Entscheidungsstichwort (Thema)

Begründung einer Bürgschaftsverpflichtung

 

Verfahrensgang

LG Marburg (Urteil vom 19.06.2008; Aktenzeichen 1 O 360/04)

BGH (Aktenzeichen XI ZR 242/15)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 14.06.2016; Aktenzeichen XI ZR 242/15)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 1. Zivilkammer des LG Marburg vom 19.6.2008 abgeändert.

Die von der Klägerin verfolgten Ansprüche aufgrund der vom Beklagten mit seinen Erklärungen vom 26.10.1992 und vom 20.7.1993 übernommenen Bürgschaften sind dem Grunde nach gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Gegenstand des Rechtsstreits sind zwei nach Grund und Höhe streitige Bürgschaftsforderungen, welche die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der A-Bank(nachfolgend ebenfalls als Klägerin bezeichnet) gegenüber dem Beklagten verfolgt.

Die Klägerin stützt die Klageforderung auf zwei unbefristete selbstschuldnerische Höchstbetragsbürgschaften des (seinerzeit den Nachnamen B tragenden) Beklagten vom 26.10.1992 (K 4; Bl. 15 f. Bd. I d.A.) und vom 20.7.1993 (K 7; Bl. 20 f. Bd. I d.A.), die bestimmt waren zur Sicherung der Ansprüche der Klägerin aus der Geschäftsverbindung mit der damaligen Ehefrau des Beklagten, B, und Frau C2 (künftig: "Hauptschuldnerin"). Diesen hatte die Klägerin mit Darlehensverträgen "gemäß Verbraucherkreditgesetz" vom 30.9.1992 (K 3; Bl. 12 ff. Bd. I d.A.) und vom 23.3.1993 (K 6; Bl. 18 f. Bd. I d.A.) zwei grundschuldgesicherte Tilgungsdarlehen in Höhe von 650.000 DM und 850.000 DM zur Finanzierung der Anschaffung einer ehemaligen Hofreite und deren Umgestaltung in eine Wohnanlage mit Mietwohnungen gewährt. In der Folgezeit entwickelte sich dieses Vorhaben (sog. "Projekt D") nicht erwartungsgemäß, nachdem die Ehe des Beklagten in eine letztlich zur Scheidung führende Krise geraten war. Der Miteigentumsanteil der Frau B an der Immobilie wurde im weiteren Verlauf der Hauptschuldnerin übertragen, und die Klägerin entließ Frau B aus der Haftung für die oben genannten Darlehensverbindlichkeiten (Schreiben vom 9.5.1995; K 11, Bl. 25 Bd. I d.A.). Zu einer Einigung über eine vom Beklagten angestrebte Entlassung aus seinen Bürgschaftsverpflichtungen (vgl. hierzu u.a. Schreiben des Beklagten vom 12.1.1995 [K 10; Bl. 24 Bd. I d.A.]; Schreiben der Klägerin vom 6.2.1995 [B 4; Bl. 55 Bd. I d.A.] und Schreiben des Beklagten vom 3.8.1995 [B 5; Bl. 56 Bd. I d.A.]) kam es dagegen nicht.

In der Folgezeit stimmte der Beklagte als Bürge einer Tilgungsaussetzung beider Darlehen bis zum 30.11.1997 zu (Schriftwechsel der Parteien vom 10./13.1.1997; K 13, Bl. 27 Bd. I d.A.). Kurz darauf schlossen die Klägerin und die Hauptschuldnerin zwei Darlehensverträge "gemäß Verbraucherkreditgesetz" vom 16.1./11.2.1997 (B 2 und B 3; Bl. 53 f. Bd. I d.A.), in denen als Verwendungszweck jeweils die Fortsetzung eines der oben genannten Darlehensverträge angegeben wurde. Die Darlehensverträge vom 16.1./11.2.1997 sahen eine Tilgungsaussetzung bis zum 30.12.1997 vor. Später wurden die Darlehen ohne Einverständnis des Beklagten gemäß Absprache der Klägerin mit der Hauptschuldnerin und deren Ehemann (dem Zeugen C) auf unbestimmte Zeit tilgungsfrei gestellt. Im Juni 2001 kündigte die Klägerin schließlich das notleidend gewordene Kreditengagement, stellte eine von ihr errechnete Gesamtforderung von rund 1,4 Mio. DM fällig und verlangte von der Hauptschuldnerin vergeblich Zahlung bis 14.7.2001 (Schreiben vom 29.6.2001; K 15, Bl. 29 f. Bd. I d.A.). Erfolglos blieb auch eine spätere Zahlungsaufforderung an den Beklagten als Bürgen vom 4.6.2004, worauf die Klägerin ihn mit der am 5.11.2004 zugestellten Klage in Anspruch genommen hat.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen auf die Feststellungen im Urteil der 1. Zivilkammer des LG Marburg vom 19.6.2008 (Bl. 220 ff. Bd. II d.A.). Mit diesem Urteil hat das LG die Klage als unbegründet abgewiesen, nachdem der Beklagte im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens die Einrede der Verjährung der Hauptverbindlichkeit erhoben hatte. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte könne sich mit Erfolg darauf berufen, dass die Hauptverbindlichkeit mit Ablauf des 31.12.2004 verjährt sei. Die Erhebung der Klage gegen den Beklagten als Bürgen habe die Verjährung der Hauptverbindlichkeit nicht berührt und deren Verjährung sei auch nicht mehr gehemmt worden durch einen von der Klägerin im Dezember 2007 erwirkten Mahnbescheid gegen die Hauptschuldnerin. Von der Klägerin behauptete verjährungshemmende Verhandlungen zwischen ihr und der Hauptschuldnerin in der Zeit von Februar 2002 bis November 2007 müsse der Beklagte nach dem Sinn und Zweck des § 768 Abs. 2 BGB nicht gegen sich gelten lassen. In der Erhebung der Verjährungseinrede liege auch kein Verstoß des Beklagten gegen Treu und Glauben.

Gegen diese ihr am 24.6.2008 zugestellte Entscheidung richtet s...

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