Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen, unter denen eine Anwaltshaftungsklage gegen in Zürich ansässige Rechtsanwälte nach Art. 15 Abs. 1 lit. c) des Luganer Übereinkommens in die Zuständigkeit deutscher Gerichte fällt.

 

Normenkette

SchKG Art. 303 Abs. 2; LugÜ Art. 15 Abs. 1c

 

Verfahrensgang

LG Siegen (Urteil vom 22.05.2015)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 22.05.2015 verkündete Zwischenurteil der 2. Zivilkammer des LG Siegen wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung des Klägers abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger macht gegen die in A ansässigen Beklagten Schadensersatz-ansprüche unter dem Gesichtspunkt der Anwaltshaftung geltend.

Dabei streiten die Parteien im Berufungsverfahren allein über die Frage, ob für die Regressklage die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit gegeben ist. Das wurde vom LG durch Zwischenurteil bejaht.

Der Regressklage liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger ist als selbstständiger Maler- und Lackierermeister in L berufstätig. Im Jahr 2002 war er zusammen mit seinem Vater zu jeweils 50 % Gesellschafter und Mitgeschäftsführer der Maler U GmbH, die er seit 2007 alleine fortführt.

Der Kläger wurde 2002 an seinem Arbeitsplatz von einem Vertriebsmitarbeiter der in A ansässigen N AG aufgesucht und schloss in der Folgezeit mehrere Verträge ab, durch die er Kapital in ein "Schweizer Vermögensaufbauprogramm" bzw. ein "Schweizer Sicherheitspaket für den Mittelstand" investierte. Dafür nahm er von 2002 bis 2005 mehrere Bareinzahlungen von insgesamt 25.900,00 EUR auf ein in der Schweiz geführtes Konto der D T vor. Er versprach sich eine sichere und gewinnbringende Verwaltung des Kapitals durch die N AG, durch die er in den nächsten 20 Jahren eine Rendite von 8 % p.a. erwirtschaften wollte.

Im Jahre 2006 erhielt der Kläger die Mitteilung der D T, dass diese die Zusammenarbeit mit der N AG eingestellt habe. Der Kläger wurde daraufhin misstrauisch und kündigte die abgeschlossenen Verträge. Er bemühte sich in der Folgezeit um die Rückerlangung des eingezahlten Kapitals, musste jedoch einen Kapitalverlust von 15.031,62 EUR hinnehmen.

Um wegen der gescheiterten Kapitalanlage Schadensersatzansprüche geltend zu machen, beauftragte der Kläger die in T2 ansässige Anwaltskanzlei seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten. Diese hatten bereits in einer größeren Anzahl von Fällen die Vertretung weiterer Geschädigter der N AG übernommen.

Soweit dabei in der Vergangenheit Vollstreckungstitel erstritten worden waren, hatten die Prozessbevollmächtigten des Klägers für die Durchsetzung der titulierten Forderungen in der Schweiz mit dem Beklagten zu 1 zusammengearbeitet.

Der Beklagte zu 1 ist zusammen mit der Beklagten zu 2 seit 2002 Inhaber einer wirtschaftsrechtlich ausgerichteten Anwaltskanzlei, die in ihrem Internetauftritt unter www.xxxl-xxx.xxx Dienstleistungen u.a. auf den Gebieten "Wirtschaftskriminalität (national/international), Geschädigtenvertretungen, Internationales Konkursrecht" anbietet und darauf hinweist, dass natürliche Personen und Unternehmungen aus der Schweiz und dem Ausland vertreten würden. Es heißt dort weiter, die Anwälte seien vor allen Gerichten der Schweiz zugelassen und würden neben Deutsch und Englisch teilweise auch Französisch, Italienisch, Spanisch und Tibetisch sprechen.

Später - durch notariellen Vertrag vom 17.06.2011 - vereinbarten die Beklagten zu 1 und 2, ihre Anwaltstätigkeit in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft fortzuführen und gründeten aus diesem Anlass die Beklagte zu 3. In den Statuten der Beklagten zu 3 heißt es, dass sie unter der Firma U AG/U Attorneys-at-Law Ltd./U Avocats SA "Rechtsdienstleistungen im In- und Ausland" erbringt.

Im Streitfall verhielt es sich so, dass die Prozessbevollmächtigten des Klägers im Jahre 2010 vor dem LG Siegen (2 O 283/10) eine Klage gegen die N AG sowie deren früheren stellvertretenden Direktor F und den ehemaligen Präsidenten des Verwaltungsrates G anhängig machten.

Diese Klage war auf Ersatz des nicht zurückgezahlten Kapitals von 15.031,62 EUR sowie auf den Ersatz entgangenen Gewinns von 5.526,91 EUR gerichtet.

Spätestens im Sommer 2010 wurde den Prozessbevollmächtigten des Klägers bekannt, dass über das Vermögen der N AG ein so genanntes Nachlassverfahren nach schweizerischem Recht anhängig war, das der Schuldensanierung dient. Im Rahmen dieses Nachlassverfahrens war der N AG durch gerichtlichen Beschluss im Oktober 2010 eine Nachlassstundung gewährt worden, die die Wirkung einer Vollstreckungs- und Verwertungssperre hatte.

Zwischen den Prozessbevollmächtigten des Klägers und dem Beklagten zu 1 wurde daraufhin korrespondiert, ob dessen Anwaltskanzle...

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