Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe in Insolvenzverfahren

 

Normenkette

ZPO § 116 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Beschluss vom 08.08.2005; Aktenzeichen 11 HK.O 55/04)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Vorsitzenden der 11. Zivilkammer - 1. Kammer für Handelssachen - des LG Mainz vom 8.8.2005 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Das LG hat es zu Recht abgelehnt, dem Antragsteller die nachgesuchte Prozesskostenhilfe zu bewilligen, weil den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen (§ 116 Ziff. 1 ZPO).

Das Vorbringen der Beschwerde rechtfertigt keine andere Beurteilung.

I. Bei der Prüfung der Frage, wer am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligter ist und wem es zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen, geht der Senat von folgenden Grundsätzen aus:

1. Wirtschaftlich Beteiligte sind im Grundsatz all diejenigen, die bei einem erfolgreichen Abschluss des Rechtsstreits wenigstens mit einer teilweisen Befriedigung ihrer Ansprüche aus der Insolvenzmasse rechnen können (BGH v. 27.9.1990 - IX ZR 250/89, MDR 1991, 334 = NJW 1991, 40 [41]; MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 116 Rz. 17; Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 116 Rz. 7, jeweils m.w.N.). Als wirtschaftlich Beteiligte kommen sowohl Insolvenz- als auch Massekostengläubiger und sonstige Massegläubiger in Betracht (OLG Köln NZI 2000, 540; Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 80 Rz. 79, jeweils m.w.N.), weil im Rahmen des § 116 ZPO allein ein wirtschaftlicher Maßstab zugrunde gelegt wird. Wegen des Wegfalls der bisher in § 61 KO festgelegten Rangordnung für Ansprüche im neuen Recht der Insolvenzordnung betrifft ein etwaiger Prozesserfolg des Verwalters alle Gläubiger gleichermaßen. Damit sind auch Absonderungsberechtigte wirtschaftliche Beteiligte i.S.v. § 116 Ziff. 1 ZPO. Sie sind Insolvenzgläubiger, soweit ihnen der Schuldner auch persönlich haftet, §§ 52, 38 InsO. Bei ihnen besteht die Besonderheit, dass sie eine quotenmäßige Befriedigung im Rahmen einer Abschlags- oder Schlussverteilung nur erhalten, soweit sie auf die abgesonderte Befriedigung verzichtet haben oder bei ihr ausgefallen sind, §§ 190, 189 InsO. Dies hat zur Folge, dass ggf. bis kurz vor Abschluss des Insolvenzverfahrens nicht feststeht, ob und in welcher Höhe sie Befriedigung aus der Insolvenzmasse erlangen. Keine wirtschaftlich Beteiligten sind hingegen die Gläubiger, deren Forderung der Insolvenzverwalter bestritten hat, weil sie auch bei einem erfolgreichen Abschluss des Rechtsstreits nicht mit einer teilweisen Befriedigung rechnen können (OLG Karlsruhe JurBüro 1999, 476 f.; OLG Naumburg v. 2.2.1994 - 7 W 1/94, ZIP 1994, 383 f.; MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 116 Rz. 17; Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 116 Rz. 7).

2. Zuzumuten sind Prozesskostenvorschüsse solchen leistungsfähigen Beteiligten, deren zu erwartender Nutzen bei vernünftiger, auch das eigene Interesse der Parteien berücksichtigender Betrachtungsweise bei einem Erfolg der Rechtsverfolgung voraussichtlich deutlich größer sein wird (BGH v. 27.9.1990 - IX ZR 250/89, MDR 1991, 334 = NJW 1991, 40 [41]; OLG Naumburg v. 2.2.1994 - 7 W 1/94, ZIP 1994, 383 f.). Dies ist aus der Sicht eines unbeteiligten vernünftigen Dritten (also des Gerichts) zu beurteilen (Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 116 Rz. 11), Die Rechtsprechung ist dazu übergegangen, den unbestimmten Begriff der Zumutbarkeit zu konkretisieren und dazu im Einzelfall auf das Verhältnis des Prozesskostenaufwands zu der durch die Prozessfinanzierung für den Gläubiger zu erwartende Quotenverbesserung abzustellen (BGH NJW 1998, 1715).

Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass eine Vorschusszahlung dann zumutbar ist, wenn ein Gläubiger im Falle des Obsiegens mit einer nicht nur geringfügigen Quotenverbesserung rechnen kann und eine Prozessführung damit wirtschaftlich sinnvoll ist (OLG Koblenz JurBüro 1999, 476 = AnwBl. 2000, 61; NZI 2000, 529).

II. Bei Anlegung dieser Grundsätze ergibt sich Folgendes:

1. Am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligte sind die Gläubiger, die in der vom Antragsteller vorgelegten "Insolvenztabelle-Sammelliste" (Anlage AS 9, Bl. 170 ff.) bezeichnet sind, mit Ausnahme der Gläubiger, deren Forderung der Insolvenzverwalter bestritten hat. Nach der "Insolvenztabelle-Sammelliste" belaufen sich die zur Insolvenztabelle festgestellten und unbestrittenen Forderungen der Gläubiger auf 224.239,89 EUR und die für den Ausfall unbestrittenen Forderungen auf 658.119,30 EUR. Addiert man die noch nicht geprüften Forderungen i.H.v. 83.035,75 EUR hinzu, ergibt sich ein Betrag von 965.394,94 EUR. Nach den Angaben des Antragstellers stehen liquide Mittel per 16.8.2004 von 8.298,93 EUR zur Verfügung und betragen die in dem Insolvenzverfahren noch zu erwartenden Kosten des Verfahrens gem. §...

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