Leitsatz (amtlich)

Einem Leasingnehmer steht bei einem Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung kein gesetzliches Widerrufsrecht nach § 506 Abs. 2 BGB oder in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift zu.

 

Normenkette

BGB § 506 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Aktenzeichen 1 O 202/19)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 29.01.2020 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bochum - 1 O 202/19 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

Das Urteil und das angefochtene Urteil sind ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 49.283,28 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines durch den Kläger erklärten Widerrufs betreffend einen Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung für ein Kraftfahrzeug.

Der Kläger erwarb mit Bestellung vom 04.12.2014 bei der M AG einen W zu einem Gesamtkaufpreis i.H.v. 59.738,00 EUR. Hinsichtlich dieses Fahrzeugs schlossen die Parteien sodann unter dem 15.12.2014 einen Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung unter Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ab. Vereinbart wurde die Zahlung von 72 monatlichen Leasingraten i.H.v. jeweils 684,49 EUR (= insgesamt 49.283,28 EUR) durch den Kläger. Diesem wurde eine "Widerrufsinformation" sowie die Unterlage "Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite" ausgehändigt.

Der Kläger zahlte monatliche Raten i.H.v. insgesamt 34.908,48 EUR.

Mit Schreiben vom 12.10.2018 erklärte der Kläger den Widerruf seiner auf den Abschluss des Leasingvertrages gerichteten Willenserklärung. Er forderte die Beklagte zur Rückzahlung geleisteter Raten Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs bis zum 26.10.2018 auf.

Die Beklagte wies mit Schreiben vom 15.10.2018 jegliche Ansprüche des Klägers zurück. Ein Widerrufsrecht zu Gunsten des Klägers bestehe nicht mehr.

Der Kläger hat daraufhin mit Einreichung der Klageschrift vom 01.05.2019 Klage erhoben, die der Beklagten am 24.06.2019 zugestellt worden ist.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, aufgrund des von ihm erklärten Widerrufs sei der Leasingvertrag rückabzuwickeln.

Der erklärte Widerruf sein rechtswirksam, da die 14-tägige Widerrufsfrist mangels ordnungsgemäßer Belehrung der Beklagten nicht in Gang gesetzt worden sei.

Bei Leasingverträgen wie vorliegend, wenn also ein Verbraucher sein Fahrzeug beim Händler im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs erwerbe und der Händler die Finanzierung des Kfz - ganz oder zum Teil - vermittele, handele es sich um typische Finanzierungshilfen im Sinne des § 506 BGB.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 34.908,48 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Pkws W mit der Fahrzeug-Ident.-Nr.: ...;00000000000090,

2. festzustellen, dass die Beklagte mit Zugang des Widerrufschreibens vom 12.10.2018 gegenüber dem Kläger keine Ansprüche mehr aus Zins- und Tilgungsleistungen aus dem Leasingvertrag zur Vertragsnummer 50345518 mehr innehat,

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.954,46 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Für den Fall des vollständigen oder teilweisen Obsiegens des Klägers beantragt sie im Wege einer Hilfswiderklage,

festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, an die Beklagte Wertersatz in Höhe der Differenz zwischen dem Verkehrswert des Kraftfahrzeuges W ... 000 C .../... 0000, Fahrzeugidentifikationsnummer ...00000000000090, zum Zeitpunkt der Übergabe an den Kläger nach dem Kauf und dem Verkehrswert des vorbezeichneten Kraftfahrzeuges zum Zeitpunkt der Herausgabe an die Beklagte im Rahmen der Rückabwicklung (Wertverlust) zu zahlen.

Der Kläger hat beantragt,

die Hilfswiderklage abzuweisen.

Die Beklagte hat die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Bochum gerügt.

Darüber hinaus sei der Antrag zu 2) mangels Feststellungsinteresses und fehlen-dem Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Zum einen habe sich die Beklagte nicht eines Bestehens von Ansprüchen aktiv "berühmt". Zum anderen stehe der Vorrang der Leistungsklage einem Rechtsschutzbedürfnis der Feststellungsklage gegenüber.

Der Widerruf sei nicht wirksam, da die Widerrufsfrist bereits abgelaufen gewesen sei. Da der Kläger das Fahrzeug fast 4 Jahre genutzt habe, habe er ein Widerrufsrecht jedenfalls verwirkt.

Schließlich hat die Beklagte die Auffassung vertreten, dass kein Widerrufsrecht gemäß §§ 355, 495, 506 Abs. 1, Abs. 2 BGB - auch nicht in analoger Anwendung - bestehe.

Hinsichtlich des Vortrags der Parteien im Einzeln...

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