Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergaberecht. Änderung der Verdingungsunterlagen nach § 16 I Nr. 5 Satz 1 VOB/A

 

Normenkette

BGB § 102; GWB §§ 107, 116-118; VOB/A §§ 6, 16

 

Verfahrensgang

VK des Landes Hessen (Entscheidung vom 25.11.2011; Aktenzeichen 69 d VK 39/2011)

 

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer des Landes Hessen vom 25.11.2011 (Az.: 69 d VK 39/2011) wird bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängert.

2. Im Hinblick auf den umfassenden neuen Vortrag der Beteiligten im Anschluss an die mündliche Verhandlung wird den Beteiligten Gelegenheit zur weiteren Stellungnahme, insbesondere auch zur Frage der Abrechnung (vgl. S. 20), gegeben bis 5.3.2012. Die Beteiligten werden zugleich um Stellungnahme dazu gebeten, ob sie einer abschließenden Entscheidung ohne nochmalige mündliche Verhandlung zustimmen.

 

Gründe

Die Antragsgegnerin hat im Februar 2011 den Auftrag zum Neubau des Tunnels ... (BAB ...) im offenen Verfahren nach VOB europaweit ausgeschrieben. Als Zuschlagskriterium wurden der Preis mit einer Gewichtung von 90 % und der Technische Wert mit 10 % genannt. Unterkriterium für diesen war die Qualitätssicherung. Nebenangebote waren zugelassen.

Die Antragstellerin und die Beigeladene haben neben sechs weiteren Bietern Angebote abgegeben. Die Antragstellerin hat ein Hauptangebot und sieben Nebenangebote, die Beigeladene hat zwei Nebenangebote abgegeben. Am 13. September 2011 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, sie beabsichtige, den Zuschlag auf das Hauptangebot der Beigeladenen zu erteilen. Die Antragstellerin habe beim technischen Wert die Höchstpunktzahl und beim Preis 9.908 Wertpunkte von 10.000 Punkten erreicht. Ihre Nebenangebote hätten mangels Gleichwertigkeit ausgeschlossen werden müssen. Mit Schreiben vom 16. Dezember 2011 rügte die Antragstellerin, dass ihre Nebenangebote nicht berücksichtigt worden seien. Die Nebenangebote 2) - 7) seien zu Unrecht nicht gewertet worden. Sie erfüllten die Mindestbedingungen. Eine darüber hinausgehende Gleichwertigkeitsprüfung sei weder erforderlich noch zulässig.

Nachdem die Antragsgegnerin der Rüge nicht abgeholfen hat, stellte die Antragstellerin am 22. September 2011 einen Nachprüfungsantrag, mit dem sie sich zunächst gegen die Nichtberücksichtigung ihrer Nebenangebote wendete. Nach erfolgter Akteneinsicht hat sie ergänzend vorgetragen, das Hauptangebot der Beigeladenen müsse ausgeschlossen werden, weil diese veraltete Eignungsnachweise vorgelegt habe. Ferner habe sie in Position OZ 00.20.0030 des Leistungsverzeichnisses nicht den Preis für die geforderte Leistung angegeben. Damit habe sie die Verdingungsunterlagen so geändert, dass ihr Angebot ausgeschlossen werden müsse. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene sind dem entgegengetreten.

Die insoweit umstrittenen Position 00.20.0030 LVZ betrifft die zeitgebundenen Kosten der Baustelle sowie Vor- und Instandhalten der Baustelleneinrichtung für die Zeit der "Vortriebs- und Sicherungsarbeiten bergmännischer Tunnel".

Wörtlich heißt es dort:

"In den Einheitspreis sind ...einzurechnen: Gehalts-, Lohn-, Gerätekosten ...".

Verlangt wird als Preisangabe 1,000 psch. Unter derselben Position findet sich eine Abrechnungsvereinbarung mit folgendem Inhalt:

"Pauschalpreis angebotene Vortriebszeit = 1 VE (Verrechnungseinheit). Die Abrechnungssumme richtet sich nach den tatsächlich angebotenen Gebirgsverhältnissen." (GA 89).

In den Angeboten aller Bieter findet sich in der Position 00.20.0030 ein Pauschalpreis für die unter diese Position fallenden Kosten.

In die Preiswertung ist jeweils dieser angegebene Pauschalpreis eingeflossen.

Die VK hat den Nachprüfungsantrag als unbegründet zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss unter II. Bezug genommen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie den Ausschluss der Beigeladenen und die Wertung ihrer Nebenangebote 2) und 4) - 7) weiterverfolgt und zu deren Begründung sie vorträgt:

Die Vergabekammer habe die der LV-Position 00.20.0030 zugrundeliegende Abrechnungssystematik nicht verstanden und eine falsche Vorstellung von den anzugebenden Preisen gehabt. Die Beigeladene habe sich nicht an die Vorgaben zum Zwecke der Preisermittlung der LV-Position 00.20.0030 gehalten. Die Beigeladene habe im Dokument "Anlagen für Bietereintragungen" für die Vortriebs-Teilzeiten Z1 bis Z10 Angaben gemacht, die dortigen Teilzeiten jedoch entgegen der klaren Vorgabe in Ziffer 2.3.1 der Anlagen für Bietereintragungen nicht addiert. Die Beigeladene habe daher in der LV-Position 00.20.0030 eine geringere Dauer bepreist, weil nach den Kosten pro einzelnem Vortrieb gefragt gewesen sei, auch wenn die Vortriebe parallel geführt würden, und nicht nach den Kosten für die Gesamtbauzeit. Durch diese Abweichung sei das Angebot der Beigeladenen nicht mehr mit den anderen Angeboten vergleichbar. Tatsächlich handele es sich bei der LV-Position um ...

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