 Stückaktien eingeteiltes Grundkapital von 1.932.187,00 EUR verfügt und deren Unternehmensgegenstand die Eingehung von Kapitalbeteiligungen, insbesondere der Erwerb, die Verwaltung und die Veräußerung von Unternehmensbeteiligungen jeder Rechtsform im Namen und für Rechnung der Gesellschaft sowie der Erwerb, die Errichtung, die Verwaltung und die Veräußerung von Grundstücken, Immobilien, insbesondere Gewerbeimmobilien unter Einschluss des An- und Verkaufs von Wertpapieren, insbesondere auch Wertpapierfonds und Zertifikate ausgenommen Geschäfte nach § 1 KWG und nach dem KAGB erlaubnisbedürftige Geschäfte ist.

Am 26.03.2014 veröffentlichte der Bundesanzeiger folgende Mitteilung an die damals noch als Konsortium Aktiengesellschaft Unternehmensbeteiligungsgesellschaft firmierende Beklagte:

"Bekanntmachung gemäß § 20 Abs. 1, 3 und 5 AktG

Die ... V. Capital und I. AG hat uns gemäß § 20 Abs. 5 AktG mitgeteilt, dass ihre Beteiligung an der K. AG Unternehmensbeteiligungsgesellschaft, G., weniger als die Hälfte beträgt.

Die ... V. Capital und Immobilien AG, H., hat uns gemäß § 20 Abs. 1 und 3 AktG mitgeteilt, dass die VCI V. Capital mittelbar und unmittelbar eine Beteiligung an der K. AG Unternehmensbeteiligungsgesellschaft von mehr als dem vierten Teil hält.

G. den 19.03.2014

Der Vorstand"

Mit Beschluss vom 18.07.2016, HRB 215991 (Fall 7; Anl. K 4) bestellte das Amtsgericht - Registergericht München auf Antrag des Klägers die Herrn Ralf B. und Erhard H. neben Herrn Wolfgang Wilhelm R. gemäß § 104 Abs. 1 AktG zu Mitgliedern des Aufsichtsrats der Beklagten. Auf Beschwerde hin änderte das Amtsgericht - Registergericht München seinen Beschluss vom 18.07.2016 im Wege der Teilabhilfe mit Beschluss vom 14.09.2016 dahingehend ab, dass nur Herr Ralf Bake zum Aufsichtsratsmitglied bestellt wurde.

Die Beklagte ließ am 05.08.2016 im Bundesanzeiger die Einladung zu einer außerordentlichen Hauptversammlung aufgrund eines auf § 122 Abs. 1 AktG gestützten Einberufungsverlangens ihrer Aktionärin VCI V. Capital (im Folgenden als VCI bezeichnet), die über 637.290 Aktien an der Beklagten verfügte, veröffentlichen (Anl. K 7). In dem Verlangen der VCI auf Einberufung einer Hauptversammlung der "K. AKTIENGESELLSCHAFT Unternehmensbeteiligungsgesellschaft M." - so die im Bundesanzeiger veröffentlichte Bezeichnung der Beklagten - war als einziger Tagesordnungspunkt die "Beschlussfassung über die Neuwahl von Aufsichtsratsmitgliedern und deren Ersatzmitgliedern" genannt. Die VCI schlug vor, Herrn Gerhard P. sowie Herrn Wolfgang Wilhelm R. mit Wirkung ab Beendigung der Haupt...

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