Entscheidungsstichwort (Thema)

Befreiung einzelner Eigentümer von Gemeinschaftskosten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Einzelne Eigentümer von der Verpflichtung, sich an bestimmten gemeinschaftlichen Kosten zu beteiligen, ganz zu befreien, widerspricht auch dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn ihnen diese Aufwendungen nur in geringem Maße zu Gute kommen und sie andere Gemeinschaftskosten, weil sie allein davon profitieren, allein tragen.

2. Bei großen Wohnungseigentümergemeinschaften, deren Mitglieder über die gesamte Bundesrepublik verstreut wohnen, widerspricht es nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, die Jahreseigentümerversammlung auf nachmittags 15 Uhr einzuberufen.

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 09.07.2004; Aktenzeichen 29 T 131/02)

 

Tenor

Auf die weitere sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluss der 29. Zivilkammer des LG Köln vom 9.7.2004 - 29 T 131/02 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels der Beschluss des AG Köln vom 8.5.2002 dahingehend abgeändert, dass der Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 17.12.2001 zu TOP 6 für ungültig erklärt wird.

Die weiter gehende Rechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten aller Instanzen tragen die Beteiligten zu 1) und 2) zu je 50 %.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

 

Gründe

Die weitere sofortige Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg.

Die Begründung der Vorinstanzen, dass die Versammlung der Wohnungseigentümer vom 17.12.2001 zur Unzeit stattgefunden habe und schon deshalb die Beschlüsse der Wohnungseigentümer nicht wirksam seien, ist rechtsfehlerhaft. In der Sache ist nur der Beschluss zu TOP 6 für ungültig zu erklären; die Beschlussfassung zu TOP 3 ist nicht zu beanstanden.

Der Senat ist der Rechtsauffassung, dass im vorliegenden Fall der Versammlungsbeginn um 15.00 Uhr an einem Werktag zur Beschlussanfechtung nicht berechtigt.

Das WEG enthält keine ausdrückliche Regelung darüber, um welche Uhrzeit eine Versammlung der Wohnungseigentümer stattfinden soll. Die Frage ist deshalb nach den Regeln des § 21 WEG über die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu beantworten. Da hier weder eine Vereinbarung noch ein Eigentümerbeschluss vorliegen, kann gem. § 21 Abs. 4 WEG jeder Wohnungseigentümer eine Handhabung verlangen, die dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entspricht. Insoweit steht die Zeit der Eigentümerversammlung im pflichtgemäßen - gerichtlich nachprüfbaren - Ermessen der für die Einberufung zuständigen Person, die eine Abwägung der Belange aller Wohnungseigentümer vorzunehmen hat. Die Zeit muss verkehrsüblich und zumutbar sein, um allen Wohnungseigentümern die Teilnahme zu ermöglichen und nicht zu erschweren, wobei auch auf die Bedürfnisse Berufstätiger, Versammlungen möglichst außerhalb der üblichen Dienstzeiten anzusetzen, Rücksicht zu nehmen ist. Diese Grundsätze hat die Verwalterin bei Anberaumung der Versammlung vom 17.12.2001 nicht verletzt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich vorliegend um eine große Eigentümergemeinschaft mit mehr als 500 Wohnungseigentümern handelt, die überwiegend nicht in Köln leben und zum Teil weite Anfahrtswege haben, z.B. aus München oder Berlin anreisen müssen. Die Tagesordnung zur Versammlung enthielt 13 Tagesordnungspunkte und laut Protokoll endete die Versammlung um 20.00 Uhr, das heißt, sie dauerte 5 Stunden. Ein außerhalb der üblichen Dienstzeiten liegender späterer Versammlungsbeginn - ab 18.00 Uhr - hätte zur Folge gehabt, dass die Versammlung erst am späten Abend um 23.00 Uhr ihr Ende gefunden hätte. Die weit entfernt wohnenden Teilnehmer hätten auch bei Wahrnehmung eines Versammlungsbeginns um 18.00 Uhr innerhalb der üblichen Dienstzeiten anreisen müssen, wären darüber hinaus aber gezwungen gewesen, entweder - soweit überhaupt möglich - zur Nachtzeit die Rückreise anzutreten oder die Nacht in Köln zu verbringen. Berufstätige Teilnehmer hätten am Tag darauf völlig übermüdet ihre Arbeit aufnehmen oder aber einen weiteren Urlaubstag für die Rückreise am darauffolgenden Tag "opfern" müssen. Hinzu kommt, dass in der Vergangenheit - bis zur Versammlung vom 17.12.2001 - die Eigentümerversammlungen immer an einem Nachmittag in der Woche stattgefunden haben und die Antragstellerin den Vortrag der Antragsgegner, dass es deswegen bisher noch nie Beanstandungen gegeben habe, nicht erheblich bestritten hat. Die Entscheidung der Verwalterin, auch die Versammlung vom 17.12.2001 wieder an einem Werktag auf 15.00 Uhr anzuberaumen, war deshalb nicht ermessenfehlerhaft.

Da die Sache entscheidungsreif ist, bedurfte es einer Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und der Zurückverweisung an das LG nicht, der Senat war vielmehr selbst in der Lage, die angefochtenen Beschlüsse auf ihre materielle Richtigkeit zu überprüfen.

In der Sache ist die Beschlussfassung der Wohnungseigentümer zu TOP 3 (Wohngeldabrechnung 2000) nicht zu bea...

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