Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Wiedereinsetzung bei fehlenden Darlegungen zu organisatorischen Vorkehrungen zur Fehlervermeidung

 

Normenkette

ZPO §§ 233, 85

 

Verfahrensgang

BGH (Beschluss vom 25.02.2016; Aktenzeichen III ZB 42/15)

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 11.09.2014; Aktenzeichen 2-26 O 341/13)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 25.02.2016; Aktenzeichen III ZB 42/15)

 

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Frist zur Einlegung der Berufung wird zurückgewiesen.

Die Berufung der Klägerin gegen das am 11.09.2014 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 26. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main wird als unzulässig verworfen.

Die Klägerin hat die Kosten des zweiten Rechtszugs und des Wiedereinsetzungsverfahrens zu tragen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit, binnen zwei Wochen zum Gegenstandswert für das Berufungsverfahren Stellung zu nehmen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch. Das LG hat die Klage abgewiesen. Auf die Gründe des der Klägerin am 19.09.2014 zugestellten Urteils (Bl. 118 ff., Bl. 126 d.A.) wird Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 18.11.2014, eingegangen beim Oberlandesgericht am selben Tage (vgl. Bl. 127 d.A.), hat die Klägerin gegen das Urteil Berufung eingelegt und zugleich beantragt, ihr gegen die Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Die Klägerin macht geltend, ihr Prozessbevollmächtigter habe die Berufungsschrift am Samstag, dem 18.10.2014, in seiner Kanzlei verfasst, unterzeichnet und vollständig (d.h. einschließlich einer beglaubigten sowie einer unbeglaubigten Abschrift) ausgefertigt. Sodann habe er die Handakte einschließlich der angeklammerten Rechtsmittelschrift und der Verfügung in den sog. "Eiltkorb" auf dem Schreibtisch der Büroleiterin gelegt. Da er am Tag des Fristablaufs, dem 20.10.2014, nicht im Büro gewesen sei, habe er auf der für die Handakte bestimmten Abschrift der Berufungsschrift verfügt, den Schriftsatz am Montag, dem 20.10.2014, an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main zu faxen und im Original per Post zu übersenden, anschließend die Frist zu streichen und schließlich die Akte zur nächsten Vorfrist wieder vorzulegen. Diese Verfügung habe den üblichen Kanzleiabläufen entsprochen, wonach der Bürobetrieb so organisiert gewesen sei, dass eine Frist erst nach erfolgter fristgemäßer Versendung des Schriftsatzes habe gestrichen werden dürfen.

Die Klägerin trägt weiter vor, dass in der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten eine büroorganisatorische Weisung bestanden habe, wonach die in dem Eiltkorb liegenden Vorgänge vorrangig zu erledigen gewesen seien und der Korb bei Verlassen der letzten Büroangestellten abgearbeitet - also leer - habe sein müssen. Nur die Rechtsanwälte der Sozietät hätten fristgebundene Einzelweisungen (auch Zahlungsanweisungen) in dem Korb ablegen dürfen.

Am Nachmittag des 20.10.2014 habe der Prozessbevollmächtigte mit der Büroleiterin telefoniert und dabei auch die von ihm stammende Verfügung im Eiltkorb angesprochen. Die Büroleiterin habe diese zur Kenntnis genommen gehabt und entweder gesagt, dass die Verfügung bereits erledigt sei, oder jedenfalls geäußert, dass sie erledigt werde.

Trotz der eindeutigen schriftlichen und für das Kanzleipersonal erkennbaren Verfügung habe die Büroleiterin am Montag, dem 20.10.2014, zwar die im Fristenkalender eingetragene Frist gestrichen und die verfügte Wiedervorlage für den 12.11.2014 in den Kalender eingetragen, jedoch verabsäumt, die anliegende Berufungsschrift zunächst per Telefax und sodann postalisch an das Oberlandesgericht zu senden. Die Berufungsschrift habe sie stattdessen einfach in die Aktenlasche der Handakte gesteckt.

Bei der Büroleiterin handele es sich um eine ausgebildete, geschulte und zuverlässige Kraft, welche seit mehr als 15 Jahren als Rechtsanwaltsfachangestellte arbeite. In diesem Zeitraum habe sie an diversen Schulungs- und Fortbildungsveranstaltungen teilgenommen. In der Kanzlei des Unterzeichners sei sie seit mehr als acht Jahren ganztägig als Rechtsanwaltsfachangestellte tätig.

Sowohl der Prozessbevollmächtigte als auch dessen Sozien führten regelmäßig Kontrollen und Stichproben sowohl zur Fristenkontrolle als auch hinsichtlich des ordnungsgemäßen Postausgangs und der Umsetzung sämtlicher anwaltlicher Verfügungen durch. Hierbei habe sich ergeben, dass die Büroleiterin während ihrer bisherigen Tätigkeit für den Prozessbevollmächtigten fehlerlos sämtliche anwaltlichen Verfügungen ausgeführt habe.

Die Richtigkeit der schriftsätzlichen Ausführungen zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin anwaltlich versichert. Zudem hat die Klägerin zum Zwecke der Glaubhaftmachung eine eidesstattliche Versicherung der Büroleiterin vom 17.11.2014 vorgelegt.

Wegen des weiter gehenden zweitinstanzlichen Vorbringens der Klägerin einschließlich der gestellten Anträge wird auf deren Schriftsatz vom 18.11....

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