Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtliche Qualifikation des Rechtsinstituts der Morgengabe nach iranischem Recht

 

Normenkette

Iran. ZGB Art. 1078; Iran. ZGB Art. 1082; Iran. ZGB Art. 1087; Iran. ZGB Art. 1147; EGBGB Art. 14, 6; BGB § 245

 

Verfahrensgang

AG Köln (Urteil vom 14.06.2005; Aktenzeichen 310 F 364/04)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das Urteil des AG - FamG - Köln vom 14.6.2005 (310 F 367/04) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 600 Goldmünzen Bahar Azadi zu Eigentum zu übergeben.

II. Die Kosten beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien heirateten am 15.8.1999 als iranische Staatsbürger in M/Iran. Der erste Ehemann der Klägerin war am 23.2.1998 verstorben. Aus dieser Ehe hat die Klägerin zwei Kinder, geboren 1984 und 1987. Unmittelbar vor der Eheschließung mit der Klägerin verpflichtete sich der Beklagte in einem notariellen Ehevertrag u.a. zur Zahlung einer Morgengabe von 1.200 Goldmünzen Bahar Azadi.

Am 17.2.2004 stellte der Beklagte einen Antrag auf Scheidung der Ehe unter Berufung auf sein Recht auf eine talaq-Scheidung gem. Art. 1133 iranisches ZGB (Bl. 1 ff. BA). Am 4.5.2004 stellte die Klägerin ebenfalls einen Scheidungsantrag (Bl. 12 d. BA).

Durch Urteil vom 2.8.2005 (Bl. 43 ff. d. BA) hat das AG die Ehe der Parteien geschieden und einen Versorgungsausgleich nach Art. 17 Abs. 2 EGBGB durchgeführt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte könne eine talaq-Scheidung verlangen. Diese widerspreche nicht dem ordre public, weil der Scheidungsantrag auch nach deutschem Recht begründet sei. Das Scheidungsurteil ist rechtskräftig, weil beide Parteien auf Rechtsmittel und Anschlussrechtsmittel verzichtet hatten.

Mit ihrer zunächst als Verbundsache erhobenen Klage hat die Klägerin Zahlung einer Morgengabe begehrt.

Das AG hat die Klage durch das angefochtene Urteil abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Morgengabe sei wegen ihrer Nähe zum Unterhaltsrecht wie eine Unterhaltsvereinbarung auszulegen. Der Anspruch der Klägerin bestehe nicht, weil diese nicht unterhaltsbedürftig und der Beklagte nicht leistungsfähig sei. Ein Anspruch der Klägerin unabhängig von ihrer Unterhaltsbedürftigkeit scheitere am ordre public. Es könne daher dahinstehen, ob die Klägerin nachträglich wirksam auf die Morgengabe verzichtet habe.

Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag weiter verfolgt.

Sie ist der Auffassung, die Vereinbarung der Morgengabe sei nicht als Unterhaltsvereinbarung anzusehen. Dies ergäbe sich eindeutig aus dem Wortlaut der Urkunde.

Die Klägerin beantragt nunmehr, unter Abänderung des Urteils des AG - FamG - Köln (310 F 367/04) vom 14.6.2005 den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.200 Goldmünzen Bahar Azadi zu Eigentum zu übergeben.

Der Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und beruft sich auf seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien zu den Akten gereichten Schriftsätzen nebst Anlagen ergänzend verwiesen.

Die Akten AG Köln 310 F 158/04 und Staatsanwaltschaft Köln 89 Js 1238/03 lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II. Das zulässige Rechtsmittel hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist gegeben. Sie richtet sich in Ehesachen mit iranischer Beteiligung mangels Anwendbarkeit der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 des Rates vom 29.5.2000 (EheGVO) ausschließlich nach deutschem Zivilprozessrecht. Gemäß § 606a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO sind die deutschen Gerichte zuständig, wenn beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, ohne dass es darauf ankommt, ob in der Sache nach deutschem oder ausländischem Recht zu entscheiden ist.

2. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf die Hälfte der Morgengabe gem. Art. 1078 ff. des iranischen Zivilgesetzbuches (im Folgenden: iran. ZGB) in Verbindung mit dem Heiratsvertrag vom 15.8.1999.

a) Die Verpflichtung des Beklagten zur Leistung der Morgengabe beurteilt sich im vorliegenden Fall nach iranischem Recht.

Dabei werden gem. Art. 3 Abs. 2 EGBGB die Kollisionsnormen des EGBGB nicht durch die vorrangige Regelung des deutsch-iranischen Niederlassungsabkommens (NAbk) zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien vom 17.2.1929 (RGBl. 1930 II 1002, 1006), die nach dem deutsch-iranischen Protokoll vom 4.11.1954 (BGBl. 1955 II 829) auch zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Iran gilt, verdrängt. Denn das Abkommen ist nur auf solche Fälle anwendbar, in denen alle Beteiligten ausschließlich die gleiche Staatsangehörigkeit besitzen (KG FamRZ 1998, 296; Schotten FamRZ 1995, 264 [265]). Seit 2002 hat der Beklagte jedoch die deutsche Staatsangehörigke...

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