Entscheidungsstichwort (Thema)

Missachtung der Kompetenzordnung der Gesellschaft als Pflichtverletzung; Einrede der beschränkten Erbenhaftung

 

Normenkette

GmbHG § 43 Abs. 2; HGB §§ 116, 161 Abs. 2, § 163; BGB § 280; ZPO § 780

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Urteil vom 26.06.2013; Aktenzeichen 1 HKO 4672/10)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen Ziffer II. des Urteils des LG Traunstein vom 26.06.2013, Az. 1 HK O 4672/10, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des verstorbenen Thomas S. der Beklagten zum Ersatz sämtlicher über EUR 10.455,00 hinausgehender weiterer Schäden verpflichtet ist, die der S. G. GmbH & Co. KG durch die Vertriebsvereinbarung zwischen der S. G. GmbH & Co. KG und der T. Distribution GmbH vom 28.07.2010 entstanden sind oder noch entstehen werden und der S. G. GmbH & Co. KG von der Beklagten ersetzt werden.

2. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin.

3. Der Klägerin bleibt die beschränkte Erbenhaftung vorbehalten.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I. Die Parteien streiten über Ansprüche aus einem Geschäftsführerdienstverhältnis. Die Klägerin führt als Erbin ihres am 14.12.2015 verstorbenen Ehemannes und früheren Klägers den Rechtsstreit fort.

Der frühere Kläger war Geschäftsführer der Beklagten. Die Beklagte ist die einzige Komplementärin der S. G. (im Folgenden: SGF KG), eines weltweit tätigen Automobilzulieferers. Als Geschäftsführer der Beklagten führte der frühere Kläger auf der Grundlage seines Geschäftsführeranstellungsvertrages mit der Beklagten vom 28.07.2005 die Geschäfte der KG.

Am 18.11.2010 kündigte die Beklagte das Geschäftsführerdienstverhältnis mit dem früheren Kläger aus wichtigem Grund. Die Kündigung war unter anderem darauf gestützt, dass der frühere Kläger am 28.07.2010 ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung der KG für diese mit der T. Distribution GmbH (im Folgenden: T.) eine auf die Dauer von fünf Jahren nicht ordentlich kündbare Vertriebsvereinbarung (Anlage B 3) geschlossen hatte, mit der die SGF KG der T. weltweit das alleinige Vertriebsrecht auf dem sog. "Independent Aftermarket" für alle von ihr hergestellten Produkte für Kraftfahrzeuge einräumte.

Der frühere Kläger, der die fristlose Kündigung für unwirksam hielt, hat die Beklagte auf Zahlung der Vergütungen für die Monate November 2010 bis September 2011 in Höhe von EUR 232.961,74 sowie einer restlichen Tantieme für das Jahr 2009 in Höhe von EUR 10.455 in Anspruch genommen.

Die Beklagte berief sich gegenüber den Vergütungsforderungen auf die fristlose Kündigung. Sie ist der Ansicht, der frühere Kläger habe mit dem Abschluss der Vertriebsvereinbarung pflichtwidrig gehandelt, weil er seine Kompetenzen überschritten habe. Durch den Abschluss der Vereinbarung mit der T. sei der SGF KG ein erheblicher, noch nicht abschließend bezifferbarer Schaden entstanden, weil sie erhebliche Einbußen bei der Gewinnmarge der bislang von ihr selbst vertriebenen Produkte hinnehmen müsse. Der frühere Kläger sei ihr nach § 43 Abs. 2 GmbHG zum Ersatz der Schäden verpflichtet, die ihr dadurch entstanden seien, dass sie ihrerseits der SGF KG die durch die Vertriebsvereinbarung mit T. entstandenen und noch entstehenden Schäden zu ersetzen habe. Die Beklagte hat gegen den Tantiemeanspruch mit einem Schadensersatzanspruch aufgerechnet.

Die Beklagte hat außerdem Widerklage erhoben und in erster Instanz insoweit beantragt:

Es wird festgestellt, dass der Kläger der Beklagten zum Ersatz sämtlicher Schäden verpflichtet ist, die der S. G. GmbH & Co. KG durch die Vertriebsvereinbarung zwischen der S. G. GmbH & Co. KG und der T. Distribution GmbH vom 28.07.2010 entstanden sind und noch entstehen werden.

Der frühere Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Das LG, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben.

Dagegen richtete sich die klägerische Berufung, mit der die erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt wurden (Bl. 288/289, 390, 520 d.A.), insbesondere die Abweisung der Widerklage. Das LG sei zu Unrecht von einer Kompetenzüberschreitung ausgegangen. Die mit dem Abschluss des T.-Vertrages verbundene Änderung habe allein darin bestanden, dass statt drei Vertriebspartnern, nämlich den Firmen H., F. und ZF Trading, für den Bereich des IAM nunmehr ein Vertriebspartner tätig werde. Der Abschluss des Vertrages mit T. sei für die Beklagte bzw. die SGF KG nicht schädigend sondern nützlich gewesen. Auf die Widerklage habe das LG der Beklagten einen Ersatzanspruch für einen Schaden zugesprochen, der nicht...

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