Leitsatz (amtlich)

Zum Umfang der Verkehrssicherungspflicht innerhalb der Kassenzone eines Baumarkts

 

Normenkette

BGB § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Urteil vom 07.08.2013; Aktenzeichen 3 O 32/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung im Übrigen das Urteil des LG Dortmund vom 7.8.2012 (3 O 32/12) abgeändert:

Die Klage ist bezüglich der Klageanträge zu 1. und 2. dem Grunde nach unter Berücksichtigung eines Eigenverschuldens bzw. Mitverschuldensanteils der Klägerin i.H.v. 1/3 gerechtfertigt.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle weiteren materiellen und zukünftigen nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden aus dem Schadensereignis vom 19.9.2011 im P-Markt Hamm, T-Weg unter Berücksichtigung eines Eigenverschuldens bzw. Mitverschuldensanteils der Klägerin i.H.v. 1/3 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialleistungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

Zur Entscheidung über die Höhe des Anspruchs und über die Kosten der Berufung wird der Rechtsstreit an das LG Dortmund zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Teilgrund- und Teilendurteil:

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz wegen der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht in Anspruch.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes bis zum Abschluss der ersten Instanz und der erstinstanzlich gestellten Anträge der Parteien wird gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil (Bl. 113 ff. d.A.) Bezug genommen.

Das LG hat die Klage nach der Vernehmung der Zeugen H, M, L, C3, L3 und U abgewiesen. Den Zeugen U hat das LG nicht mehr vernommen, nachdem die Beklagte auf Nachfrage im Anschluss an die mündliche Verhandlung mit Schriftsatz vom 15.8.2012 mitgeteilt hat, dass sie auf dessen Vernehmung in dieser Instanz verzichte. Zur Begründung des Urteils hat das LG u.a. ausgeführt, dass die Beklagte nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme alle zumutbaren Sicherheitsvorkehrungen getroffen habe, um Gefahren für die körperliche Unversehrtheit ihrer Kunden, die bei bestimmungsgemäßer oder nicht ganz fern liegender bestimmungswidriger Nutzung drohten, weitgehend abzuwenden. Fußbodenkontrollen in einem festen Turnus (z.B. alle 30 Minuten) seien in einem Selbstbedienungsbaumarkt nicht erforderlich. Das eingesetzte Kassenpersonal sei - so die glaubhafte Aussage des Zeugen H - von der Geschäftsleitung angewiesen, im Bereich der Kassen bei Beginn der Kassierertätigkeit den Fußboden einer Sichtkontrolle zu unterziehen und bei Bedarf Reinigungspersonal anzufordern oder die Verunreinigung selbst zu entfernen. Zusätzlich achte die eingeteilte Kassenaufsicht, die hinter dem Informationstresen sitze ("Info-Kasse"), auf etwaige Verunreinigungen in dem von dort einsehbaren Bereich. Von den Mitarbeitern der Beklagten hätte nach den festgestellten Umständen nicht erwartet werden können, dass sie die Gefahrenstelle, an der die Klägerin zu Fall gekommen sei, sofort entdecken und Abhilfe schaffen. Ein Selbstbedienungsbaumarkt müsse mit seiner großen Verkaufsfläche nicht überall und jederzeit auf Gefahren, die von verschütteten Flüssigkeiten ausgehen können, kontrolliert werden. Hinzu komme, dass die Stelle, an der sich die Flüssigkeit befunden habe, schlecht einsehbar gewesen sei.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Die Klägerin ist der Ansicht, das Urteil des LG beruhe sowohl auf einer Tatsachenverkennung als auch auf einer Rechtsverletzung. Das LG habe die Reichweite der der Beklagten obliegenden Verkehrssicherungspflicht verkannt. Die Beklagte habe keine hinreichenden Vorsorgemaßnahmen dafür getroffen, die Gefahr des Ausrutschens auf einer verunreinigten Stelle in der Nähe des Kassenbereichs zu vermeiden. Alle Zeugen hätten übereinstimmend bekundet, dass ein festes Kontrollsystem für die Fußböden mit einem Intervall von 15 bis 30 Minuten - wie die Beklagte schriftsätzlich vorgetragen habe - nicht existiere. Die Kassiererinnen an den betreffenden Kassen sowie auch die Mitarbeiterin der Info-Kasse hätten zudem übereinstimmend ausgesagt, dass sie die betreffende Stelle nicht hätten einsehen können. Der Beklagten sei zumutbar, für regelmäßige Kontrollen zu sorgen. Dies gelte insbesondere im Hinblick darauf, dass die Aufmerksamkeit der Kunden im Kassenbereich üblicherweise durch die dort stattfindenden Vorgänge in Gänze beansprucht werde.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des LG Dortmund vom 28.8.2012, Aktenzeichen 3 O 32/12, abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Jahreszinsen hieraus i.H.v. 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.2.2012 jährlich zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.222,56 EUR nebst Jahreszinsen hieraus i.H.v. 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.2.2012 zu zahlen

sowie

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr alle materiellen u...

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