Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Zulässigkeit einer Abstandnahme von erstinstanzlich betriebenem Urkundsverfahren in der Berufungsinstanz seit Geltung des ZPO-Reformgesetzes

 

Verfahrensgang

LG Siegen (Urteil vom 18.12.2008; Aktenzeichen 5 O 111/08)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des LG Siegen vom 18.12.2008 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheits-leistung i.H.v. 120 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Be-trages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Si-cherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht ggü. dem Beklagten Ansprüche auf Zahlung einer gesellschaftsrechtlichen Einlage für die Zeit von Juli 2006 bis März 2008 i.H.v. monatlich 577,50 EUR geltend.

Der Beklagte unterzeichnete am 5.9.2005 den Beitritt zur Beteiligung an der Klägerin, nachdem seine Ehefrau bereits im Juli 2005 eine Einlage gezeichnet hatte. Der Beklagte wurde durch seine Ehefrau geworben. Danach verpflichtete er sich zur Einzahlung einer einmaligen Einlage i.H.v. 28.000 EUR zzgl. 5 % Agio (insgesamt 29.400 EUR) sowie monatliche Rateneinlagen i.H.v. 550 EUR zzgl. 5 % Agio (insgesamt 577,50 EUR) für die Dauer von 18 Jahren. Die Beitrittserklärung enthielt eine Widerrufsbelehrung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kopie der Beitrittserklärung (Bl. 13 f. d.A.) Bezug genommen. Der Beklagte leistete die Einmalzahlung sowie die Raten bis Juni 2006. Die Raten ab Juli 2006 zahlte der Beklagte nicht mehr.

Der Beklagte wandte sich mit anwaltlichem Schreiben vom 20.11.2007 (Bl. 37 d.A.) an die T GmbH Wertpapierhandelsbank und machte Schadensersatzansprüche wegen unerlaubter Handlung im Zusammenhang mit der vorgenannten Beteiligung geltend. Die Klägerin forderte den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 20.12.2007 (Bl. 16 d.A.) zur Zahlung i.H.v. 10.405 EUR bis zum 31.12.2007 auf. Mit anwaltlichem Schreiben vom 10.6.2008 (Bl. 35 d.A.) erklärte der Beklagte ggü. der T GmbH Wertpapierhandelsbank den Widerruf der Beteiligung. Mit Schriftsatz vom 4.11.2008 (Bl. 159 f. d.A.) erhob der Beklagte Klage auf Schadensersatz aus dieser Beteiligung gegen Herrn U, die T GmbH und Herrn L.

Die Klägerin macht in diesem Verfahren die Rateneinlagen für die Zeit von Juli 2006 bis März 2008 geltend. Sie hat mit einem am 17.1.2008 eingegangenen Antrag zuerst das Mahnverfahren eingeleitet. Nach Widerspruch des Beklagten und Übergang in das streitige Verfahren hat die Klägerin mit der Anspruchsbegründung zugleich geltend gemacht, im Wege der Urkundsklage vorgehen zu wollen.

Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, der Widerruf des Beklagten sei nicht wirksam. Die Widerrufsbelehrung sei ordnungsgemäß erteilt worden. Der Beklagte sei daher zur Zahlung der rückständigen Rateneinlagen verpflichtet. Dies gelte auch für den Fall eines wirksamen Widerrufes. In diesem Falle seien die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft anzuwenden. Die Gesellschaft sei in Gang gesetzt worden. Danach sei der Beklagte weiter zur Zahlung der Einlage verpflichtet und könne nur die Auszahlung eines Auseinandersetzungsguthabens verlangen. Der Beklagte sei zudem zur Erstattung ihrer außergerichtlichen anwaltlichen Kosten der Klägerin verpflichtet.

Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 12.127,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen; den Beklagten zu verurteilen, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung der Klägerin i.H.v. 837,52 EUR zu zahlen.

Der Beklagte hat dem Anspruch widersprochen und sich die Ausführung seiner Rechte vorbehalten. Er hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft und damit unwirksam gewesen. Die Widerrufsfrist habe nicht zu laufen begonnen, so dass er noch mit dem Klageerwiderungsschriftsatz vom 10.6.2008 den Widerruf der Beteiligung ggü. der Klägerin habe erklären können. Er sei daher zur Leistung nicht gezahlter Einlagen nicht mehr verpflichtet. Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft seien nicht anwendbar.

Das LG hat die Klage im Urkundsprozess abgewiesen. Einen Anspruch auf Zahlung der rückständigen Einlagen hat es mit der Begründung verneint, der Beklagte habe die Beteiligung aufgrund eines vertraglich eingeräumten Widerrufsrechtes wirksam widerrufen. Der Widerruf sei nicht verfristet gewesen, da die Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft könnten zwar gezahlte Einlagen nicht mehr zurückgefordert werden und seien als Rechnungsposten in eine Abschichtungsbilanz einzustellen. Nichtgezahlte Einlagen könnten jedoch nicht mehr verlangt werden. Im Übrigen habe die Klägerin nichts zu einer negativen Auseinandersetzungsbilanz vorgetragen. Wegen der weiteren Einzelh...

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