Entscheidungsstichwort (Thema)

Dingliches Vorkaufsrecht "für den ersten Verkaufsfall, für den es nach den gesetzlichen Bestimmungen überhaupt ausgeübt werden kann"

 

Normenkette

RPflG § 11 Abs. 1; FamFG § 10 Abs. 2 S. 1; GBO § 18 Abs. 1, §§ 22, 29, 71 Abs. 1, § 73; BGB §§ 133, 471, 1094 Abs. 1, §§ 1097, 1098 Abs. 1 S. 1, § 874

 

Verfahrensgang

AG Laufen (Beschluss vom 15.12.2015)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des AG Laufen - Grundbuchamt - vom 15.12.2015 aufgehoben.

 

Gründe

I. Die Beteiligte ist Eigentümerin von Grundbesitz, den sie im Wege des Zuschlags am 2.2.2005 erworben hatte. Im Zuschlagbeschluss ist als nach dem geringsten Gebot bestehenbleibendes Recht auch das in Abteilung II des Grundbuchs unter lfd. Nr. 5 unter Bezugnahme auf eine Bewilligung vom 12.9.1969 für Matthias H. eingetragene Vorkaufsrecht genannt.

Ziff. V. der in der Eintragung in Bezug genommenen notariellen Urkunde vom 12.9.1969, die zur Erfüllung von Vermächtnissen Vereinbarungen über einen Nachlass enthält, lautet:

... räumen sie hiermit Matthias H. persönlich an den vorgenannten Grundstücken der Gemarkung ..., auf deren Übereignung Matthias H. verzichtet hat, diesem für den ersten Verkaufsfall das dingliche Vorkaufsrecht ein.

Das Vorkaufsrecht gilt jeweils für den ersten Verkaufsfall, für den es nach den gesetzlichen Bestimmungen überhaupt ausgeübt werden kann, erlischt also nicht bereits bei einem Veräußerungsfall, bei dem es nach dem Gesetz nicht ausübbar wäre, z.B. bei Erbauseinandersetzung, Tausch oder Schenkung.

Dieses Vorkaufsrecht ist nicht vererblich und nicht übertragbar.

Im Übrigen gelten für das Vorkaufsrecht die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 1094 ff BGB.

Am 7.12.2015 beantragte die Beteiligte die Löschung des Vorkaufsrechts. Dem ersten Verkauf stehe die Zwangsversteigerung im Februar 2005 gleich. Das Vorkaufsrecht sei im Rahmen der Zwangsversteigerung nicht ausgeübt worden, daher erloschen und aus dem Grundbuch zu löschen.

Mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 15.12.2015 hat das Grundbuchamt beanstandet, dass zur Löschung des Vorkaufsrechts die Bewilligung des Berechtigten erforderlich sei. In der Zwangsversteigerung könne das Vorkaufsrecht nach den gesetzlichen Bestimmungen nämlich nicht ausgeübt werden.

Dagegen hat die Beteiligte am 29.1.2016 Beschwerde eingelegt. Sie ist der Meinung, da das Vorkaufsrecht nur für den ersten Verkaufsfall bestellt gewesen sei, sei es mit Erteilung des Zuschlags hinfällig geworden und untergegangen.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamts (§ 18 Abs. 1 GBO) statthafte und auch im Übrigen zulässig eingelegte Beschwerde (§ 11 Abs. 1 RPflG; § 71 Abs. 1, § 73 GBO; § 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG) hat - jedenfalls vorläufig - Erfolg.

1. Die Zwischenverfügung ist aufzuheben, da die Voraussetzungen für ihren Erlass nicht vorlagen. Das Grundbuchamt nimmt nämlich einen Mangel an, der nicht mit rückwirkender Kraft geheilt werden kann.

Ist der Nachweis der Unrichtigkeit nicht geführt, ist die beantragte Löschung nur aufgrund einer Berichtigungsbewilligung oder einer Löschungsbewilligung möglich. Fehlt eine solche Bewilligung, muss das Grundbuchamt den Antrag sofort zurückweisen (BayObLG FGPrax 1998, 6; Demharter GBO 30. Aufl. § 18 Rn. 32; Wilke in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl. § 18 Rn. 19). Eine Zwischenverfügung ist nicht zulässig, wenn der Mangel des Antrags nicht rückwirkend beseitigt werden kann, da andernfalls die Eintragung einen Rang erhielte, der ihr nicht gebührt (BGH NJW 2014, 1002 Rn. 6; BGHZ 27, 310/313; BayObLGZ 1984, 105/106 f.; Demharter § 18 Rn. 8 m.w.N.).

2. Für das weitere Verfahren ist - insofern nicht bindend - festzuhalten, dass die Löschung des Rechts ohne Bewilligung des Betroffenen nicht infrage kommt.

a) Mit dem Antrag begehrt die Beteiligte die Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 GBO.

Eine Grundbuchberichtigung ist ohne vorgelegte Berichtigungsbewilligung nur möglich, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen ist (§ 22 Abs. 1 Satz 1 GBO). An den Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit sind strenge Anforderungen zu stellen; ein gewisser Grad von Wahrscheinlichkeit genügt nicht. Der Antragsteller muss - in der Form des § 29 GBO - lückenlos ausräumen, was der begehrten berichtigenden Eintragung, hier also der Löschung des eingetragenen Vorkaufsrechts, entgegenstehen könnte. Freilich brauchen ganz entfernt liegende, nur theoretische Möglichkeiten nicht ausgeräumt zu werden (BayObLGZ 1988, 102/107; 1995, 413/416). Keiner Nachweisführung bedarf es dann, wenn sich die materielle Unrichtigkeit aus der Eintragung im Grundbuch selbst - einschließlich zulässiger Bezugnahmen (vgl. § 874 BGB) - ergibt. Auch was offenkundig ist, braucht nicht bewiesen zu werden (vgl. Demharter § 22 Rn. 37; Hügel/Holzer GBO 3. Aufl. § 22 Rn. 59, 61).

Nach diesen Maßstäben ist die Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht nachgewiesen. Denn aus dem Inhalt des Grundbuchs und der in Bezug genommenen Bewilligungsurkunde ergibt sich nicht, dass...

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