Verfahrensgang

LG Duisburg (Urteil vom 23.12.2005; Aktenzeichen 2 O 275/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 17.10.2007; Aktenzeichen IV ZR 266/06)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 23.12.2005 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Duisburg abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung seitens des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt die Feststellung, dass ihm am Nachlass seines am 29.12. 2002 verstorbenen Vaters (im Folgenden: Erblasser) ein Pflichtteilsanspruch i.H.v. 50 % zusteht.

Der Kläger war laut Testament aus dem Jahre 1981 zunächst Alleinerbe des Erblassers. Unter dem 1.12.1987 schlossen der Erblasser und Herr G., der Bruder des Klägers, einen als Erbschafts- und Pflichtteilsverzichtsvertrag überschriebenen notariellen Vertrag. Auf den Inhalt des Vertrages, Anlage zur Klageschrift, Bl. 7 ff. GA, wird Bezug genommen. Mit notarieller Urkunde vom 11.9.2000 schloss der Erblasser sodann mit dem Beklagten, einem Vetter, einen Erbvertrag, in dem der Beklagte zum alleinigen Erben eingesetzt wurde. Auf den Inhalt dieses Vertrages, Anlage zur Klageschrift, Bl. 10 ff. GA, wird ebenfalls Bezug genommen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Pflichtteilsanspruch gegen den Nachlass seines Vaters i.H.v. 50 % zu, weil sein Bruder bei der Ermittlung der gesetzlichen Erbquote und damit auch der Pflichtteilsquote nicht zu berücksichtigen sei.

Er hat demgemäß eine entsprechende Feststellung durch das LG beantragt.

Der Beklagte hat hingegen die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe nur ein Pflichtteil i.H.v. 25 % des Nachlasswertes zu.

Hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das LG hat der Klage stattgegeben. Es hat dazu im Wesentlichen ausgeführt, zwar sei die Norm des § 2350 Abs. 2 BGB von ihrem Wortlaut her auf den vorliegenden Fall anwendbar, da der zum Zeitpunkt der Erbverzichtserklärung als Erbe eingesetzte Bruder des Klägers von der Erbschaft ausgeschlossen und stattdessen der Beklagte Erbe sei. Die Vorschrift habe jedoch den Sinn, den von einem Abkömmling erklärten Verzicht im Zweifel nur den anderen Abkömmlingen bzw. der Ehefrau des Erblassers zugute kommen zu lassen, nicht hingegen sollten aus dem Verzicht die Verwandten der anderen Erbordnungen oder Dritte einen Vorteil herleiten können. Es sei deshalb hier eine teleologische Reduktion der Norm geboten mit der Folge ihrer Nichtanwendbarkeit im vorliegenden Fall und der weiteren Folge, dass der Bruder des Klägers bei der Berechnung des Erbteils für die Ermittlung des Pflichtteils unberücksichtigt bleibe.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung.

Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und macht im Wesentlichen geltend, das LG habe den Schutzzweck des § 2350 Abs. 2 BGB verkannt und diese Norm infolge dessen rechtsfehlerhaft nicht angewendet. Ferner habe es rechtsfehlerhaft seinen Tatsachenvortrag unberücksichtigt gelassen, dass unabhängig von der gesetzlichen Vermutung des § 2350 Abs. 2 BGB aufgrund der tatsächlichen Umstände davon auszugehen sei, dass der Bruder des Klägers lediglich einen bedingten Erbverzicht erklärt habe. Schließlich habe das LG nicht erkannt, dass die Vorschrift des § 2310 Satz 2 BGB nach ihrem Wortlaut und ihrem Schutzzweck nicht anwendbar sei und diese auch bei ihrer Anwendbarkeit jedenfalls ggü. der Vorschrift des § 2310 Satz 1 BGB zurücktrete mit der Folge, dass der Bruder des Klägers bei der Ermittlung der abstrakten Pflichtteilsquote mitzuzählen sei.

Der Beklagte beantragt demgemäß, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die Entscheidung des LG.

Für das weitere Vorbringen der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die Berufung des Beklagten ist begründet. Dem Kläger steht lediglich ein Pflichtteil i.H.v. 25 % am Nachlass seines Vaters zu.

Der Kläger ist neben seinem Bruder ein von der Erbfolge ausgeschlossener Abkömmling des Erblassers und als solcher pflichtteilsberechtigt. Gemäß § 2303 Abs. 1 S. 2 BGB besteht der Pflichtteil in der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Der gesetzliche Erbteil des Klägers beläuft sich gem. § 1924 Abs. 4 BGB auf die Hälfte des Nachlasses, sein Pflichtteilsanspruch beträgt somit ein Viertel = 25 %.

Eine Erhöhung der Pflichtteilsquote des Klägers um ein weiteres Viertel gem. § 2310 S. 2 BGB auf insgesamt 50 % findet hier nicht statt.

Sein Bruder hat nicht wirksam auf sein gesetzliches Erbrecht verzichtet.

Es kann dahingestellt bleiben, ob das LG dem Vortrag des Beklagten in den Schriftsätzen vom 14.10. und 2.12.2005 ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge