Leitsatz (amtlich)

Die vorprozessuale Abwehr einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung durch ein anwaltlilches Schreiben löst eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 RVG-VV aus, die auf die im nachfolgenden Prozess entstehende Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 RVG-VV anzurechnen ist.

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Beschluss vom 09.11.2005; Aktenzeichen 312 O 676/05)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 22.11.2005 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Hamburg, Zivilkammer 12, Geschäfts-Nr. 312 O 676/05, vom 9.11.2005 teilweise dahingehend abgeändert, dass die von der Antragstellerin an die Antragsgegnerin nach dem Beschluss des LG Hamburg vom 27.10.2005 zu erstattenden Kosten auf weitere 517,24 EUR, mithin auf insgesamt 1.574,93 EUR, festgesetzt werden.

Die Kosten der Beschwerde trägt die Antragstellerin.

 

Gründe

I. Mit ihrer sofortigen Beschwerde wendet sich die Antragsgegnerin in einem Verfügungsverfahren gegen die Nichtfestsetzung einer hälftigen Geschäftsgebühr nach den §§ 2 Abs. 2, 13 RVG, Nr. 2400 RVG-VV für die vorprozessuale Anwaltstätigkeit zur Abwehr von Wettbewerbsansprüchen, derer sich die Antragstellerin berühmte.

Mit vorprozessualem Schreiben vom 1.8.2005 mahnte die Antragstellerin die Antragsgegnerin wegen einer angeblichen Wettbewerbsverletzung letztere ab und forderte sie zur Abgabe einer vorgefertigten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung sowie zur Zahlung von Abmahnkosten auf (Bl. 30-33 d.A.). Die Antragsgegnerin ließ diese Ansprüche durch ein Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 16.8.2005 zurückweisen (Bl. 34-35 d.A.). Ihren sodann beim LG eingelegten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 25.8.2005 nahm die Antragstellerin nach entsprechenden Hinweisen des Gerichtes und Stellungnahme der Antragsgegnerin unter dem 19.10.2005 zurück. Durch Beschluss des LG, vom 27.10.2005 sind der Antragstellerin daraufhin die Kosten des Verfahrens nach einem Streitwert von 25.000 EUR auferlegt worden.

Mit Schriftsatz vom 4.11.2005 hat die Antragsgegnerin die Festsetzung einer 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 RVG-VV i.H.v. 891,80 EUR sowie einer 0,65 Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 RVG-VV i.H.v. 445,90 EUR nebst Kommunikationspauschale nach Nr. 1008 RVG-VV und Mehrwertsteuer beantragt.

Das LG hat durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 9.11.2005 die Festsetzung der geltend gemachten Geschäftsgebühr unter Hinweis auf die Nichterstattungsfähigkeit von Kosten für wettbewerbsrechtliche Abmahnschreiben abgelehnt und im Übrigen antragsgemäß die der Antragsgegnerin von der Antragstellerin zu erstattenden Kosten auf 1.057,69 EUR festgesetzt.

II. Die fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Hamburg, Zivilkammer 12, Geschäfts-Nr. 312 O 676/05, vom 9.11.2005 ist zulässig und begründet.

Die Antragsgegnerin kann von der Antragstellerin die Kosten für das vorprozessuale Abwehrschreiben ihres Prozessbevollmächtigten i.H.v. einer 1,3 Geschäftsgebühr nach den §§ 2 Abs. 2, 13 RVG, Nr. 2400 RVG-VV, die nach Absatz 4 der Vorbemerkung 3 zum Teil 3 RVG-VV zur Hälfte auf die 1,3 Verfahrensgebühr nach §§ 2 Abs. 2, 13 RVG, Nr. 3100 angerechnet wird, erstattet verlangen. Insoweit sind der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss des LG abzuändern und zugunsten der Antragsgegnerin auf ihren Kostenfestsetzungsantrag vom 4.11.2005 und ihre sofortige Beschwerde vom 22.11.2005 hin weitere, an sie von der Antragstellerin zu erstattende Kosten i.H.v. 445,90 EUR zzgl. Mehrwertsteuer festzusetzen.

Entgegen der Ansicht des LG ist die zitierte Entscheidung des Senates vom 18.1.2005, Geschäfts-Nr. 8 W 196/04 (OLG Report Hamburg 2005, 453), die der BGH im Wege der Zurückweisung der dagegen eingelegten Rechtsbeschwerde durch Beschl. v. 20.10.2005 bestätigt hat (Az.: I ZB 21/05, BGH Report 2006, 270), auf die vorliegende Fallkonstellation ebensowenig anwendbar, wie die Zitatstelle aus dem Komm. Gerold/Schmidt, RVG, 16. Aufl. 2004, VV 2400-2403 Anm. 200. Sowohl die Gerichtsentscheidung als auch die Literaturmeinung verhalten sich allein zur Frage der Geltendmachung von Kosten für Abmahnschreiben in Wettbewerbssachen.

Vorliegend geht es indes um die Frage der Geltendmachung von Anwaltsgebühren, die im Zusammenhang mit der vorprozessualen Abwehr einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung entstanden sind.

Maßgeblich ist allein das Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen für das Vorliegen von Kosten des Rechtsstreites i.S.d. § 91 ZPO. Zu den Prozesskosten gehören nicht nur die durch die Einleitung und Führung eines Prozesses ausgelösten Kosten, sondern auch diejenigen Kosten, die der Vorbereitung eines konkret bevorstehenden Rechtsstreits dienen; diese werden aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit den Prozesskosten zugerechnet und können im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden (vgl. BGH, BGH Report 2006, 140, 141; OLG Hamburg, OLG Report Hamburg 2005, 453, 454; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., 2002, § 91 Rz. 39, Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., ...

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