Entscheidungsstichwort (Thema)

Unstatthaftigkeit eines Gegenverfügungsantrags

 

Leitsatz (amtlich)

Ein im Rahmen eines anhängigen Verfügungsverfahrens durch den Antragsgegner gestellter Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Antragsteller dieses Verfahrens (sog. Gegenverfügungsantrag) ist prozessual unstatthaft.

 

Normenkette

ZPO § 33

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Urteil vom 17.05.2011)

 

Tenor

Auf die teilweise zurückgenommene Berufung der Antragstellerin und nach teilweiser übereinstimmender Erledigungserklärung wird das Urteil der 7. Kammer für Handelssachen des LG Darmstadt vom 17.5.2011 teilweise abgeändert.

Der Antragsgegnerin wird weiter bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer, für jeden Fall der Zuwiderhandlung, untersagt, zu behaupten oder behaupten zu lassen, zu verbreiten oder verbreiten zu lassen oder auf andere Art und Weise dem Markt oder potentiellen Kunden mitzuteilen oder mitteilen zu lassen, dass Mitarbeiter der Antragstellerin im Namen der Antragsgegnerin im Rechtsverkehr in Erscheinung treten.

Der Antrag auf Erlass einer Gegenverfügung wird als unzulässig verworfen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Antragstellerin 1/10 und die Antragsgegnerin 9/10 zu tragen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Antragstellerin 1/7 und die Antragsgegnerin 6/7 zu tragen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten im Eilverfahren um die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit von Werbeaussagen der Antragsgegnerin. Außerdem hat die Antragsgegnerin nach der Bestimmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung - von der Möglichkeit der Entscheidung im Beschlusswege hat das LG abgesehen - eine Gegenverfügungsantrag gestellt, mit dem die Antragstellerin ihrerseits zur Unterlassung bestimmter Werbeaussagen verpflichtet werden sollte.

Das LG hat dem Eilantrag der Antragsgegnerin teilweise entsprochen und ihn im Übrigen zurückgewiesen. Den mit der Gegenverfügung der Antragstellerin gestellten Unterlassungsantrag hat das LG zugesprochen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Antragstellerin die vom LG zurückgewiesen Unterlassungsanträge in modifiziertem und erweitertem Umfang weiter. Außerdem wendet sie sich gegen die Verurteilung aus dem Gegenverfügungsantrag.

Die Antragstellerin hat nach teilweiser Berufungsrücknahme und teilweiser übereinstimmender Erledigungserklärung zuletzt beantragt:

I. Der Antragsgegnerin wird bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer, für jeden Fall der Zuwiderhandlung, untersagt, zu behaupten oder behaupten zu lassen, zu verbreiten oder verbreiten zu lassen oder auf andere Art und Weise dem Markt oder potentiellen Kunden mitzuteilen oder mitteilen zu lassen, dass Mitarbeiter der Antragstellerin im Namen der Antragsgegnerin im Rechtsverkehr in Erscheinung treten.

II. Die Entscheidung über den Gegenverfügungsantrag der Antragsgegnerin wir aufgehoben und der Antrags auf Erlass der Gegenverfügung wird abgelehnt.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

In der Berufungsinstanz wiederholen und vertiefen die Parteien ihren erstinstanzlichen Vortrag. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird gem. § 540 Abs. 1 ZPO auf die erstinstanzliche Entscheidung und im Übrigen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die nach teilweiser Rücknahme der Berufung und teilweiser übereinstimmender Erledigungserklärung weiterverfolgte Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

1. Die Antragstellerin wendet sich mit Erfolg gegen die vom LG auf Antrag der Antragsgegnerin gegen die Antragstellerin erlassene Unterlassungsverfügung, weil ein solcher "Gegenverfügungsantrag" nach Auffassung des erkennenden Senats prozessual nicht statthaft ist.

Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über Arrest und einstweilige Verfügung sehen einen Gegenverfügungsantrag des Antragsgegners nicht vor. Auch die Regelungen (§ 33 ZPO) und sonstigen Grundsätze über die Widerklage im Hauptsacheverfahren lassen sich auf das Eilverfahren wegen des besonderen Charakters dieser Verfahrensart nicht übertragen (vgl. hierzu auch Weber WRP 1985, 527). Das Eilverfahren ist auf eine schnelle Entscheidung angelegt; insbesondere ist eine Vertagung der mündlichen Verhandlung regelmäßig ausgeschlossen. Hiermit lässt sich die Zulassung eines wie die Widerklage zu behandelnden Gegenverfügungsantrages nicht vereinbaren, da die Widerklage auch noch im Termin zur mündlichen Verhandlung erhoben werden kann mit der Folge, dass die mündliche Verhandlung vertagt werden muss; insbesondere sieht das Gesetz keine Möglichkeit vor, eine Widerklage als verspätet zurückzuweisen (vgl. Zöller, ZPO, 28. Aufl., Rz. 9 zu § 33 m.w.N.). Die Zulassung eines Gegenverfügungsantrages könnte daher nur dann zu sachgerechten Ergebnissen...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge