Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwerberhaftung beim Fehlen eines Wirtschaftsplans

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Wirtschaftsplan, den der teilende Wohnungseigentümer im Wege eines "Ein-Mann-Beschlusses" vor Eintragung einer Auflassungsvormerkung und vor Besitzübergang auf einen Erwerber verabschiedet, ist nach Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht geeignet, Wohngeldforderungen zu begründen.

2. Das Gleiche gilt für einen Beschluss, mit dem die Eigentümergemeinschaft nur mit einem Endbetrag bezeichnete "Gesamtkosten" eines Abrechnungsjahres und noch vorzulegende Einzelabrechnungen genehmigt.

3. Wird wegen Fehlens eines wirksamen Wirtschaftsplans erst mit dem Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung eine Beitragsschuld gegen die einzelnen Wohnungseigentümer begründet, haftet ein zwischenzeitlich im Grundbuch eingetragener Erwerber bei Bestandskraft dieses Beschlusses für die gesamten in dem betreffenden Jahr entstandenen Kosten, auch wenn er seinerzeit weder im Grundbuch eingetragen war noch Nutzungen aus dem Objekt gezogen hatte. Einer etwaigen rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme des Erwerbers kann nur durch eine Anfechtungsklage begegnet werden.

 

Normenkette

WEG n.F. § 46 Abs. 2; WEG § 4 S. 2, § 23 Abs. 1, § 28 Abs. 1, 3, § 43 Nr. 4, § 46

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 07.05.2007; Aktenzeichen 29 T 140/06)

AG Köln (Beschluss vom 10.04.2006; Aktenzeichen 204 II 357/04)

 

Tenor

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin werden die Beschlüsse des AG Köln vom 10.4.2006 - 204 II 357/04 - und des LG Köln vom 7.5.2007 - 29 T 140/06 - abgeändert.

Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin - für die Wohnungseigentümergemeinschaft O-Straße 17a-c, 19 und T-Straße 16-20, L. -11.331,39 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.12.2002 zu zahlen.

Der Antragsgegner hat die in allen Instanzen entstandenen Gerichtskosten zu tragen.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 11.331,39 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin ist Verwalterin der im Rubrum bezeichneten Wohnungseigentumsanlage. Nach deren Teilungserklärung verliert der jeweils für ein Jahr aufzustellende Wirtschaftsplan seine Gültigkeit mit der Beschlussfassung über den neuen Plan. Teilende Eigentümerin der Anlage war die Fa. T & Partner. Am 14.12.1998 hielt sie - seinerzeit noch als alleinige Eigentümerin - eine Eigentümerversammlung ab und beschloss den Wirtschaftsplan für 1999. Am 28.12.1999 wurde sodann eine Auflassungsvormerkung zugunsten eines Erwerbers eingetragen. Ca. 1 Jahr später, nämlich am 2.12.1999 erfolgte sodann die erste Eintragung eines Erwerbers als Eigentümer im Grundbuch.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 6.12.2001 erwarb der Antragsgegner von der teilenden Eigentümerin das aus mehreren Teileigentumseinheiten bestehende "Bürohaus" und 4 Tiefgaragenstellplätze. Der Besitzübergang auf den Erwerber war für den 15.12.2001 vorgesehen. Für diese Einheiten hatte die teilende Eigentümerin im Jahre 2000 selbst keinerlei Kostenbeiträge erbracht, also auch die von ihr am 14.12.1998 beschlossenen Wohngeldvorschüsse nicht geleistet. In der Eigentümerversammlung vom 15.3.2002 beschloss die Wohnungseigentümergemeinschaft für die Jahresabrechnung 2000 Folgendes:

a) Die Gesamtkosten von 606.305,27 EUR werden genehmigt.

b) Die Verteilung dieser Kosten auf die einzelnen Einheiten gemäß der Teilungserklärung wird genehmigt.

c) Die daraus resultierenden Einzelrechnungen werden vorbehaltlich der inhaltlich richtigen und arithmetisch korrekten Verteilung genehmigt.

d) Die entsprechende Abrechnung wird innerhalb von 3 Wochen vorgelegt.

Am 2.4.2002 wurde der Antragsgegner als Eigentümer des "Bürohauses" und der Einstellplätze im Grundbuch eingetragen. Danach, nämlich in der Eigentümerversammlung vom 28.11.2002 entschied die Gemeinschaft erneut über die Jahresabrechnung 2000, und zwar genehmigte sie mit bestandskräftigem Beschluss zu TOP 6b die Gesamt- und Einzelabrechnungen.

Die Antragstellerin macht in Prozessstandschaft für die Wohnungseigentümergemeinschaft den sich aus dem Beschluss zu TOP 6b vom 28.11.2002 für den Antragsgegner ergebenden Nachzahlungsbetrag von 11.331,49 EUR geltend. Sie hat gemeint, erst durch den Beschluss vom 28.11.2002 sei eine wirksame Beschlussfassung über die Jahresabrechnung 2000 erfolgt. Der Antragsgegner habe für den gesamten Betrag einzustehen, da die Voreigentümerin keine Vorauszahlungen geleistet habe und im Hinblick darauf, dass sie als Alleineigentümerin nicht wirksam einen Wirtschaftsplan habe beschließen können, auch nicht hierzu verpflichtet gewesen sei.

Demgegenüber hat der Antragsgegner gemeint, dass er nicht für Wohngeldforderungen aus dem Jahr 2000 hafte, da er in diesem Jahr weder Eigentümer, noch Nutzungsberechtigter des Objekts gewesen sei. Selbst wenn auf die Beschlussfassung über die Jahresabrechnung abzustellen sei, sei diejenige vom 15.3.2002 und nicht ledigli...

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