Leitsatz (amtlich)

Ist dem von den Mitgliedern einer Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragten Prozessbevollmächtigten eine nach Nr. 1008 RVG-VV erhöhte Verfahrensgebühr erwachsen, so ist diese Gebühr trotz der zwischenzeitlich erfolgten Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft durch den BGH (BGH, Beschl. v. 2.6.2005 - V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = BGHReport 2005, 1090 m. Anm. Jennißen = NJW 2005, 2061) gem. § 91 Abs. 1 ZPO jedenfalls dann erstattungsfähig, wenn die Klage vor dem Zeitpunkt der Verkündung der vorgenannten Entscheidung erhoben worden ist.

 

Normenkette

RVG-VV Nr. 1008; BRAGO § 6 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 19.05.2005; Aktenzeichen 20 O 361/04)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde wird der angefochtene Beschluss wie folgt abgeändert:

Auf Grund des Urteils des LG Köln vom 19.1.2005 sind von den Klägern an Kosten 266,48 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 5.4.2005 an die Beklagte zu erstatten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.

Streitwert des Beschwerdeverfahrens: 260,42 EUR.

 

Gründe

I. Die Kläger, Mitglieder der aus mehr als 150 Eigentümern bestehenden Eigentümergemeinschaft H-Straße 25-35, haben mit der am 29.7.2004 bei Gericht eingegangenen Widerspruchsklage gem. § 868 ZPO die Abänderung des in einem Zwangsversteigerungsverfahren erlassenen Teilungsplans begehrt. Mit Urt. v. 19.1.2005 hat das LG der Klage lediglich teilweise stattgegeben; die Kosten des Rechtsstreits hat es zu ¾ der "Klägerin" und zu ¼ der Beklagten auferlegt. Im Rahmen der Kostenausgleichung hat der Rechtspfleger die von der "Klägerin" an die Beklagte zu erstattenden Kosten mit Beschl. v. 19.5.2005 auf 526,90 EUR nebst Zinsen festgesetzt. Unberücksichtigt hat er insoweit die von den Klägern angemeldete Erhöhungsgebühr für Nr. 3100 RVG-VV (Nr. 1008 RVG-VV) i.H.v. 1.041,68 EUR brutto gelassen, da nur ein Auftraggeber, nämlich die Eigentümergemeinschaft, vorhanden sei. Bei dieser handele es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die nach der neuen Rechtsprechung des BGH partei- und rechtsfähig sei. Gegen diesen Beschluss haben die Kläger mit Schriftsatz vom 1.6.2005 "Erinnerung" eingelegt, soweit die Erhöhungsgebühr nicht berücksichtigt worden ist.

II. Die nach § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde (als solche war die Erinnerung auszulegen) hat in der Sache Erfolg.

Zugunsten der Kläger war - über die bereits bei der Kostenausgleichung berücksichtigten Kosten hinaus - die von diesen angemeldete Mehrvertretungsgebühr nach Nr. 1008 RVG-VV i.H.v. 1.041,68 EUR brutto in die Kostenausgleichung mit einzubeziehen, da dem Prozessbevollmächtigten der Kläger eine solche Gebühr erwachsen und diese Gebühr auch erstattungsfähig ist.

Partei des vorliegenden Rechtsstreits ist nicht die Eigentümergemeinschaft selbst, vielmehr sind es die Mitglieder der Eigentümergemeinschaft, die als Kläger aufgetreten sind. Dies ergibt eine Auslegung der Klageschrift. Dort ist zwar eingangs von der Widerspruchsklage der Eigentümergemeinschaft die Rede, da eine Wohnungseigentümergemeinschaft aber nach der im Zeitpunkt der Klageerhebung ganz herrschenden Auffassung nicht rechts- und parteifähig war (vgl. nur BGH v. 23.9.1999 - V ZB 17/99, BGHZ 142, 294 = MDR 2000, 21 m. Anm. Riecke = NJW 1999, 3713 f.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 50 Rz. 27 - entgegen der Ansicht des Rechtspflegers handelt es sich bei der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts), muss dies dahingehend ausgelegt werden, dass in der Klageschrift nur aus Vereinfachungsgründen die Kurzbezeichnung "Eigentümergemeinschaft ..., vertreten durch die WEG-Verwalterin ..." (zur Zulässigkeit einer derartigen Kurzbezeichnung, vgl. Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 50 Rz. 27) gewählt wurde und die Kläger nicht einzeln aufgeführt wurden. Bestätigt wird diese Auslegung auch dadurch, dass im weitere Verlauf der Klageschrift stets von den Klägern die Rede ist.

Die Voraussetzungen für eine Erhöhung der Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 RVG-VV sind gegeben.

Der Rechtsverfolgung der Kläger liegt - wovon der Rechtspfleger zutreffend ausgeht - derselbe Gegenstand i.S.d. Gebührentatbestands zugrunde, denn bei dem mit der Klage verfolgten Anspruch handelt es sich um einen einheitlichen gemeinschaftsbezogenen Anspruch. Auch besteht - wie oben dargelegt - eine Mehrheit von Auftraggebern, denn Auftraggeber sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft.

Die Erhöhung der dem Prozessbevollmächtigten der Kläger erwachsenen Verfahrensgebühr ist auch gemäss § 91 Abs. 1 ZPO erstattungsfähig.

Zwar ist die Wohnungseigentümergemeinschaft nach der jüngsten Rechtsprechung des BGH (BGH, Beschl. v. 2.6.2005 - V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = BGHReport 2005, 1090 m. Anm. Jennißen = NJW 2005, 2061) teilrechtsfähig, so dass die Wohnungseigentümergemeinschaft - rückwirkend betrachtet - im vorliegenden Fall selbst den ...

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