Entscheidungsstichwort (Thema)

Mehrkosten eines Unterbevollmächtigten bei Verhinderung auswärtigen Bevollmächtigten

 

Leitsatz (amtlich)

Ist ein auswärtiger Prozessbevollmächtigter wegen Terminüberschneidungen an der Teilnahme an einem Gerichtstermin gehindert und wird deshalb ein Unterbevollmächtigter tätig, so sind die hierdurch anfallenden Mehrkosten im Regelfall nicht zu erstatten.

 

Normenkette

ZPO § 91; BRAGO § 53

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen HKO 8427/01)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Beschwerdewert beträgt 9.225 DM.

 

Gründe

I. Die in München ansässige Beklagte ließ sich in dem Verfahren vor dem LG München I von einem Berliner Prozessbevollmächtigten vertreten. Einem Antrag ihres Prozessbevollmächtigten um Terminverlegung, da er zur gleichen Zeit einen Termin beim Kammergericht in Berlin habe, kam das LG München I nicht nach. In der mündlichen Verhandlung trat daher ein Unterbevollmächtigter auf. Die Beklagte wendet sich dagegen, dass die Kosten des Unterbevollmächtigen nicht anerkannt wurden.

II. Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Ein Erstattungsanspruch unmittelbar für die Gebühren des Unterbevollmächtigten, die über die Gebühren, die bei Beauftragung nur eines Rechtsanwalts angefallen wären, hinausgehen, besteht nicht. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob man hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Unterbevollmächtigten § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO anwendet (so OLG München JurBüro 1993, 485; OLG Bamberg, JurBüro 1983, 121; Hartmann, Kostengesetze, 29. Aufl., § 53 BRAGO, Rz. 21; Riedl/Sußbauer/Keller, 8. Aufl., § 53 BRAGO Rz. 13, Belz in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 91 ZPO Rz. 95, § 91 Abs. 2 S. 3 BRAGO analog) oder § 91 Abs. 1 ZPO für einschlägig hält (Gerold/Schmidt/von Eicken, 14. Aufl., § 53 BRAGO Rz. 17; Bischof, MDR 2000, 1357 [1358]; Hansens, JurBüro 2001, 290). Hält man § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO für anwendbar, so scheidet ein Erstattungsanspruch für die Kosten, die diejenigen eines einzigen Anwalts übersteigen, nach dem Wortlaut des Gesetzes von vornherein aus. Zieht man § 91 Abs. 1 ZPO heran, so waren die Mehrkosten nicht notwendig im Sinne dieser Bestimmung.

Im vorliegenden Fall sind die durch die Beauftragung des Unterbevollmächtigten angefallenen Mehrkosten darauf zurückzuführen, dass ein auswärtiger Prozessbevollmächtigter beauftragt wurde. Es kann nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass auch ein gerichtsansässiger Prozessbevollmächtigter wegen Terminkollision einen Unterbevollmächtigten hätte einschalten müssen. Dabei ist auch zu beachten, dass in vielen Fällen, in denen ein am Gericht ansässiger Anwalt mehrere Gerichtstermine am gleichen Tag wahrnehmen könnte, ein auswärtiger Anwalt wegen der mit der Reise verbundenen Zeit hierzu nicht in der Lage sein wird (vgl. auch Gerold/Schmidt/von Eicken, 14. Aufl., § 53 BRAGO, Rz. 19; OLG München, Beschl. v. 17.8.2001 – 11 W 2179/01).

Eine Notwendigkeit, einen auswärtigen Prozessbevollmächtigten zu mandatieren, bestand nicht. Die Neufassung von § 78 ZPO hat nach der Rechtsprechung des Senats nichts daran geändert, dass grundsätzlich unter erstattungsrechtlichen Gesichtspunkten ein beim Prozessgericht ansässiger Prozessbevollmächtigter zu beauftragen ist. Das hat zur Folge, dass Reisekosten eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten nicht zu erstatten sind (OLG München v. 6.4.2001 – 11 W 946/01, OLGR München 2001, 247 = MDR 2001, 773 ff.). Dasselbe hat hinsichtlich der durch die Einschaltung eines Unterbevollmächtigten entstehenden Mehrkosten zu gelten (zum alten Recht OLG München JurBüro 1993, 485). Auch hier greift der Gedanke des § 91 Abs. 2 S. 1 HS 2 ZPO ein, dass durch einen auswärtigen Prozessbevollmächtigten dem Gegner nicht zusätzliche Kosten entstehen dürfen, es sei denn es war notwendig, einen auswärtigen Anwalt zu beauftragen. Im vorliegenden Fall ist kein Grund ersichtlich, warum es notwendig war, einen Berliner Prozessbevollmächtigten zu beauftragen.

Was zu gelten hätte, wenn die Beauftragung eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten nötig gewesen wäre, muss im vorliegenden Fall nicht entschieden werden.

Ein Erstattungsanspruch für ersparte sonstige Kosten (etwa Verkehrsanwalts- oder Informationsreisekosten der Partei) scheidet aus, da die Beklagte in München ansässig ist, also ohne zusätzliche Kosten ihren Münchner Prozessbevollmächtigten hätte persönlich informieren können.

III. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

FlorentzDr. RönnebeckDr. Müller-Rabe

Vorsitzende Richterin am OLGRichter am OLG

deg-cs

 

Fundstellen

Haufe-Index 1107997

FamRZ 2002, 1503

NJW-RR 2002, 354

JurBüro 2002, 203

AnwBl 2002, 437

MDR 2002, 174

Rpfleger 2002, 99

AGS 2002, 142

KammerForum 2002, 191

OLGR-MBN 2002, 16

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