Leitsatz (amtlich)

1. Der Begriff "der Wohnungseigentümer" in einer Teilungserklärung umfasst nicht nur die Wohnungseigentümer, sondern auch die Teileigentümer, wenn es nach der Teilungserklärung nur eine Eigentumsgemeinschaft gibt, die aus den Eigentümern der Wohnungen, des Gewerberaums und der Garagen besteht.

2. a) Tatsächliche Ausgaben der Gemeinschaft sind unabhängig davon, ob diese zu Recht aus Mitteln der Gemeinschaft erfolgt sind, nicht nur in die Gesamtabrechnung aufzunehmen, sondern grundsätzlich auch nach dem gültigen Kostenverteilungsschlüssel auf die einzelnen Miteigentümer umzulegen.

b) Die Gemeinschaft muss solche Kosten auf die jeweils betroffenen Sondereigentümer im Wege der Einzelabrechnung umlegen, für die sie offensichtlich im Innenverhältnis nur alleine haften.

c) Die Gemeinschaft verstößt jedoch nicht gegen das ihr im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung zustehende Ermessen, wenn sie bei einer objektiv zweifelhaften Erstattungspflicht eines einzelnen Wohnungseigentümers sich darauf beschränkt, die tatsächlich entstandenen Kosten nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel auf die Miteigentümer zu verteilen.

 

Normenkette

WEG §§ 10, 16, 28

 

Verfahrensgang

LG Detmold (Beschluss vom 18.07.2006; Aktenzeichen 3 T 108/06)

AG Lemgo (Aktenzeichen 16 II 57/05 WEG)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Wertfestsetzung aufgehoben.

Auf die sofortige erste Beschwerde der Beteiligten zu 4) wird der Beschluss des AG vom 23.2.20006 mit Ausnahme der Wertfestsetzung ebenfalls aufgehoben.

Der Antrag der Antragsteller vom 29.12.2005, die in der Eigentümerversammlung vom 8.12. gefassten Beschlüsse zu TOP 4, 6 und 8 für unwirksam zu erklären, wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Verfahrens werden den Beteiligten zu 1) bis 3) auferlegt, eine Erstattung außergerichtlicher Auslagen findet in allen Instanzen nicht statt.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten sind die Miteigentümer der eingangs genannten Wohnungs- und Teileigentumsanlage. Im vorliegenden Fall streiten sie über die Wirksamkeit der in der Eigentümerversammlung vom 8.12.2005 gefassten Beschlüsse. Streitpunkt ist insbesondere die Auslegung der Teilungserklärung zum Stimmrecht. Die Beteiligten zu 1) bis 3) vertreten dazu die Auffassung, die Sondereigentümer der Garagen seien nicht stimmberechtigt, die Beteiligte zu 4) nimmt den gegenteiligen Standpunkt ein. Hierzu im Einzelnen:

Die Beteiligte zu 4) hatte nach Erwerb des Grundstücks den dort vorhandenen Altbau zu einem Wohn- und Geschäftshaus umgestaltet und anschließend ihr Eigentum in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilt. In der Teilungserklärung vom 23.11.2000 (UR-Nr. 55/2000 der Notarin K in H) heißt es dazu unter der Überschrift "II. Bildung von Wohnungseigentum", das Grundstück werde in 15 Miteigentumsanteile aufgeteilt, die jeweils "mit dem Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung und nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen verbunden" sein sollten. Es sollten sieben Miteigentumsanteile mit dem Sondereigentum an einer Wohnung (Nr. 1-7 des Aufteilungsplanes), ein Miteigentumsanteil mit dem Teileigentum an einem 243,03 qm großen Gewerberaum (Nr. 8 des Aufteilungsplanes) und die restlichen sieben Miteigentumsanteile jeweils mit dem Teileigentum an einem Garagenstellplatz (Stellplatz Nr. 1-7 des Aufteilungsplanes) verbunden werden. Der Miteigentumsanteil der sieben Garagenstellplätze beträgt insgesamt 95,63/1.000.

In der Gemeinschaftsordnung (Abschnitt III der Teilungserklärung) heißt es (Unterstreichungen durch den Senat):

"Für das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander gelten die Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes, soweit nicht nachstehend etwas anderes vereinbart ist.

Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG wird als Inhalt des Wohnungseigentums bestimmt:

1. Zweckbestimmung

Das gesamte Gebäude dient Gewerbe- und Wohnzwecken ...

3. Instandsetzungspflichten

... Wird ein Gebäude- oder Gebäudeteil ganz oder teilweise zerstört, so sind die Wohnungseigentümer untereinander verpflichtet, den vor Eintritt des Schadens bestehenden Zustand wieder herzustellen, wenn die Kosten der Widerherstellung durch Versicherungen oder sonstige Ansprüche voll gedeckt sind ...

Wenn eine Pflicht zur Wiederherstellung nicht besteht, ist jeder andere Wohnungseigentümer berechtigt, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen.

4. Versicherungen

Jeder Wohnungseigentümer ist verpflichtet, für sein Sondereigentum folgende Versicherungen abzuschließen ...

Für das gemeinschaftliche Eigentum, wenn und soweit die vorstehenden Versicherungen durch den Sondereigentümer nicht möglich sind, sind diese von den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich abzuschließen.

5. Zahlungsverpflichtungen

Jeder Wohnungseigentümer ist verpflichtet, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Beträge der laufenden Kosten zu leisten:

Die Bewirtschaftungskosten bestehen aus:...

b) den Kosten für die Instandsetzung und Instandhaltung, wenn diese den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich unte...

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