Leitsatz (amtlich)

Die Werbung mit dem Begriff „naturrein” für eine in Österreich hergestellte Konfitüre, die nach dem Österreichischen Lebensmittelbuch als „naturrein” bezeichnet werden darf, kann nicht als unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten mit der Begründung verboten werden, dass in Deutschland alle Konfitüren (abgesehen von einer unvermeidlichen ubiquitären Belastung) frei von Restmengen an Schadstoffen und Pestiziden sind, solange nicht auch feststeht, dass alle deutschen Konfitüren keine erlaubten Zusatzstoffe enthalten.

 

Normenkette

UWG §§ 1, 3; LMBG § 17 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 312 O 151/00)

 

Tenor

In Ergänzung des Beschlusses vom 20.11.2000, durch den der Streitwert auf 200.000 DM (12.258 Euro) festgesetzt worden ist, wird der Streitwert vom Zeitpunkt der übereinstimmenden Erledigungserklärung an auf 50.000 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien vertreiben in Deutschland Fruchtaufstriche und Konfitüren, die Beklagte, ein österreichisches Unternehmen mit Sitz in Wien, unter der Marke „P.”. Sie hatte dabei unter anderem die Bezeichnung „Erdbeer-Konfitüre Extra naturrein” verwendet. Die Klägerin erwirkte eine einstweilige Verfügung, durch die der Beklagten verboten wurde, ihren Aufstrich mit dem Hinweis „extra naturrein” anzubieten, und verfolgte diesen Anspruch auch mit ihrer Klage.

Nachdem sich die Beklagte strafbewehrt verpflichtet hatte, ihre Waren nicht mehr mit dem Hinweis „extra” in unmittelbarem Zusammenhang mit der Aussage „naturrein” zu verwenden und auf diese zu verzichten, „wenn in den Erzeugnissen der Zusatz steht – Antioxidationsmittel E 300 – Ascorbinsäure, haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für teilweise erledigt erklärt. Die Klägerin hat den Antrag gestellt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Konfitüre und/oder Fruchtaufstrich mit dem nachfolgenden Hinweis anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen und/oder anbieten und/oder in den Verkehr bringen zu lassen:

1. …

2. „naturrein”, soweit nicht der Hinweis „extra” in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem Hinweis angebracht ist. Das LG, auf dessen Entscheidung zur Vervollständigung des Tatbestandes Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat. Sie trägt vor, die Bezeichnung „naturrein” verstoße gegen §§ 3 UWG, 17 Abs. 1 Nr. 4 LMBG, weil die Konfitüre der Beklagten Ascorbinsäure enthalte und außerdem entgegen § 17 Abs. 1 Nr. 5 LMBG irreführend mit Selbstverständlichkeiten geworben werde, denn alle in Deutschland angebotenen Konfitüren seien im wesentlichen schadstofffrei, wie der Prüfbericht des Labors D.K. und W. (Anl. K 14) und der Bericht in der Zeitschrift Ökotest Oktober 2001 (Anl. K 15) zeige.

Die Klägerin hat die Anträge angekündigt, das Urteil des LG abzuändern, soweit es die Klage in der nach übereinstimmender Erledigungserklärung noch aufrechterhaltenen Form abgewiesen habe, und die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden könne, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 500.000 DM, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre), zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Konfitüre und/oder Fruchtaufstrich mit dem nachfolgenden Hinweis anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen und/oder anbieten und/oder in den Verkehr bringen zu lassen: „naturrein”, soweit nicht der Hinweis „extra” in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem Hinweis angebracht ist. In einem späteren Schriftsatz hat die Klägerin dem erstrebten Verbot die Fassung gegeben, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Konfitüre und/oder Fruchtaufstrich mit den Angaben „naturrein” (soweit nicht der Hinweis „extra” in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem Hinweis angebracht ist) oder sprachlich gleichbedeutenden Angaben, insbesondere „Ein reines Naturprodukt” anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen und/oder anbieten und/oder in den Verkehr bringen zu lassen, wenn diese zugelassene Zusatzstoffe, insbesondere das Säuerungsmittel Citronensäure oder modifizierte Maisstärke, oder Rückstandsmengen von Schadstoffen, wie Pestiziden, Blei oder Cadmium, enthalten.

Vor Eintritt in die mündliche Verhandlung hat sich die Beklagte strafbewehrt verpflichtet, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für Fruchtaufstriche, die sie in Deutschland in den Verkehr bringt, mit den Aussagen „naturrein” (soweit nicht der Hinweis „extra” in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem Hinweis angebracht ist) oder sprachlich gleichbedeutenden Angaben, insbesondere „Ein reines Naturprodukt” zu werben, wenn diese Fruchtaufstriche zugelassene Zusatzstoffe, insbesondere das Säuerungsmittel Citronensäure E ...

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