Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung eines Bausparvertrages

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die (durch den Sparer nicht angenommene) Zuteilung des Bauspardarlehens steht nicht dem vollständigen Empfang des Darlehens nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gleich.

2. Die Bausparkasse kann sich während der noch laufenden Ansparphase des Bausparvertrages auch nach der durch den Sparer nicht angenommenen Zuteilung des Bauspardarlehens nicht auf ein Kündigungsrecht analog § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen. Auch eine Anpassung des Vertrages im Hinblick auf das geänderte Zinsniveau kommt gem. § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 S. 2 BGB nicht in Betracht.

3. Für den Streitwert der Klage auf Feststellung, dass der Bausparvertrag fortbesteht, ist allein das Interesse des Klägers maßgebend, unter Inanspruchnahme der vereinbarten Verzinsung die Ansparphase fortzuführen, was nach dem Rechtsgedanken des § 9 Satz 1 ZPO mit dem 3 1/2 -fachen der einjährigen Zinserwartung zu bewerten ist, abzüglich eines Abzugs von 20 % für die Feststellungsklage.

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 09.10.2015; Aktenzeichen 7 O 126/15)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 09.10.2015, Az. 7 O 126/15, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsrechtszugs zu tragen.

3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des LG sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf EUR 680,88 festgesetzt. In Abänderung der Festsetzung durch das LG vom 23.10.2015 wird der Streitwert für den ersten Rechtszug ebenfalls auf EUR 680,88 festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Kläger verlangen die Feststellung des Fortbestehens ihres von der Beklagten gekündigten Bausparvertrags (Anlage K 1), den die Parteien am 16.04.1991 über eine Bausparsumme von 23.000 DM (11.759,71 EUR) im Tarif T 1 auf der Grundlage der als Anlage B 3 vorgelegten Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für Bausparverträge (ABB) abgeschlossen haben. Die Mindestansparung beträgt 40 % der Bausparsumme (=4.703,89 EUR) bei einem monatlichen Regelsparbeitrag von 95,91 DM (= 49,04 EUR).

Die dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für Bausparverträge (im Folgenden ABB) enthalten auszugsweise folgende Bestimmungen:

§ 1 Vertragszweck

Zweck des Bausparvertrages ist die Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweistellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinen Bedingungen ...

...

§ 5 Sparzahlungen

(1) Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 4,17 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag). Er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme am Ersten jedes Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.

(2) Sonderzahlungen sind grundsätzlich zulässig. Die Bausparkasse kann deren Annahme von ihrer Zustimmung abhängig machen.

(3) Ist der Bausparer unter Anrechnung von Sonderzahlungen mit mehr als 12 Regelsparbeiträgen rückständig und hat er der schriftlichen Aufforderung der Bausparkasse, nicht geleistete Bausparverträge zu entrichten, länger als zwei Monate nach Zugang der Aufforderung nicht entsprochen, so kann die Bausparkasse den Bausparvertrag kündigen. Im Fall der Kündigung gilt § 9 Abs. 2 entsprechend.

(4) Ist der Bausparvertrag zugeteilt, so tritt an die Stelle des Rechts der Bausparkasse, den Vertrag zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13) oder bereitzustellende (§ 14) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge zu kürzen.

§ 6 Verzinsung des Bausparguthabens

(1) Das Bausparguthaben wird mit 2,5 vom Hundert jährlich verzinst.

(2) Die Verzinsung beginnt für Sparzahlungen mit dem Tag nach Zahlungseingang. Sie endet mit Ablauf des Tages vor der 1. Auszahlung des Sparguthabens, spätestens jedoch mit Ablauf des Monats, in dem die Bausparsumme bereitgestellt wird...

(3) Die Zinsen werden dem Bausparguthaben jeweils am Ende des Kalenderjahres gutgeschrieben. ...

(4) Die Zinsen werden nicht gesondert ausgezahlt.

§ 10 Zuteilung

(1) Die Sparzahlungen, die gutgeschriebenen Zinsen, die Tilgungszahlungen und die von der Bausparkasse zur beschleunigten Zuteilung etwa aufgenommenen Mittel fließen in die für alle Vertragsarten gemeinsame Zuteilungsmasse.

...

§ 11 Voraussetzungen und Reihenfolge der Zuteilung

(1) Die Bausparsumme eines Vertrages wird zugeteilt, wenn an dem jeweiligen Zuteilungstermin zugehörigen Bewertungsstichtag

a) das Bausparguthaben des Vertrages mindestens 40 vom Hundert der Bausparsumme (Mindestsparguthaben) betragen hat

und wenn

b) die Bewertungszahl - auf drei Stellen nach dem Komma auf- bzw. abgerundet - mindestens 14,400 (Mindestbewertungszahl) beträgt. ...

§ 12 Zuteilungsnachricht

(1) Die Z...

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