Verfahrensgang

AG Bitburg (Entscheidung vom 14.06.2021)

 

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Strafrichter - Bitburg vom 14. Juni 2021 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als offensichtlich unbegründet verworfen.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere als Strafrichter tätige Abteilung des Amtsgerichts Bitburg zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht - Strafrichter - Bitburg verurteilte den Angeklagten mit Urteil vom 14. Juni 2021 wegen Überlassens einer erlaubnispflichtigen Schusswaffe entgegen § 34 Abs. 1 S. 1 WaffG in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 160 €. Zum Tatgeschehen wurde folgendes festgestellt:

"Der Angeklagte verfügte bis zur Entscheidung der Kreisverwaltung ...[Z] am 10.06.2020 über eine waffenrechtliche Erlaubnis, welche diesen zum Besitz und Führen von Schusswaffen berechtigte. Als Pächter jagte er bis zu diesem Zeitpunkt in seinen beiden gepachteten Jagden in ...[Y] sowie in ...[X].

An zwei nicht konkret bestimmbaren Tattagen im Dezember 2019 in ...[Y] sowie im Mai oder Juni 2020 in ...[X] erlegte der Angeklagte im Rahmen des ihm zustehenden Jagdausübungsrechtes berechtigt mittels Schussabgabe jeweils ein Reh. In beiden Fällen wurde er von der am 10.10.2004 in Luxemburg geborenen Zeugin ...[A] begleitet.

In der Folge des jeweiligen Abschusses überließ der Angeklagte der Zeugin ...[A] - für die Dauer weniger, vielleicht zwei Minuten - das von ihm bei der Jagd verwendete, ungeladene Jagdgewehr, ein Blaser R8 im Bereich des erlegten Wildes, um der zu diesem Zeitpunkt 15-jährigen und später 16-jährigen ...[A] die Möglichkeit zu geben, für ein gemeinsames Bild mit der Schusswaffe und dem getöteten Wild zu posieren.

Dabei war dem Angeklagten bewusst, dass die Zeugin ...[A] nicht über eine erforderliche Berechtigung zum Umgang mit der Waffe verfügte. Hierüber setzte sich der Angeklagte in beiden Fällen bewusst hinweg."

Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner am 15. Juni 2021 eingelegten und am 23. Juli 2021 mit der Sachrüge begründeten Revision. Er beanstandet insbesondere die Wertung des Tatgeschehens als "Überlassen" im Sinne der §§ 52 Abs. 3 Nr. 7, 34 Abs. 1 S. 1 WaffG, wozu er mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 27. August 2021 weitere Ausführungen machte, sowie die Strafzumessung.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt,

das Urteil im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben, die weitergehende Revision als offensichtlich unbegründet zu verwerfen und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückzuverweisen.

Der Angeklagte hat hierzu mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 10. September 2021 Stellung genommen.

II.

Die in zulässiger Weise eingelegte und begründete, gemäß § 335 Abs. 1 StPO statthafte Sprungrevision erzielt mit der - allein erhobenen - Sachrüge den aus dem Tenor ersichtlichen, vorläufigen Teilerfolg.

Sie führt infolge einer fehlerhaften Strafzumessung zur Aufhebung des Strafausspruchs mit den zugehörigen Feststellungen und in diesem Umfang zur Zurückverweisung an eine andere als Strafrichter tätige Abteilung des Amtsgerichts Bitburg (§§ 353 Abs. 1 und 2, 354 Abs. 2 StPO). Im Übrigen hat die Nachprüfung des angefochtenen Urteils nach Maßgabe der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

1.

Wie die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend ausführt, tragen die auf einer nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung beruhenden Feststellungen den Schuldspruch des Überlassens einer erlaubnispflichtigen Schusswaffe entgegen § 34 Abs. 1 S. 1 WaffG in zwei Fällen.

a) Gemäß Anlage 1 zu § 1 Abs. 4 WaffG, Abschnitt 2 Nr. 3, überlässt eine Waffe oder Munition, wer die tatsächliche Gewalt darüber einem anderen einräumt. Das Überlassen stellt insofern das Gegenstück zum Erwerb dar (vgl. BayObLG, RReg. 4 St 108/76 v. 30.12.1976 - NJW 1977, 1737; RG, III 235/32 v. 23. Mai 1932 - RGSt 66, 249, 250), das Überlassen des einen setzt das Erwerben des anderen voraus (vgl. BayObLG, a.a.O.; MüKoStGB/Heinrich, 3. Auflage 2018, § 1 WaffG Rn. 174 f.). Unter einem Überlassen ist demnach jedenfalls jede mit der Übertragung des unmittelbaren Besitzes verbundene Einräumung der tatsächlichen Möglichkeit zu verstehen, über einen Gegenstand nach eigener Entschließung zu verfügen (vgl. BGH, 1 StR 5/74 v. 29.10.1974 - BGHSt 26, 12), wobei es gleichgültig ist, ob die Verfügungsmöglichkeit dauernd oder nur vorübergehend - wie etwa bei der Leihe - besteht (vgl. BGH, 4 StR 431/06 v. 06.08.2007 - NStZ 2008, 158; RG, a.a.O.; BayObLG, a.a.O.; MüKoStGB/Heinrich, a.a.O., Rn. 171, 175 f.).

Nicht erforderlich ist insofern zunächst, dass der Überlassende selbst die tatsächliche Gewalt aufgibt (vgl. BayObLG, a.a.O.;...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge