Leitsatz (amtlich)

1. Ist einer von mehreren Gaststättenpächtern ein Existenzgründer und umfasst der Gaststättenpachtvertrag einen Ratenzahlungskauf des Inventars, ist der gesamte Pachtvertrag unwirksam, wenn der Existenzgründer den Vertrag gem. § 507 i.V.m. §§ 495, 355 BGB widerruft.

2. Behauptet der Verpächter, der Kredit habe der Fortsetzung oder Erweiterung einer bereits aufgenommenen, gewerblichen Tätigkeit dienen sollen, ist er hierfür beweispflichtig.

3. Mit Eintritt der Abrechnungsreife, die bei gewerblichen Mietverhältnissen regelmäßig ein Jahr nach Ablauf des Zeitraums eintritt, für den die Vorauszahlungen bestimmt waren, geht der Anspruch des Vermieters auf Zahlung der vereinbarten Vorauszahlungen unter.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 19.05.2004; Aktenzeichen 41 O 214/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19.5.2004 verkündete Urteil des Vorsitzenden der 11. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 3.607,60 Euro nebst 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 4.12.2003 zu zahlen.

Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Beklagten als Gesamtschuldner zu 38 %, der Kläger zu 62 %.

Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Am 28.7.2003 schlossen die Beklagten mit dem Kläger einen schriftlichen Pachtvertrag über ein Speiserestaurant mit angeschlossenem Bistro und Nebenräumen sowie über eine Wirtewohnung in D. Das Pachtverhältnis sollte am 1.8.2003 beginnen und bis 31.10.2008 befristet sein. Der Pachtvertrag umfasste einen Ratenkaufvertrag über das mit zu übernehmende Inventar, der mit 9 % p.a. zu verzinsen war. Der monatlich zu zahlende Gesamtpachtzins einschließlich der Nebenkostenvorauszahlungen belief sich auf 5.070,36 Euro. Die Beklagten übernahmen das Objekt vereinbarungsgemäß, zogen jedoch am 15.1.2004 wieder aus. Der Zustand, in dem die Beklagten das Objekt hinterließen, ist zwischen den Parteien streitig.

Mit seiner Klage verlangt der Kläger die Nebenkostenvorauszahlung für den Zeitraum v. 1.8. bis 31.10.2003 i.H.v. 4.388,28 Euro sowie die nicht gezahlte Pacht für Dezember 2003 i.H.v. 5.070,36 Euro.

Die Beklagten haben den Pachtvertrag mit Anwaltsschreiben v. 22.11.2003 wegen arglistiger Täuschung angefochten und sich darüber hinaus auf ein Widerrufsrecht berufen.

Das LG hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung, mit der sich die Beklagten lediglich gegen ihre Verurteilung zur Zahlung der Nebenkostenvorauszahlungen für die Monate August bis Oktober sowie Dezember 2003 in Gesamthöhe von 5.851,04 Euro (= 4 × 1.462,76 Euro) wenden, hat in der Sache Erfolg.

1. Nebenkostenvorauszahlungen kann der Kläger von den Beklagten nicht verlangen, weil der zwischen den Parteien am 28.7.2003 zustande gekommene Gaststättenpachtvertrag nichtig ist. Jedenfalls die Beklagte war als Existenzgründerin gem. § 507 i.V.m. §§ 495, 355 BGB berechtigt, den in monatlichen Raten à 1.000 Euro zu tilgenden Inventarkaufvertrag, bei dem es sich materiell um ein Verbraucherdarlehen i.S.d. § 491 Abs. 1 BGB handelt, zu widerrufen. Nach § 495 BGB steht dem Darlehensnehmer bei einem Verbraucherdarlehen ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu. Gemäß § 507 BGB gelten die §§ 491-506 auch für natürliche Personen, die sich ein Darlehen, einen Zahlungsaufschub oder eine sonstige Finanzierungshilfe für die Aufnahme einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit gewähren lassen. Die Voraussetzungen des § 507 BGB sind in der Person der Beklagten erfüllt, denn der Ratenkaufvertrag über das Inventar diente auch der Aufnahme ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit als Gastwirtin. Konkrete Anhaltspunkte, dass der Kredit der Fortsetzung oder Erweiterung einer bereits aufgenommenen gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit dienen sollte, hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger (Palandt/Putzo, BGB, 63. Aufl., § 507 Rz. 3) nicht vorgebracht. Aufgrund der von den Beklagten vorgelegten Gewerbeauskunft der Gemeinde Butzbach ist vielmehr davon auszugehen, dass die in Butzbach bis zum 30.10.2003 angemeldete Schank- und Speisewirtschaft lediglich von dem Beklagten betrieben worden ist. Gegenteiliges ist dem Vorbringen des Klägers nicht zu entnehmen. Seine Behauptung, die Gaststätte in Butzbach sei von beiden Beklagten gemeinsam geführt worden, ist substanz- und beweislos.

Im Übrigen ist der Kreditnehmer nach der Rechtsprechung des BGH (BGH v. 22.12.1999 - VIII ZR 124/99, MDR 2000, 383 = CR 2001, 16 = NJW-RR 2000, 1221, zu § 18 VerbrKrG) auch dann Verbraucher, wenn eine bereits ausgeübte Tätigkeit - wie hier - mit der neuen Tätigkeit nicht im Zusammenhang steht und davon klar abgegrenzt ist. Hierfür spricht im Hinblick auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Abschluss des streitgegenständlichen Pachtvertrages und der Abmeldung der Schank- ...

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