Verfahrensgang

LG Bielefeld (Aktenzeichen 1 O 243/17)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 01.03.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Bielefeld - 1 O 243/17 - wird zurückgewiesen.

Nach der teilweisen Rücknahme der Klage wird der Tenor des angefochtenen Urteils aus Klarstellungsgründen wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.491,87 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.06.2017 aus 12.433,87 EUR sowie aus weiteren 58,00 EUR seit dem 06.09.2017 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rücknahme des PKW K ...-Type 0.0... mit der Fahrgestellnummer ...000000...00001.

Es bleibt bei der Feststellung, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs K ...-Type 0.0... mit der Fahrgestellnummer ...000000...00001 in Verzug befindet.

Der Beklagte bleibt weiter verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 958,19 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 06.09.2017 zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist - ebenso wie das angefochtene Urteil - ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

A. Der Kläger begehrt die Rückabwicklung sowie Schadensersatz im Zusammenhang mit einem von ihm im Dezember 2016 mit dem Beklagten geschlossenen Kaufvertrag über einen gebrauchten K ...-Type. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit dem dieser seinen erstinstanzlichen Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgt. Gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO wird bezüglich des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der tatsächlichen Feststellungen auf den Inhalt des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Von der weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

B. Die gemäß §§ 511 ff. ZPO zulässige Berufung des Beklagten ist, nachdem der Kläger die Klage in der Berufungsinstanz teilweise zurückgenommen hat, unbegründet.

1. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages aus §§ 346 Abs. 1 i.V.m. 437 Nr. 2, 323 Abs. 1 BGB gegen den Beklagten zu.

a. Das streitgegenständliche Fahrzeug war zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs mangelhaft.

Zwar liegt kein Sachmangel i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB im Hinblick auf die vom Sachverständigen festgestellte, den Tachostand erheblich übersteigende Laufleistung des Fahrzeugs vor. Denn zwischen den Parteien ist diesbezüglich keine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen worden. So wird der Kilometerstand von "ca. 109.474 km" im Kaufvertrag als von den Parteien abgelesen bezeichnet und lediglich eine entsprechende Gesamtfahrleistung "laut Vorbesitzer" ausgewiesen. Dabei handelt es sich um eine bloße Wissensmitteilung (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 14. Aufl. 2020, Rn. 2792 m.w.N.). Auch frühere Angaben in einem Inserat sind dadurch überholt (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 01.04.2014, 28 U 85/13, juris Rn. 17).

Das Fahrzeug wies zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs aber nicht die übliche und erwartbare Beschaffenheit i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB auf. Dies steht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senates fest.

Maßstab dafür, welche Beschaffenheit der Käufer "nach Art der Sache" erwarten kann, ist die objektiv berechtigte Käufererwartung, die sich in Ermangelung abweichender Anhaltspunkte jedenfalls im Regelfall an der üblichen Beschaffenheit gleichartiger Sachen orientiert.

aa. Der Sachverständige I hat in seinem vom Senat beauftragten Gutachten vom 27.05.2020 dargelegt, dass das streitgegenständliche Fahrzeug einen Motorschaden erlitten hat. So ist der Sachverständige aufgrund seiner Begutachtung zu dem Ergebnis gekommen, dass die Kurbelwelle gebrochen ist und dadurch der Motor blockiert. Es liege ein "kapitaler Motorschaden" vor. Dieser könne nicht auf einen fehlerhaften Umgang mit dem Fahrzeug zurückgeführt werden, insbesondere sei Öl in ausreichender Menge vorhanden gewesen. Die Ursache sei vielmehr der Laufleistung des Motors zuzuordnen. Aus der elektronischen Fahrzeugakte, die bei der K Vertretung T in N abgefragt worden sei, ergebe sich ein Tachostand von 163.487 km am 25.03.2013 und von 79.702 km am 17.04.2014. Demnach sei das Fahrzeug zwischen dem 17.04.2014 und der Begutachtung im Rahmen des Berufungsverfahrens am 13.05.2020, bei der der Tachostand 114.619 km betragen habe, mindestens 34.917 km gelaufen. Bei Addition mit dem am 25.03.2013 ausgewiesenen Tachostand ergebe sich eine Mindestlaufleistung von 198.404 km. Da das Fahrzeug zwischen dem 25.03.2013 und dem 17.04.2014 mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls gefahren worden sei, könne nach Auffassung des Sachverständigen von einer Fahrleistung über 200.000 km ausgegangen werden.

Diesen nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen ist der Beklagten binnen der vom Senat mit Beschluss vom 04.06.2020 unter Hinweis auf die Folgen einer Fristversäumung eingeräumten Stellungnahmefrist nicht entgegengetreten. Soweit er erstmals im Verhandlungsterm...

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