Leitsatz (amtlich)

Es erscheint sachgerecht im Verhältnis von Grundstücksnachbarn bei Vorhandensein einer gemeinschaftlichen Grenzeinrichtung jedenfalls in Bezug auf diesen Bauteil ein gesetzliches Schuldverhältnis und damit die Anwendbarkeit der §§ 278 ff. BGB zu bejahen.

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Aktenzeichen I-2 O 350/15)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers vom 01.08.2017 wird das am 10.06.2016 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bochum abgeändert.

Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 10.522,98 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.05.2015 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen weitergehenden Schaden zu ersetzen, der durch die Beseitigung der aufgrund der freigelegten Gebäudetrennwand zwischen den Häusern der Beklagten und des Klägers hervorgerufenen Schäden sowie sämtlicher hiermit zusammenhängender Folgeschäden entsteht.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen; die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens vor dem Landgericht Bochum zum Aktenzeichen I-1 OH 6/12 tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks C-Straße 155 in S, die Beklagten sind Eigentümer des benachbarten Grundstücks 153.

Ursprünglich waren die Grundstücke mit jeweils vollständig aneinandergrenzenden Doppelhaushälften bebaut, die durch eine gemeinsame Giebelwand voneinander getrennt waren. Nach Erwerb ihres Grundstücks ließen die Beklagten ihre Doppelhaushälfte im Juni/Juli 2011 durch die Firma H GmbH, mit der sie mehrere Pauschalpreisvereinbarungen abgeschlossen hatten, teilweise abreißen und neu errichten. Im Zuge der Baumaßnahme wurde die ehemals an die Haushälfte ihres Gebäudes grenzende Wand der Doppelhaushälfte des Klägers freigelegt und war Witterungseinflüssen ausgesetzt. Abdichtungs- oder sonstige Schutzmaßnahmen wurden nicht vorgenommen.

Am 10.10.2011 stellte der Kläger erstmals Feuchtigkeitserscheinungen und Anzeichen von Schimmelbildung im Bereich dieser Wand im Keller und Erdgeschoss seines Hauses fest und wandte sich deshalb mündlich an die Beklagten. Mit anwaltlichem Schreiben vom 10.11.2011 ließ er die Beklagten auffordern, binnen einer Woche eine ordnungsgemäße Abdichtung der freistehenden Gebäudewand vorzunehmen und ihre Eintrittspflicht bezüglich der Beseitigung der bereits eingetretenen Schäden anzuerkennen. In der Zeit nach dem 14.11.2011 erfolgte sodann eine Abdichtung bzw. Abplanung der freigelegten Gebäudewand durch die mit der Baumaßnahme beauftragte Firma H GmbH. Eine Reaktion der Beklagten im Hinblick auf ihre etwaige Eintrittspflicht erfolgte nicht.

Die Firma H GmbH ist mittlerweile insolvent.

Mit Schreiben vom 09.02.2012 beantragte der Kläger bei dem Landgericht Bochum die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, das unter dem Az. 1 OH 06/12 geführt wurde. Der Sachverständige Dipl.-Ing. E kam zu dem Ergebnis, dass die angezeigten Schäden vorliegen und durch Schlagregenbelastung der freigelegten gemeinsamen Wand begründet sind. Zur Beseitigung des Schimmelbefalls im Gebäude des Klägers seien die Tapeten zu entfernen und die Wandoberfläche sei zu desinfizieren und zu reinigen. Die Gipskartonbekleidung im Wohnraum müsse ausgebaut werden. Der Sachverständige bezifferte die zur Beseitigung der Schäden einschließlich Nebenleistungen (Ausräumen der Möblierung etc.) aufzuwendenden Kosten mit insgesamt 5.524,98 EUR, die Arbeitsdauer wurde mit zwei Wochen veranschlagt, während der die Hausbewohner wegen vorübergehender Unbewohnbarkeit der Räumlichkeiten anderweitig unterzubringen seien. Die Kosten hierfür einschließlich Verpflegung bezifferte der Sachverständige mit 4.998,00 EUR. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gutachten des Sachverständigen E vom 10.09.2012, 19.08.2013 und 09.02.2015 Bezug genommen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 07.05.2015 ließ der Kläger die Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 10.522,98 EUR (im Einzelnen: Schadensbeseitigung 2.000 EUR, Nebenleistungen 2.224,98 EUR, Hotelaufenthalt 4.998 EUR, Schaden vor Zugangstür Wohnraum 1.300 EUR) bis zum 29.05.2015 auffordern. Die Beklagten lehnten eine Zahlung mit Schreiben vom 29.05.2015 ab.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagten seien ihm zum Schadensersatz in Höhe von insgesamt 10.522,98 EUR entsprechend der Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. E verpflichtet.

Der Feststellungsantrag sei erforderlich, da nicht auszuschließen sei, dass die Durchführung der aus dem Schadensfall resultierenden notwendigen Beseitigungsarbeiten insges...

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