Leitsatz (amtlich)

1. Entfaltet der Kreditvermittler aufgrund des ihm erteilten Vermittlungsauftrages eine umfassende eigenständige Betreuungstätigkeit für seine Auftraggeber, die aufgrund ihrer persönlichen Kreditunwürdigkeit auf Kreditgeber angewiesen sind, welche sich auf Risikofinanzierungen spezialisiert haben, so sind die Vermittlungskosten trotz enger Zusammenarbeit von Kreditvermittler und Spezialbank nicht in die vertragliche Effektivzinsberechnung einzubeziehen.

2. Auf die Kreditlaufzeit entfallende, bei der Lebensversicherungsgesellschaft verzinslich zu hinterlegende und jeweils bei Fälligkeit abzubuchende Prämien einer als Kreditsicherheit dienenden Kapitallebensversicherung sind nicht in die vertragliche Effektivzinsberechnung einzubeziehen.

3. Beim Vergleich zwischen effektivem Vertragszins und marktüblichem Vergleichszins muss bei Schuldnern, die von den allgemeinen Banken als nicht mehr kreditwürdig angesehen werden, auch das besondere Rückzahlungsrisiko mit berücksichtigt werden.

 

Normenkette

BGB §§ 138, 607

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 29 O 62/98)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 29. Zivilkammer des LG Köln vom 26.11.1998 – 29 O 62/98 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteil gegen sie vollstreckbaren Kostenbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheiten können auch durch die Prozessbürgschaft eines in der EU als Zoll- oder Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.

 

Tatbestand

Die Klägerin, Eigentümerin des Grundstücks H. 13 in G., wendet sich gegen die Zwangsvollstreckung der Beklagten – ehemals R.-W.-Kreditbank AG (RKB) – aus einer notariellen Grundschuldbestellungsurkunde vom 23.9.1994 (über 300.000 DM nebst 18 % Jahreszinsen) und begehrt die Feststellung der Nichtigkeit des zu Grunde liegenden Darlehensvertrages gleichen Datums (über 324.000 DM mit einem variablen Nominalzins von 12 % und einer Bearbeitungsgebühr von 12.000 DM). Die Klägerin macht geltend, der Darlehensvertrag vom 23.9.1994 sei wegen Wuchers (§ 138 Abs. 2 BGB) und Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB) nichtig; diese Nichtigkeit umfasse auch die Grundschuldbestellung.

Mit Urt. v. 26.11.1998 hat das LG der Klage, die Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld für unzulässig zu erklären und die Nichtigkeit des Darlehensvertrages festzustellen, stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten wurde zurückgewiesen (OLG Köln, Urt. v. 8.6.1999 – 15 U 159/98, OLGReport Köln 2000, 12). Die Revision der Beklagten, mit der diese ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt hat, führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (BGH, Urt. v. 20.6.2000 – XI ZR 237/99, MDR 2000, 1259). Wegen des zu Grunde liegenden Sachverhalts und seiner unterschiedlichen rechtlichen Beurteilung wird auf die genannten Urteile verwiesen. Aus dem erneuten Berufungsverfahren ist zum aktuellen Sach- und Streitstand ergänzend festzuhalten:

Im Zwangsversteigerungsverfahren 9 K 36/96 AG Gotha hat der vom Gericht mit der Verkehrswertermittlung beauftragte Sachverständige F. in seinem Gutachten vom 18./23.10.1996 (Bl. 344 ff. GA) den Verkehrswert des Grundstücks in G. zum Stichtag 24.9.1996 auf 800.000 DM eingeschätzt. Dem entspricht die vom LG Erfurt mit Beschluss vom 8.7.1999 (2a T 41/99) bestätigte Wertfestsetzung des AG Gotha vom 13.10.1997 gem. § 74a Abs. 5 ZVG (Bl. 203 ff./417 ff. BA). Ein von der Klägerin in Auftrag gegebenes Bewertungsgutachten des Dipl.-Ing. H.-J. L. vom 28.11.1996 kommt zum Stichtag 27.11.1996 auf einen Verkehrswert von 1.045000 DM (Bl. 371 ff. GA).

In einer von der Klägerin im erneuten Berufungsverfahren vorgelegten Auskunft der Schufa N. vom 15.2.1995 ist gegen diese unter dem 27.1.1993, 1.9.1993 und 3.2.1994 ein Haftbefehl verzeichnet. Der Ehemann der Klägerin hatte die eidesstattliche Versicherung der Vermögenslosigkeit abgegeben. Aufgrund eines Anschreibens der H. D. Leasing- und Vermietungsgesellschaft mbH vom 11.2.1994 (Bl. 402 GA) anlässlich des Zwangsversteigerungsverfahrens hinsichtlich eines Grundstücks der Klägerin in L. kam es zu ersten Kontakten der Klägerin mit Herrn H. D., der seinerzeit geschäftsführender Alleingesellschafter sowohl dieser GmbH (im Folgenden: Leasing-GmbH), die selbst Kredite vergab, als auch der H. D. Gesellschaft für Finanzierungs- und Immobilienvermittlung mbH (im Folgenden: Finanzierungsvermittlungs-GmbH) war. Nachdem zunächst – alternativ – eine Kreditgewährung durch die Leasing-GmbH im Gespräch war, kam es in der Folgezeit auf der Grundlage eines der Finanzierungsvermittlungs-GmbH erteilten Kreditvermittlungsauftrags der Eheleute F. zu dem Darlehensvertrag vom 23.9.1994 mit der R., ferner im Zeitraum 1994/95 zu drei weiteren Finanzierungen – ebenfal...

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