Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerlegung der Abhängigkeitsvermutung; keine Rechtsbeschwerde im Freigabeverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Widerlegung der Vermutung nach § 17 Abs. 2 AktG, dass ein in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen von dem an ihm mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig ist.

2. Im sog. Freigabeverfahren nach § 327e Abs. 2 AktG i.V.m. § 319 Abs. 5 und 6 AktG ist die Rechtsbeschwerde gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht statthaft.

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 12.02.2004; Aktenzeichen 5 HKO 13528/03)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des LG München I vom 12.2.2004 aufgehoben und der Antrag zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens mit Ausnahme der gerichtlichen Kosten für das Beschwerdeverfahren 7 U 2518/03; diese werden gem. Senatsbeschluss vom 4.12.2003 nicht erhoben.

III. Der Streitwert wird für beide Instanzen des Antragsverfahrens auf 500.000 Euro (fünfhunderttausend) festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Hauptversammlung der Antragstellerin hat am 21.5.2003 zu Tagesordnungspunkt 6 den Ausschluss der Minderheitsaktionäre durch Übertragung von deren Aktien auf die Y. GmbH & Co. Holding KG, München, als Hauptaktionär gegen Barabfindung beschlossen. Der Antragsgegner ist Minderheitsaktionär der Antragstellerin und hat hiergegen am 20.6.2003 Anfechtungsklage zum LG München I erhoben. Über sie ist bisher nicht rechtskräftig entschieden worden. Mit ihrem Antrag vom 22.7.2003 begehrt die Antragstellerin jetzt die Feststellung, dass diese Anfechtungsklage der Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister nicht entgegensteht. Einen entsprechenden Beschluss des LG München I vom 9.10.2003 hat der Senat auf Beschwerde des Antragsgegners am 4.12.2003 unter dem Aktenzeichen 7 W 2518/03 wegen Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung aufgehoben und die Sache an das LG zurückverwiesen; gleichzeitig hat er bestimmt, dass für jenes Beschwerdeverfahren keine Gerichtkosten erhoben werden (veröffentlicht in OLG München v. 4.12.2003 - 7 W 2518/03, AG 2004, 217 = ZIP 2004, 237). Nach mündlicher Verhandlung vom 8.1.2004 hat das LG dem Antrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 12.2.2004 erneut stattgegeben. Die Anfechtungsklage des Antragsgegners sei offensichtlich unbegründet. Die Y. GmbH & Co. Holding KG habe am 21.5.2003 Aktien i.H.v. 13,9 % des Grundkapitals der Antragstellerin selbst gehalten sowie über die Z. Stiftung & Co. Holding KG und deren 100 %-iger Tochtergesellschaft B. Beteiligungs- und Verwaltungs-GmbH über Aktien i.H.v. weiteren 2,44 % und 83,24 % verfügt, so dass der Y. GmbH & Co. Holding KG zu jenem Zeitpunkt über mehr als 95 % des Grundkapitals der Antragstellerin i.S.d. § 327 a AktG gehört hätten. Die Y. GmbH & Co. Holding KG habe damals mit ihrem Anteil von 75,1 % am Festkapital und dem daraus nach dem Gesellschaftsvertrag folgenden Weisungsrecht die Z. Stiftung & Co. Holding KG beherrscht. Ferner seien Mängel in der Beschlussfassung der Hauptversammlung der Antragstellerin genauso wenig ersichtlich wie eine Unvereinbarkeit der §§ 327a ff. AktG mit dem Schutz des Eigentums nach Art. 14 GG.

Mit seiner sofortigen Beschwerde vom 26.2.2004 wendet sich der Antragsgegner gegen diese erneute Freigabe der Eintragung. Er macht geltend, dass dem Hauptaktionär der Antragstellerin nicht Aktien i.H.v. 95 % des Grundkapitals gehörten oder nach § 16 Abs. 2 und 4 AktG zuzurechnen seien. Zudem hält er die Vorschriften der §§ 327a ff. AktG für verfassungswidrig.

II. Auch dieses Rechtsmittel des Antragsgegners, das gem. § 567 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 327e Abs. 2 und § 319 Abs. 6 S. 5 AktG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden ist, hat in der Sache Erfolg. Anders als das LG meint, liegen die Voraussetzungen dafür, den Beschluss der Hauptversammlung der Antragstellerin vom 21.5.2003 zu Tagesordnungspunkt 6 in das Handelsregister schon vor einer rechtskräftigen Entscheidung über die Anfechtungsklage des Antragsgegners einzutragen, nach § 327e Abs. 2 AktG und § 319 Abs. 5 S. 1 und Abs. 6 S. 1 und 2 AktG nicht vor. Diese Klage ist nicht offensichtlich unbegründet. Der Antrag der Beschwerdegegnerin war daher unter Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung zurückzuweisen.

1. Ein Hauptaktionär kann gem. den mit Art. 7 des Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen vom 20.12.2001 (BGBl. I, 3822 [3838 f.]) eingeführten §§ 327 a ff. AktG auf sein Verlangen hin Minderheitsaktionäre durch einen Beschluss der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft über die Übertragung von deren Aktien auf ihn gegen Barabfindung ausschließen, wenn ihm Aktien der Gesellschaft i.H.v. 95 vom Hundert des Grundkapitals gehören. Ob das der Fall ist, ist gem. § 327 a Abs. 2 AktG nach § 16 Abs. 2 und 4 AktG festzustellen. Daher sind zunächst nach § 16 Abs. 2 S. 1 AktG die im Eigentum des Hauptaktionärs selbst stehenden Aktien anzusetzen und sodann nach § ...

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