Leitsatz (amtlich)

1. Der Steuerberater verletzt seine Pflichten aus dem Steuerberatervertrag, wenn er es unterlässt, die pünktliche Abgabe der Steuererklärungen mit Rat und Tat zu fördern und den Sachverhalt von sich aus durch Einsichtnahme in Belege oder durch Rückfrage bei dem Mandanten aufzuklären.

2. Hat die Pflichtverletzung des Steuerberaters Steuerschätzungen zur Folge und zahlt der Mandant die geschätzte Steuer nicht pünktlich, besteht ein Kausalzusammenhang zwischen den dann gem. § 240 AO verwirkten Säumniszuschlägen und der Pflichtverletzung des Steuerberaters, wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Mandant in der Vergangenheit jemals außerhalb von Steuerschätzungen Säumniszuschläge verwirkt hat und der Steuerberater von dem Mandanten grundsätzlich beauftragt war, etwaige Säumniszuschläge durch Anträge auf Stundung und Aussetzung der Vollziehung zu vermeiden.

3. Ein Mitverschulden des Mandanten an der Verwirkung der Säumniszuschläge scheidet aus, wenn der Steuerberater auf den Mandanten beschwichtigend eingewirkt, insb. ihm geraten hat, auf den Schätzungsbescheid nichts zu veranlassen.

4. Die 3-jährige Verjährungsfrist des § 68 StBerG für den Anspruch auf Ersatz der Säumniszuschläge beginnt mit der Bekanntgabe des Schätzungsbescheides. Es handelt sich um eine einheitliche Verjährungsfrist, die sowohl den durch die Steuerschätzung bereits eingetretenen 1. Teilschaden, als auch die erst später eingetretenen, aber ebenfalls durch die vor der Steuerschätzung liegende Pflichtverletzung des Steuerberaters adäquat verursachten Nachteile, darunter alle unselbstständigen steuerlichen Nebenkosten, erfasst.

5. Die sog. Sekundärhaftung des Steuerberaters entfällt dann, wenn der Mandant rechtzeitig vor Ablauf der Primärverjährung gerade wegen der Frage, ob der Berater ihm durch einen Fehler einen Schaden zugefügt hat, beraten wurde. Diesen haftungsausschließenden Umstand muss der in Anspruch genommene Berater beweisen. Es reicht nicht aus, dass die anwaltliche Vertretung des Mandanten und außerdem nachgewiesen wird, dass der beauftragte Anwalt mit Steuerproblemen befasst war, aus denen sich eine Schadensersatzpflicht des Steuerberaters ergeben könnte, und – ohne von dem Mandanten hierzu beauftragt gewesen zu sein – von sich aus dem Steuerberater den Rat gegeben hat, vorsorglich seine Haftpflichtversicherung einzuschalten.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 7 O 124/02)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Kläger wird das Teilurteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des LG Düsseldorf unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Teilbetrag von 37.558,48 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 27.3.2002 abzgl. am 6.12.2002 erstatteter 4.132,27 Euro zu zahlen.

2. In Höhe von 4.132,27 Euro ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt.

3. Die Zahlungsklage wird in Höhe eines weiteren Teilbetrages von 5.412,85 Euro als unbegründet abgewiesen.

4. Der Antrag, festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern jedweden weiteren Schaden zu ersetzen, der daraus entstanden ist oder noch entstehen wird, dass die Kläger durch das Finanzamt N.. für die Steuerjahre 1994 und 1995 auf Säumniszuschläge zur Einkommenssteuer und zum Solidaritätszuschlag in Anspruch genommen worden sind, wird als unzulässig abgewiesen.

II. Die Entscheidung über die Kosten des 1. Rechtszuges bleibt dem LG im Schlussurteil vorbehalten.

Die Kosten des 2. Rechtszuges fallen zu 80 % dem Beklagten und zu 20 % den Klägern zur Last.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien dürfen die Vollstreckung der jeweiligen Gegenseite durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

A. Die Kläger nehmen den beklagten Steuerberater auf Schadensersatz wegen Verletzung mehrerer Pflichten aus dem 1982 geschlossenen und 2002 beendeten Steuerberatervertrag in Anspruch.

Gegenstand des angefochtenen Teilurteils des LG und dieses Berufungsverfahrens ist ein Anspruch auf Erstattung gezahlter Säumniszuschläge, die das Finanzamt N. zu Lasten der Kläger gem. § 240 AO auf durch die Schätzungsbescheide vom 8.7.1997 und 13.11.1997 gem. § 162 AO festgesetzte Einkommenssteuern und Solidaritätszuschläge für 1994 und 1995 wegen nicht rechtzeitiger Entrichtung der geschätzten Steuern erhoben hat, und außerdem ein Anspruch auf Ersatz entgangener Anlagezinsen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil.

Das LG hat nach Beweisaufnahme die Klage wegen Verjährung abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die 3-jährige Verjährungsfrist des § 68 StBerG habe mit dem Ablauf der in den Schätzungsbescheiden genannten Zahlungsfristen, also am 13.8.1997...

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