Leitsatz (amtlich)

1. Eine Kapitalanlagegesellschaft haftet nicht nach § 19 KAGG, wenn der Verkaufsprospekt die Anlageziele und die Anlagepolitik zutreffend beschreibt, dies erkennbar auch einen Anlagenschwerpunkt im sog. Neuen Markt erfasst und dort ein Anlageschwerpunkt gebildet wird, ohne dass der Verkaufsprospekt den Begriff "Neuer Markt" erwähnt.

2. Wendet sich ein Kapitalanlageinteressent an einen Mitarbeiter einer Kapitalanlagegesellschaft mit der Bitte um einen "privaten" Rat, so ist daraus nicht zu schließen, dass ein Anlageberatungsvertrag mit der Kapitalanlagegesellschaft zustande kommt.

 

Normenkette

KAGG §§ 19-20

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 22.11.2002; Aktenzeichen 2-21 O 44/02)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22.11.2002 verkündete Urteil der 21. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. (2/21 O 44/02) abgeändert und die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 55 % und die Beklagte 45 % zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Drittwiderbeklagten, die die Beklagte allein zu tragen hat.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin hat von der Beklagten die Rückabwicklung eines Erwerbs von Anteilen an einem von der Beklagten aufgelegten Investmentsfonds, hilfsweise Schadensersatz im Hinblick darauf verlangt, dass sich der Wert der erworbenen Anteile nicht entsprechend den Erwartungen der Klägerin entwickelt hat. Die Klägerin hat insb. die Auffassung vertreten, die Beklagte hafte auf Grund des KAGG sowie aus der Verletzung eines Anlageberatungsvertrags. Die Beklagte ist dem entgegen getreten.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.526.350 EUR Zug um Zug gegen Rückübertragung von 30.000 Stück Fondsanteilen am A-Fonds (...) zu zahlen, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.955.449,95 EUR zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und widerklagend festzustellen, dass zwischen der Beklagten und der Klägerin kein Anlageberatungsvertrag betreffend eine Empfehlung für den A.-Fonds (...) geschlossen wurde, soweit dieser Antrag nicht wegen Schadensersatzansprüchen aus entgangenem Gewinn i.H.v. 210.107,85 EUR für erledigt erklärt wurde.

Die Klägerin hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Für die Einzelheiten des wechselseitigen Vorbringens wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem am 22.11.2002 verkündeten Urteil der 21. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. Bezug genommen (Bl. 608 ff. d.A.), § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Das gilt auch im Hinblick auf die weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Verfahrens, insb. die teilweise für erledigt erklärte Wider- und Drittwiderklage. Hierfür wird ferner Bezug genommen auf die Sitzungsniederschriften des LG vom 27.6.2002 (Bl. 328 f. d.A.), vom 7.11.2002 (Bl. 603 f. d.A.) und vom 14.11.2002 (Bl. 605 f. d.A.).

Das LG hat mit dem am 22.11.2002 verkündeten Urteil die Beklagte zur Zahlung von 3.526.350 EUR Zug um Zug gegen Rückübertragung von 30.000 Stück Fondsanteilen am A-Fonds verurteilt und die Widerklage abgewiesen.

Das LG geht davon aus, dass die Klägerin von der Beklagten die Erstattung des von ihr für den Erwerb der Fondsanteile aufgewendeten Betrags gegen Rückgabe der dafür erhaltenen Anteile aus § 20 KAGG verlangen kann. Die Beklagte habe ihre Anlageziele in dem von ihr herausgegebenen Verkaufsprospekt nicht vollständig dargestellt. Weder mangele es an der Kausalität des Verkaufsprospekt für den Kaufentschluss der Klägerin noch könne das Fehlen einer solchen Kausalität dem Anspruch der Klägerin entgegenstehen. Die Beklagte habe weder darzulegen noch nachzuweisen vermocht, dass sie die Unrichtigkeit des Verkaufsprospekts nicht kannte und dies nicht auf grober Fahrlässigkeit beruhte. Die Klägerin habe die Unrichtigkeit des Verkaufsprospekts weder bei dem Anteilserwerb noch zu einem so frühen Zeitpunkt erkannt, dass ihre Ansprüche verjährt wären. Ein sich auf den Erstattungsanspruch auswirkendes Mitverschulden liege nicht vor. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils (Bl. 619 ff. d.A.) verwiesen.

Die Beklagte hat gegen dieses Urteil - form- und fristgerecht - Berufung eingelegt. Sie wendet sich gegen die Verurteilung und gegen die Zurückweisung der Widerklage.

Sie trägt vor, es sei bereits unzutreffend, dass sie dauerhaft einen Schwerpunkt der Anlagen im Neuen Markt hätte setzen wollen. Das LG habe verkannt, dass das im Prospekt genannte Anlageziel und die Auswahl der zur Erreichung dieses Ziels zu erwerbenden Aktien im Frühjahr zwangsläufig zu Investitionen im Neuen Markt führen musste. Die Wahl des ...

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