Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Neuerlass einer einstweiligen Verfügung bei versäumter Vollziehungsfrist

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch die Unterlassungsverfügung bedarf einer Vollziehung i.S.v. § 929 Abs. 2 ZPO.

2. Eine einstweilige Verfügung kann nach Ablauf der Vollziehungsfrist in der Berufungsinstanz nicht - auch nicht im Wege der Anschlussberufung - neu beantragt werden.

 

Verfahrensgang

LG Krefeld (Urteil vom 02.12.2003; Aktenzeichen 4 O 302/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 2.12.2003 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Krefeld (LG Krefeld, Urt. v. 2.12.2003 - 4 O 302/03) teilweise abgeändert.

Der Antrag des Verfügungsklägers vom 11.10.2003 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird insgesamt zurückgewiesen.

Die Anschlussberufung des Verfügungsklägers wird als unzulässig verworfen.

Der Verfügungskläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

II. Die zulässige Berufung der Verfügungsbeklagten hat schon deshalb Erfolg, weil der Verfügungskläger die Vollziehungsfrist gem. § 929 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 936 ZPO versäumt hat. Dies allein führt zur Aufhebung der einstweiligen Verfügung im Rechtsmittelverfahren, ohne dass es noch auf eine Sachprüfung ankäme.

1. § 929 ZPO ist auf die einstweilige Verfügung entsprechend anwendbar, § 936 ZPO (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 929 Rz. 12). Das gilt auch für eine Unterlassungsverfügung (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 929 Rz. 18). Auch diese bedarf einer Vollziehung i.S.v. § 929 Abs. 2 ZPO, die im Regelfall durch Zustellung im Parteibetrieb erfolgt (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 929 Rz. 12), aber auch auf andere Weise möglich ist, z.B. durch einen Antrag auf Erlass eines Ordnungsgeldes (vgl. BGH v. 13.4.1989 - IX ZR 148/88, MDR 1989, 988 = NJW 1990, 122 [124]). Nicht ausreichend für eine Vollziehung ist nach ganz h.M. eine bloße Amtszustellung, und zwar weder bei der Beschlussverfügung (vgl. BGH v. 22.10.1992 - IX ZR 36/92, MDR 1993, 268 = NJW 1993, 1076 [1077]) noch bei der - hier vorliegenden - Urteilsverfügung (vgl. BGH v. 13.4.1989 - IX ZR 148/88, MDR 1989, 988 = NJW 1990, 122, zitiert nach Juris).

Hier ist die einmonatige Vollziehungsfrist mit der Verkündung des landgerichtlichen Urteils am 2.12.2003 in Gang gesetzt worden und endete demgemäß mit Ablauf des 2.1.2004. Innerhalb dieser Frist hat der Verfügungskläger keine Maßnahme ergriffen, die als Vollziehung anzusehen sein könnte. Insbesondere hat es der Verfügungskläger versäumt, die Urteilsverfügung im Parteibetrieb zustellen zu lassen. Die Amtszustellung allein reicht wie erwähnt nicht aus. Ob eine Vollziehung möglicherweise darin zu sehen sein könnte, dass der Verfügungskläger am 14.1.2004 erneut einen Antrag auf Androhung von Ordnungsmitteln gestellt hat, kann dahinstehen, weil dieser Antrag erst nach der Vollziehungsfrist beim LG eingegangen ist.

2. Der Einwand des Verfügungsklägers in der Berufungserwiderung, die Verfügungsbeklagten könnten sich nicht auf die Versäumung der Vollziehungsfrist berufen, weil sie ihn treuwidrig von einer Vollziehung abgehalten hätten und sich deshalb gem. § 162 BGB so behandeln lassen müssten, als sei eine Zustellung erfolgt, ist unerheblich. Zwar ist zutreffend, dass der Grundsatz von Treu und Glauben auch im Prozessrecht zu beachten ist. Nach Aktenlage kommt aber die Annahme eines Treueverstoßes nicht in Betracht. Die Verfügungsbeklagten haben die vom Verfügungskläger behaupteten Voraussetzungen eines treuwidrigen Verhaltens, insb. hinsichtlich der im Termin vor dem LG abgegebenen Erklärung, die Arbeiten an der Mauer seien beendet, substantiiert bestritten. Angesichts dieses Bestreitens ist ein Treueverstoß der Verfügungsbeklagten nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Allein die Erwähnung in den Entscheidungsgründen des Urteils, die Verfügungsbeklagten hätten im Termin erklärt, dass die Arbeiten an der Mauer beendet seien, genügt nicht. Sonstige Mittel zur Glaubhaftmachung hat der Verfügungskläger nicht beigebracht. Unabhängig davon war ein etwaiger Treueverstoß der Verfügungsbeklagten im Termin vor dem LG nach dem unbestrittenen Vorbringen der Verfügungsbeklagten auch nicht kausal für das Verstreichenlassen der Vollziehungsfrist. Zum einen ist die Prozessbevollmächtigte erster Instanz des Verfügungsklägers offenbar rechtsirrig davon ausgegangen, dass es zur Vollziehung der einstweiligen Verfügung lediglich der Amtszustellung bedurfte, wie sich aus ihrem von dem Verfügungsbeklagten vorgelegten Schreiben vom 19.3.2004 ergibt. Zum anderen weisen die Verfügungsbeklagten zutreffend darauf hin, dass der Verfügungskläger sich selbst widerspricht, wenn er behauptet, die Verfügungsbeklagten hätten mit der Weiterführung der Arbeiten just bis zum Ablauf der Vollziehungsfrist gewartet, um danach "völlig ungeniert" weiter zu machen. Denn in dem Schriftsatz de...

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