Entscheidungsstichwort (Thema)

Beginn der Widerrufsfrist bei Verwendung einer Musterbelehrung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Verwendet der Unternehmer eine exakt dem Text der Musterbelehrung nach Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV i.d. vom 8.12.2004 bis zum 31.3.2008 geltenden Fassung während der Geltungsdauer dieser Fassung der Anlage 2, setzt diese Belehrung die Widerrufsfrist in Lauf.

2. Der Unternehmer kann sich in diesem Fall jedenfalls dann auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen, wenn der Fehler der Musterbelehrung sich im konkreten Fall nicht ausgewirkt hat. Dies hat der Unternehmer zu beweisen.

 

Normenkette

BGB-InfoV Anlage 2 § 14

 

Verfahrensgang

LG Konstanz (Urteil vom 22.02.2011; Aktenzeichen 4 O 248/10 D)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Konstanz vom 22.2.2011 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision wird hinsichtlich des Grundes des Anspruchs zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Ersatzansprüche aus einem Leasingvertrag.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil des LG Konstanz vom 22.2.2011 Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Der Text der von der Klägerin verwendeten und von der Beklagten unterschriebenen Widerrufsbelehrung lautete:

"Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) oder durch Rücksendung der Sache widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs oder der Sache.

Der Widerruf ist zu richten an: A. L.

Widerrufsfolgen

Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten. Dies kann dazu führen, dass Sie die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen. Bei der Überlassung von Sachen gilt dies nicht, wenn die Verschlechterung der Sache ausschließlich auf deren Prüfung - wie sie Ihnen etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre - zurückzuführen ist. Im Übrigen können sie die Wertersatzpflicht vermeiden, indem sie die Sache nicht wie Ihr Eigentum in Gebrauch nehmen und alles unterlassen, was deren Wert beeinträchtigt. Paketversandfähige Sachen sind auf unsere Kosten und Gefahr zurückzusenden. Nicht paketversandfähige Sachen werden bei Ihnen abgeholt. Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen Sie innerhalb von 30 Tagen nach Absendung ihrer Widerrufserklärung erfüllen."

Das LG hat der Klage stattgegeben.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie meint, ihr stünde ein Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz zu. Unstreitig habe eine Haustürsitutation vorgelegen. Die Voraussetzungen des § 312a BGB seien nicht erfüllt, weil die Widerrufsbelehrung aus dem Leasingvertrag vom 2.11.2006 stamme, die Haustürsitutation jedoch erst am 6.11.2006 eingetreten sei, weil das Fahrzeug erst an diesem Tag auf die Klägerin zugelassen worden sei.

Die fristlose Kündigung sei unwirksam, weil sich der Zahlungsrückstand am 3.9.2009 allenfalls auf 5,5 % belaufen habe. Der Rückstand im Oktober sei unerheblich, weil die Kündigung bereits im September 2009 ausgesprochen worden sei. Im Übrigen berücksichtige das LG eine unstreitige Zahlung von 1.500 EUR nicht.

Die Parteien hätten eine Stundungsvereinbarung getroffen, die die Klägerin jedenfalls daran gehindert habe, das Fahrzeug im Januar 2010 zu verwerten. Das LG habe den Zeugen S. vernehmen müssen. Die Parteien hätten vereinbart, dass die Klägerin bis auf weiteres, jedenfalls bis zum 1.2.2010 Zahlungsaufschub gewährte und keine Verwertung des Leasingobjektes vornehmen werde.

Der Verkaufserlös sei zu niedrig. Das Schätzgutachten dürfe nicht herangezogen werden, weil es für einen Käufer ein Leichtes sei, mit seinem Höchstgebot geringfügig über dem vom Sachverständigen festgestellten Wert zu bleiben, obwohl das Fahrzeug tatsächlich einen deutlich höheren (Einkaufs-)Wert gehabt habe. Für eine bestmögliche Verwertung sei eine eigene, realistische Bewertung der Leasingsache erforderlich. Sicherstellungskosten könne die Klägerin nicht ersetzt verlangen, weil es an einem Verschulden der Beklagten fehle. Allenfalls treffe ein Verschulden den tatsächlichen Nutzer des Fahrzeugs, den Streitverkündeten Ziff. 2). Dies sei der Beklagten nicht zuzurechnen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des LG Konstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

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