Leitsatz (amtlich)

1. a) Die Einrede des nichterfüllten Vertrags wegen vorhandener Sachmängel steht dem Besteller grundsätzlich auch dann zu, wenn er die verlangte Bauhandwerkersicherung nicht leistet.

b) Die Einrede des nichterfüllten Vertrags erlischt, wenn der Unternehmer den Bauvertrag wegen Nichtleistung der Bauhandwerkersicherung kündigt. Er kann dann, ohne die Mängel beseitigen zu müssen, die - regelmäßig nach § 648a Abs. 5 S. 2 BGB (=§ 650f BGB n.F.) reduzierte - Vergütung verlangen.

2. Hat das Erstgericht den Werklohnanspruch des Unternehmers unter der fehlerhaften Annahme, es sei ein Abrechnungsverhältnis zwischen den Bauvertragsparteien entstanden, um die (mutmaßlich) anfallenden Mangelbeseitigungskosten gekürzt, ist es dem Besteller auch dann nicht - nach den Grundsätzen von Treu und Glauben - verwehrt, sich in der zweiten Instanz (weiterhin) auf sein Leistungsverweigerungsrecht wegen vorhandener Sachmängel zu berufen, wenn der Unternehmer seinerseits kein (Anschluss-)Rechtsmittel einlegt und die Kürzung seines Werklohnanspruchs deshalb rechtskräftig wird.

3. a) Nach § 12 Abs. 5 VOB/B ist der Eintritt der Abnahmefiktion ausgeschlossen, wenn der Besteller, hätte zu dem nach § 12 Abs. 5 Nr. 1, Nr. 2 VOB/B maßgeblichen Zeitpunkt ein Abnahmetermin stattgefunden, die Abnahme bei redlichem Verhalten der Bauvertragsparteien hätte verweigern können.

b) Das ist der Fall, wenn zum fraglichen Zeitpunkt wesentliche Mängel vorlagen, die bei einem Abnahmetermin erkennbar gewesen wären oder die jedenfalls der Auftragnehmer kennt oder kennen müsste.

c) Lagen zum fraglichen Zeitpunkt hingegen "nur" versteckte, d.h. beiden Parteien (noch) unbekannte, Mängel vor, hindern diese den Eintritt der Abnahmefiktion nicht.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 10.03.2017 - 3 O 4/13 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 31.871,24 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.09.2018 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 17.129,29 EUR zu bezahlen Zug um Zug gegen Beseitigung folgender Mängel an der im Bauvorhaben "Mehrfamilienhaus, Bahnhofstraße 32 in Schriesheim" installierten Heizungsanlage

a) die eingebaute Wärmepumpe liefert nicht die vereinbarte Wärmeleistung von 16 kW und stammt von der Firma V. anstelle der Firma A.,

b) statt eines Speicher-Trinkwassererwärmers der Marke V. wurde ein solcher der Marke C. eingebaut,

c) beim Betrieb des Brennwertkessels kommt es aufgrund von Fehlzirkulationen zu einer Überhitzung der Inneneinheit der Wärmepumpe, die Temperaturstörungen auslöst und

d) wegen des Fehlens eines Umschaltventils wird die hydraulische Weiche im Heizbetrieb zwangsdurchströmt,

wobei die Mängelbeseitigung nur Zug um Zug gegen Zahlung eines Zuschusses von 3.125,00 EUR seitens der Beklagten von der Klägerin durchzuführen ist.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Anschlussberufung der Klägerin wird verworfen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 7 % und die Beklagte zu 93 %. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen die Klägerin zu 13 % und die Beklagte zu 87 %.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des von ihr zu vollstreckenden Betrags leistet.

VI. Die Revision der Klägerin gegen dieses Urteil wird in dem in den Entscheidungsgründen näher dargelegten Umfang zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin verlangt als Subunternehmerin von der beklagten Hauptunternehmerin restlichen Werklohn.

Mit Vertrag vom 02./03.05.2011 beauftragte die - ihrerseits von der A. GmbH beauftragte - Beklagte die Klägerin mit der Installation von Sanitär- und Heizungsanlagen in dem Neubauvorhaben ... gegen eine Nettovergütung von 220.000,00 EUR (Anlage K1). Die Geltung der VOB/B wurde vereinbart. Der Vertrag enthält folgende Regelungen zu einem Anspruch der Beklagten auf Bezahlung einer Vertragsstrafe:

4. Ausführungsfristen:

Der AN verpflichtet sich, die Arbeiten gemäß jedem Einzelauftrag beigefügten und unterschriebenen Bauzeitenplan auszuführen.

Der AN hat die übertragenen Leistungen im Bereich Sanitär- und Heizungsanlage in einer Vertragsfrist gemäß BZPL fertig zu stellen (Fertigstellungsfrist).

5. Vertragsstrafe:

5.1. Kommt es zu einer durch den AN schuldhaft verursachten Überschreitung einer Vertragsfrist oder mehrerer Vertragsfristen, kann der AG eine Vertragsstrafe i.H.v. 0,2 % der Netto-Schlussrechnungssumme pro Werktag geltend machen. Auch wenn mehrere Vertragsfristen gleichzeitig schuldhaft überschritten werden, beträgt die Vertragsstrafe insgesamt 0,3 % der Netto-Schlussrechnungssumme pro Werktag.

5.2. Die nach 5.1 anfallende Vertragsstra...

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